Umweltministerkonferenz für „Fracking“-Verbot

Am 8. und 9. Mai trafen sich die Umweltminister der Länder und des Bundes zu einer Konferenz in Konstanz am Bodensee. Sie berieten u.a. auch über die potenzielle Gewinnung von Schiefergas. Dessen Erkundung begann in Deutschland 2008 zunächst durch mehrere Kernbohrungen durch ExxonMobil. In einer Bohrung wurden sogar drei Testfracs durchgeführt.

Im Jahr 2010, ungefähr mit dem Beginn der Ausweitung erschien „Gasland“, ein dem „Mockumentary“-Genre zuzuordnenden Film. Dieser wollte die angeblichen fatalen Auswirkungen der Schiefergasgewinnung in den USA darstellen. Das gelang ihm aber nicht und der Autor Josh Fox gab in einem Interview indirekt zu, seine Zuschauer getäuscht zu haben.

Doch es war zu spät. Die dramatischen Szenen aus Gasland, im deutschen TV oftmals unkritisch wiederholt, auch in „Wissensmagazinen“ wie „Galileo“ (Pro7), hatten sich in viele Köpfe eingebrannt. Dementsprechend gründeten sich Bürgerinitiativen (BI), um gegen die Erkundungsarbeiten zu opponieren. Dabei wurde vieles in einen Topf geworfen, weswegen sich die ersten BI nicht in Schiefergasexplorationsgebieten gründeten, sondern im Münsterland, wo Potenziale von Kohleflözgas erkundet werden sollten.

Weiterhin gründeten sich BI in traditionellen Fördergebieten, da im Fernsehen publik gemacht wurde, dass auch dort teilweise das zur Schiefergasgewinnung zwingend erforderliche Hydraulic Fracturing (HF) angewendet wird. Dieses Standardverfahren (siehe dazu einen aktuellen, äußerst gelungenen Artikels bei FAZ-Online) geriet aber nicht nur wegen „Gasland“ in Verruf, sondern auch wegen Havarien am Lagerstättenwassertransportsystems in zwei Erdgasfeldern, die nichts mit HF zu tun hatten, aber von einigen TV-Berichten öffentlich-rechtlicher Sender damit in Verbindung gebracht wurden.

Hinzu kommt, dass im Fracfluid zum damaligen Zeitpunkt „Chemikalien“ enthalten waren, von denen  einige als giftig eingestuft sind. Aufgrund der geringen Konzentration war es das Fluid insgesamt aber nicht. Dieser Fakt interessiert Kritiker aber nicht. Sie sehen die Einzelkomponenten und haben deshalb Angst um Leib und Leben. Sie befürchten, dass das von den tiefen Speichergesteinen durch 100e Meter bis mehrere Kilometer mächtige dichte Gesteinsschichten entkoppelte Grundwasser zur Trinkwassergewinnung „verseucht“ werden könnte. Schließlich wurde das in „Gasland“ so dargestellt.

Mit hohem Engagement, unterstützt durch lokale bis bundesweit erreichbare Medien sowie Umweltverbände, gelang es den einigen 100 in BI engagierten Mitmenschen, die Politik zu beeinflussen. Und das mit Erfolg, da in Deutschland aufgrund seines förderalen Systems irgendwo immer Wahlkampf ist und die Politik den Protest dementsprechend berücksichtigte.

Vor dem Hintergrund des anstehenden Bundestagswahlkampfes beauftragte das dem Bundesumweltministerium unterstellte Umweltbundesamt (UBA) mehrere fachfremde Privatunternehmen mit der Erarbeitung einer Risikostudie zum HF. Das eventuell vom UBA gewünschte Ergebnis war, dass man angeblich zu wenig über die Folgen des HF wisse.

Aufgrund zahlreicher handwerklicher Mängel wurde die UBA-Auftragsstudie von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) sowie den Staatlichen Geologischen Diensten (SGD) scharf kritisiert, was in der Medienlandschaft als Streit zwischen den Behörden abgetan wurde. Dort wird sich, wenn es um Schiefergas geht, stets auf die UBA-Auftragsstudie bezogen. Das spiegelt die allgemein bekannte rot-grüne Meinungsmehrheit des deutschen Journalismus wider.

