„Süddeutsche Zeitung“ kritisiert Anti-„Fracking“-Kampagne von Campact!

Vor der WM war in mehreren Zeitungen bzw. auf deren Online-Portalen zu lesen, wie z.B. der dem linksgrünen Lager zuzuordnenden „Süddeutschen Zeitung“ (SZ), dass im Schatten der WM ein „Fracking“-Gesetz beschlossen werden soll. Dieses soll die Methode des Hydraulic Fracturings (oder ist die Förderung von Schiefergas gemeint, bei den Medien weiß man das nie so genau) legalisieren.

Diese merkwürdige These wurde u.a. von der ebenfalls dem linksgrünen Lager zuzuordnenden Gruppierung „Campact!“ ungeprüft aufgegriffen, um eine Kampagne gegen die seit Jahrzehnten bewährten, risikoarmen Standardmethode zu starten. Um Unterzeichner  für die Petition, inzwischen nennt man es Appell, zu gewinnen, schreckt man vor dramatisierender Wortwahl nicht zurück. So wird „Fracking“, seit 1947 (!) weltweit millionenfach sicher durchgeführt, als „hochriskant“ bezeichnet und zudem völlig falsch beschrieben:

Fossile Energieträger sind nicht unendlich. Mittlerweile wollen die Mineralölkonzerne auch die letzten Reste Öl und Gas aus dem Boden quetschen – und greifen zu immer brachialeren Methoden. Mit dabei: das sogenannte Fracking, kurz für „Hydraulic Fracturing“. Mit Fracking können auch unzugängliche Gasvorkommen gefördert werden – mithilfe giftigster Chemikalien und massiver Umweltrisiken.

Ich denke, die drastische Wortwahl sowie die bildliche Darstellung mit Giftspritze bedarf keines weiteren Kommentars!

Doch mittlerweile stellte sich heraus, dass die SZ und die weiteren Blätter sich geirrt bzw. einen Brief von Wirtschaftsminister Gabriel (SPD) an die Vorsitzende des Bundestags-Haushaltsausschusses, Frau Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) falsch interpretiert hatten. Aus diesem geht jedoch mitnichten hervor, dass ein „Fracking“-Gesetz während der Fußball-Weltmeisterschaft verabschiedet werden soll. Stattdessen sollte lediglich Referentenentwürfe zu anberaumten Gesetzesänderungen zügig fertig gestellt werden, so dass sich das Kabinett noch vor der Sommerpause damit befassen kann.

Bereits am 24. Juni erschien bei der SZ ein Kommentar, der sich mit dem Appell von Campact! befasst und diesen kritisiert. Tenor ist, dass das, was von dieser Gruppierung verbreitet wird, nicht den Tatsachen entspricht. Das ist natürlich richtig. Außerdem wird darüber berichtet, dass sich in der SPD Unmut über diese Aktion breitmacht:

So bleibt von Gabriels angeblichem „Foul“ nicht mehr übrig als Ärger. In einem Brief an ihre Kollegen in der SPD-Fraktion forderte stattdessen am Dienstag die Umweltpolitikerin Ute Vogt die „rote Karte für diese Schwalbe“. Der Aufruf sei nichts als Panikmache.

Frau Vogt kann man in diesem Fall nur zustimmen.

Panikmache ist aber die gängige Methode der Campaigner. Ihre meist parolenhaft vorgetragenen Thesen, bei denen zum Glück der Geschichte angehörende Propagandisten vor Neid erblassen würden, triefen vor Polemik und Angstschürerei. Hier nur ein Beispiel aus der Beschreibung der Kampagne gegen das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den USA:

TTIP gefährdet unsere Gesundheit: Was in den USA erlaubt ist, würde auch in der EU legal – so wäre der Weg frei für Fracking, Gen-Essen und Hormonfleisch. Die bäuerliche Landwirtschaft wird geschwächt und die Agrarindustrie erhält noch mehr Macht.

Also ich für meinen Teil weiß nicht nur, dass „Fracking“ seit Jahrzehnten in Deutschland als gängige Stimulationsmethode erlaubt ist, sondern mein Essen grundsätzlich auch Gene enthält, da es aus Lebewesen (Pflanzen, Tiere) gemacht wurde. Es ist zwar klar, dass gentechnisch veränderte Organismen gemeint sind, die zu Lebensmitteln verarbeitet werden. Doch warum schreiben das die Propagandisten nicht? Schließlich ist in ihren Reihen  immerhin ein Biologe zu finden.

Das erschreckende an diesem Verein ist aber, dass das Gros der Mitglieder anscheinend über keinerlei bis wenig naturwissenschaftlicher Fachkompetenz verfügt, sondern stattdessen, dem Klischee bezüglich linksgrün eingestellter Mitbürger entsprechend, überwiegend dem geistes- und sozialwissenschaftlichen Bereich zuzuordnen sind oder „irgendwas mit Medien“ machen.

Für ihren Kommentar musste die SZ nicht ganz zu Unrecht Kritik einstecken. Diese kam erwartungsgemäß auch auf Campact!. Ebenfalls nicht zu Unrecht! Schließlich war es u.a. die SZ, die die krude These, ein „Fracking“-Gesetz soll im Schatten der Fußball-WM durch den Bundestag gepeitscht werden, verbreitet. Und diese These nahm Campact! zum Anlass, den Appell zu starten.