Die von der dem Wirtschaftsministerium unterstellte BGR hat bereits 2012 selbständig  eine Studie zum Schiefergaspotenzial publiziert und ist dabei auch auf eventuelle Umweltrisiken eingegangen. Diese Studie wurde seitens der deutschen Medienlandschaft der breiten Öffentlichkeit vorgehalten. Stattdessen wurden von der BGR errechnete Mengenangaben zum förderbaren Schiefergaspotenzial dem UBA zugerechnet, das allerdings nur die BGR-Studie zitierte. Im Gegensatz dazu musste das UBA externe und teils fachfremde Privatfirmen zu Lasten des Steuerzahlers beauftragen, um zu einem aus Sicht des Autors zu hinterfragenden Ergebnisses zu kommen (s.o.).

Bisher letzte in Deutschland gefracte Erdgasbohrung "Buchhorst T12"

Bisher letzte in Deutschland gefracte Erdgasbohrung „Buchhorst T12“ © chef79

Und auf dieses zu hinterfragende Ergebnis bezieht sich offenbar die Politik und im konkreten Fall die Umweltministerkonferenz. Es stellt sich die Frage, und diese hat der Verfasser bereits in anderen Artikeln gestellt, warum eine einem Ministerium direkt unterstellte Behörde (BGR) eine Studie anfertigt, die dann nahezu komplett ignoriert wird, jedochdie von einer einem Ministeriums unterstellten Behörde an teils fachlich überforderte Privatfirmen vergebenen Studie für voll genommen wird. Das wird z.B. in dem Antwortschreiben des Nds. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf eine Landtagsanfrage der FDP deutlich:

[…]zumal aktuelle unabhängige Studien zu den Umweltauswirkungen der Frack-Technologie im Auftrag des Umweltbundesamtes und des Landes Nordrhein-Westfalen zwar noch deutliche Informations- und Wissensdefizite bei der Erschließung von unkonventionellen Lagerstätten identifizieren, die Notwendigkeit eines generellen Verbots der Frack-Technologie jedoch nicht bestätigen

Beide angeblich unabhängige Studien, einerseits im Auftrag des UBA, das unliebsame Wissenschaftler auf schwarze Listen setzt und Lebensläufe ehemaliger Mitarbeiter verfälscht  sowie  im Auftrag einer rot-GRÜNEN Landesregierung wurden in wesentlichen Teilen von der ahu-AG verfasst und (s.o.) seitens der Fachbehörden BGR und SGD aufgrund wissenschaftlicher Defizite kritisiert.

Dennoch wird sich in der Politik einzig und allein unter Ignoranz der Aussagen von Fachbehörden auf diese Studien bezogen, wie die Antwort auf die FDP-Anfrage deutlich macht. Maximal wird sich noch auf eine Studie des Sachverständigenrates Umwelfragen (SRU) berufen, die aber auf den genannten Studien fußt und ansonsten aufgrund der Zusammensetzung des SRU fachliche Kompetenz vermissen lässt.

Und das wird im Beschluss der Stellungnahme der Umweltministerkonferenz deutlich. So ist bereits am Anfang eine Beitrages des SWR in Bezug auf Äußerungen des baden-württembergischen Umweltministers Franz Untersteller (Bündnis 90/Die Grünen) folgendes zu lesen:

Das Risiko für die Umwelt sei schlicht einfach zu groß. Es gebe zu viele offene Fragen.

Und deshalb verlangt Untersteller ein Verbot des „Frackings“, was im SWR-Beitrag wieder einmal mit dem Gesamtprozess der Schiefergasförderung gleichgesetzt wird und nicht mit dem bewährten Standardverfahren Hydraulic Fracturing an sich. In der Einleitung wird Untersteller folgendermaßen zitiert:

Vom Bodensee müsse ein klares Signal gegen die Förderung von Schiefergas aus tiefen Gesteinsschichten ausgehen,[…]

Bötersen Z11, März 2012 chef79

Bötersen Z11, März 2012 ©chef79

Doch warum ausgerechnet von dort? Die Erklärung ist einfach: In der Nähe des Bodensees wurden vor einigen Jahren Aufsuchungserlaubnisse für Kohlenwasserstoffe vergeben. Die BI deuten seit einigen Jahren solche Gebiete gern als „Fracking“-Gebiete und werden dabei durch die Medien unterstützt, die die Ansichten der BI ungeprüft übernehmen. Zwar geht es bei der dort erteilten Erlaubnis tatsächlich um die Erkundung von Schiefergas, aber a) ist die Erteilung einer Erlaubnis nicht zwingend mit technischen Maßnahmen verbunden, welche sowieso spezieller Anträge und Genehmigungen bedürften und b) weist die Fachbehörde BGR für die Region kein Schiefergaspotenzial aus.

Wäre dieses vorhanden, hätte sich gewiss nicht eine unbekannte Firma wie Rose Petroleum die Aufsuchungserlaubnis für die zwei Gebiete gesichert, sondern eine der bekannten großen Firmen wie ExxonMobil oder Wintershall, die seit Jahrzehnten Kohlenwasserstoffe explorieren und gewinnen, auch einst in Baden-Württemberg. Nicht umsonst haben diese Unternehmen dort angefangen Schiefergasvorkommen zu explorieren, wo auch von der BGR Potenziale ausgewiesen wurden. Und nicht umsonst haben Firmen wie BNK Petroleum nach Datenrecherche Aufsuchungserlaubnisse z.B. in Thüringen wegen Aussichtslosigkeit zurückgegeben bzw. nicht verlängert. Darüber hinaus besteht beim Verfasser der Eindruck, dass es sich bei einigen Aufsuchungserlaubnissen, die  außerhalb der von der BGR ausgewiesenen potenziellen Gebieten liegen, um reine Spekulationsmasse handelt.

Weiterhin wird beim SWR auf Äußerungen der Bundesumweltministerin Barbara Hendricks eingegangen. Diese sähe die Schiefergasgewinnung , hier wieder als „Fracking“ bezeichnet, als falsche Antwort auf die Energiefrage und plädiert deshalb für ein Verbot. Als ich das gelesen hatte, dachte ich zunächst, ich bin im falschen Film. Denn es wird deutlich, dass die Schiefergasgewinnung aus rein ideologischen Gründen abgelehnt wird und nicht aus wasserdicht fachlich formulierten.

Diese Aussage reiht sich dann in die von Untersteller getroffene Aussage ein. Wir wissen angeblich zu wenig über die Folgen, also unterlassen wir die Erkundung/Forschung und wir gehen ohne Erkundung davon aus, dass die Potenziale zu gering und zudem noch die falsche Antwort auf die Energiefrage sind. Und um die Antworten auf die Fragen zu vermeiden, die positiv ausfallen könnten, was uns nicht ins Konzept passt, verbieten wir einfach die Erkundung und damit eine spätere Gewinnung.

Zum unterstellten geringen Potenzial noch ein Zitat von Untersteller:

Die unkonventionellen Gasvorkommen in Deutschland hielten sich allen Gutachten zufolge „in überschaubaren Grenzen“.

Da darf gefragt werden, auf welche Gutachten Untersteller sich mit seinen Unterstellungen bezieht. Die BGR geht z.B. allein für Schiefergas von einem gewinnbaren Volumen von 2.300 Mrd. Kubikmetern unter Annahme eines Gewinnungsgrades von nur 10 % des in den Lagerstätten vorhandenen Gases aus. Das wäre mehr als die doppelte Menge des bisher in den letzten 60 Jahren im Inland geförderten Erdgases. Unter Betrachtung des gegnwärtigen Verbrauches entspräche dass einer Autarkie von 25 Jahren! Unter Beachtung des Fördermaximums von max. 22 Mrd. Kubikmetern um die Jahrtausendwende wäre eine über 100-jährige Eigenversorgung auf dem genannten Spitzenniveau möglich. In diesem Zusammenhang von „überschaubaren Grenzen“ zu sprechen ist ein Zeichen von Unwissen und Ignoranz zum Schaden des Landes und zum Schaden von Forschung und Entwicklung im Inland.