Doch während die SZ jüngst eingestand, sich geirrt zu haben, fällt Campact! nichts besseres ein, für ihren unverantwortlichen Appell in Reaktion auf den Kommentar bei der SZ diese für die Angstkampagne verantwortlich zu machen. Entsprechend ist dort ein Blogbeitrag überschrieben:

Süddeutsche kritisiert Campact – weil wir ihr geglaubt haben

Bötersen Z11, März 2012 chef79

Erdgasbohrung Bötersen Z11, März 2012 ©chef79

Für diese Naivität erntet die Gruppe selbst wiederum Kritik. Siehe dazu z.B. einen Kommentar von Thomas Brück oder noch besser den eines Absolventen der Technischen Universität Leoben (Österreich).

Doch während die SZ ihre Fehlinterpretation zugab und den entsprechenden Artikel entfernte und erläuterte, warum:

Es ging hauptsächlich um die These, dass die Bundesregierung Fracking im Schatten der WM legalisieren will. Das stimmt jedoch nicht, deshalb hat sich die Redaktion von Süddeutsche.de zu dieser Korrektur entschlossen.

Folgende Fakten stimmen: 1) Fracking kommt erst nach der Sommerpause zur Abstimmung ins Kabinett. 2) Fracking ist bereits legal, das Kabinett will das Gesetz lediglich konkretisieren – in welche Richtung auch immer.

lässt Campact! die Unterzeichnung des Appells weiterlaufen. Man rechtfertigt das damit, dass es schließlich ums Prinzip ginge, nämlich das „hochriskante Fracking“ in Deutschland nicht zuzulassen bzw. zu verbieten.

Ich habe mir erlaubt, auf einen Kommentar, der den nicht vorhandenen Sachverstand  des Initiators dieses Appells, Herrn Chris Methmann,  unterstreicht, eine Antwort zu geben. Hier zum Kommentar von mir:

Unsinn! Um Schiefergas zu gewinnen, werden Horizontalbohrungen durch die Lagerstätte geführt, deren Horizontalstrecken ohne weiteres 1 Kilometer Länge haben können. Sinnvollerweise werden dabei mehrere Bohrungen von einem Platz aus (bis zu 20 möglich) gebohrt, der ungefähr den Umfang eines Fußballplatzes hat. Aufgrund der Horizontalstrecken muss nur alle 1 bis 2 Kilometer ein Bohr- und Förderplatz errichtet werden.

Im Gegensatz dazu sind die Bohrplatzabstände bei konventionellen Lagerstätten im Regelfall geringer. In der Altmark, wo ich herkomme und wo bereits zu DDR-Zeiten in zahlreichen Vertikalbohrungen gefract wurde, beträgt stattdessen der Abstand von Bohrplatz zu Bohrplatz nur 500 Meter.

Bei manchen Lagerstätten, wie z.B. Varnhorn in Niedersachsen liegen die ca. 10 Bohrungen tlw. nur 100 Meter auseinander.

Der Flächenverbrauch wäre bei der Schiefergasgewinnung nach deutschen Standards also geringer als bei der Erdgasgewinnung aus konventionellen Lagerstätten.

Für die “Verseuchung” von Grundwasser oder sogar Trinkwasser durch Fracarbeiten, also Fracfluide, hätte ich btw gerne stichhaltige Beweise.

Dein Kommentar befindet sich in Moderation.

Obwohl bereits 17:05 verfasst, ist der Kommentar gute zwei Stunden später (19:10) von der Moderation immer noch nicht freigegeben worden.

Letzten Endes bleibt festzustellen, dass dem linksgrünen Meinungsspektrum zuzuordnende Medien wie beispielsweise die SZ, eine Ente in die Welt gesetzt haben, auf die in vorauseilendem Gehorsam u.a. die Organisation Campact! hereingefallen ist. Doch während die SZ anständig genug ist (Hut ab!), ihren Fehler einzugestehen, schiebt Campact! dieser den Schwarzen Peter zu und macht die SZ für die eigene Naivität sowie für die nicht durchgeführte eigene Recherche verantwortlich.

Dementsprechend bleibt zu hoffen, dass infolge dieser Aktion solchen mit Propaganda auf unteridischem Niveau agierenden Vereinigungen und Gruppierungen zukünftig weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die Empörung in hohen politischen Kreisen dazu ist ein kleiner Silberstreif am Horizont.

 

2 Kommentare zu „Süddeutsche Zeitung“ kritisiert Anti-„Fracking“-Kampagne von Campact!

  • Dirk Weißenborn sagt:

    Hinter campact steckt u.a. auch Greenpeace – und damit wissen wir dann auch schon genug.

    1. SAR sagt:

      Das habe ich nicht herausgefunden, kann es mie aber gut vorstellen. zumindest werden beide sehr eng zusammenarbeiten. Besonders interessant finde ich, dass nahezu alle Campaigner dem (Bildungs-/ Berufs-) Bild entsprechen, welches die Allgemeinheit von Mitgliedern solcher Organisationen hat. Sozialwissenschaftler, Politwissenschaftler, Lehrer, der Quotenbiologe, ein paar Geographen (wahrscheinlich aus dem humangeographischen Bereich, denn „echte“ physische Geographen wie ich verfügen zumindest über geologische Grundkenntnisse)…

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