Das ist aber nichts Neues in grünpolitischen Kreisen. So wurde z.B. nach Übernahme der niedersächsischen Landesregierung durch SPD und B’90/Grüne dazu, dass das Projekt „HannoverGen“, dass Schülern Gentechnik näherbringen soll, eingestellt. Schließlich könnten die Schüler ja verstehen, dass Gentechnik nicht verwerflich ist.

Dass Untersteller und Co. überhaupt nicht begriffen haben, was unter Hydraulic Fracturing zu verstehen ist, wird aus dem Zitat Unterstellers in der „Süddeutschen Zeitung“  deutlich:

Wir sind uns einig, dass die Förderung unkonventioneller Gasvorkommen mit Fracking, also mit Chemie und hohem Druck, kein ökologisch vertretbarer Weg ist

Dass „Fracking“ in konventionellen Lagerstätten mit erheblich höhere Konzentration an Chemikalien (bis 5% statt < 0,5%) seit Jahrzehnten ohne Beeinträchtigung der Umwelt, also ökologisch vertretbar durchgeführt wurde, interessiert Untersteller offenbar nicht bzw. er ist dahingehend nicht informiert, unterstelle ich mal.

Dementsprechend ist ein weiteres Zitat als absurd zu bezeichnen:

Die Lösung des Problems liegt nicht in der Schaffung eines neuen ökologischen Risikos. Die Lösung liegt im Umbau unserer Energieversorgung und in größerer Energieeffizienz, weg von Atom, Kohle und Gas, hin zu erneuerbaren Energien

Dass die „Erneuerbaren Energien“ nicht nur ineffizient und sind sondern auch unzuverlässig, insbesondere was Windkraft betrifft, ignoriert Untersteller ebenso wie die teils fatalen umweltrelevanten Folgen der Biogasgewinnung, die oft als Alternative zum Erdgas gehzandelt wir. Gerade in der Nähe eines klassischen Erdgasgewinungsgebietes, in dem auch stansardmäßig gefract wurde, ereignete sich vor zwei Jahren eine Havarie, die zu einem massiven Fischsterben führte. Doch statt der Forderung eines Verbotes dieser Anlagen fordern Lokalpolitiker ein Verbot des Hydraulic Fracturings, was folgenfrei durchgeführt wurde.

Dieses Verhalten der Politiker, ob nun auf regionaler oder bundesweiter Ebenen ist nicht nachvollziehbar. Es lässt sich einzig mit Desinformation und bewusster Ignoranz von Fakten erklären.

Deutschland ist insgesant rohstoffarm. Aber selbst die Gewinnung von bedeutenden (Energie-) Rohstoffvorkommen wird politisch abgelehnt. Die Gründe dafür dürften der stete Wahlkampf sein, wo sich einer kleinen, aber lautstarken Minderheit gebeugt wird sowie ideologische Verblendung, die mit sachlicher und fachlicher Unkenntnis zu begründen ist. Im Rahmen dieses Artikels ist versucht worden, das fundiert unterlegt darzustellen.

Ergänzung: Die Umweltminister lehnen offenbar nur die Gewinnung ab, wenn im Fracfluid „umwelttoxische“ Substanzen enthalten sind. Mit dem Phantasiebegriff „umwelttoxisch“ sind sicherlich umweltgefährdende Stoffe gemeint, deren Einsatz an der Erdoberfläche akzeptiert wird, aber nicht mehrere Kilometer unter der Erdoberfläche, wo es von schädlichen Substanzen schon aufgrund von natürlichen Gegebenheiten wimmeln kann. Der Begriff „umwelttoxisch“  ist wahrscheinlich  von Robert Habeck, Schriftsteller und Umweltminister von Schleswig-Holstein, erfunden worden. Herr Dr. Habeck engagiert sich sehr für ein „Fracking“-Verbot, obwohl sein Ministerium zugibt, dass in Schleswig-Holstein Fracmaßnahmen in Erdöllagerstätten unfallfrei durchgeführt worden sind:

Ja, es gab mehrere Bohrungen mit dem Einsatz der Fracking-Methode. Diese Bohrungen fanden zwischen 1955 und 1994 überwiegend im Kreis Plön statt. Es gibt keine Hinweise, dass die Maßnahmen in dem betroffenen Gebiet zu schädlichen Umweltauswirkungen geführt haben.

Was soll man dazu sagen?