Viel heiße Luft um Lagerstättenwasserversenkprojekt „Siedenburg Z11“

Im Zusammenhang mit der „Fracking“-Debatte sind einige Gesetzesänderungen erfolgt, welche den Umweltschutz bezüglich der Erdöl- und Erdgasproduktion in Deutschland weiter optimieren sollen. Eine neue Vorschrift legt fest, dass zukünftig mitgefördertes Lagerstättenwasser ausschließlich nur noch in Formationen eingebracht werden darf, die bereits Lagerstättenwasser führen, also aufgegebene Lagerstätten bzw. die Peripherie noch produktiver Vorkommen. Ein solches Vorhaben in deer Zechsteinlagerstätte „Siedenburg“ plant die ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG). Dazu genutzt werden soll die aktuell noch aktive Fördersonde „Siedenburg Z11“. Das Projekt rief erwartungsgemäß Gegner der inländischen Kohlenwasserstoffgewinnung auf den Plan, wozu auch Bündnis90/Die Grünen (Grüne) zählen, deren Ortsverband Sulingen am 27.04.2018 eine „Informationsveranstaltung“ durchführte.

Veranstaltung zum Versenkprojekt „Siedenburg Z11“ mit Unwahrheiten angekündigt

Plakat Infoveranstaltung Siedenburg Z11

Werbeplakat zur „Informationsveranstaltung“.

Dass die sogenannte Informationsveranstaltung nicht darauf abzielte, unvoreingenommen den Sachverhalt darzulegen, wurde bereits an den Plakaten deutlich, die für den Vortrag warben.

So wurde behauptet, dass der Vorhabensträger, die EMPG, die Angelegenheit „still und heimlich“ durchführen wolle. Zudem wurde suggeriert, dass die Versenkung von Lagerstättenwasser (LaWa) ein absolutes Novum in der Region wäre (siehe nebenstehendes Foto eines Veranstaltungsplakates).Heiße Luft also bereits in der Ankündigung zur „Informationsveranstaltung“, was für diese kein gutes Vorzeichen war.

Dabei verhält es sich so, dass es bereits seit Jahrzehnten mehrere Versenkbohrungen in der Förderregion gibt, von denen einige noch in Betrieb sind, andere jedoch bereits wegen Kapazitätsausschöpfung aufgegeben und verfüllt worden sind. Zur letzten Kategorie zählt die Bohrung „Siedenburg H1“, welche sich nur ca. 200 bis 300 Meter vom Veranstaltungsort entfernt befand.

All diesen Bohrungen war und ist übrigens gemein, dass über sie das LaWa nicht in geologische Schichten injiziert wurde bzw. wird, in denen sich bereits solches oder chemisch sehr ähnliches Stoffgemisch befindet, sondern stattdessen Wässer mit hohem Salzgehalt, welche für den Menschen nicht nutzbar sind. Doch das wird sich mit der neuen Gestzeslage ändern. Leider hat es der Referent versäumt darauf hinzuweisen, dass bei dem Vorhaben LaWa dorthin verbracht werden soll, wo bereits LaWa natürlicherweise vorhanden ist. Allein diesen Fakt den fast 150 Zuhörern mitzuteilen, hätte dem ein oder anderen Sorgen/Ängste/Befürchtungen genommen. Dieses Verhalten des Referenten deutet darauf hin, dass eine sachliche Information nicht das Ziel der Veranstaltung war.

Allgemeinplätze statt sachlicher Information

Siedenburg Z11

Gegenstand der Debatte: Erdgasbohrung „Siedenburg Z11“. Foto: Steven Arndt, 29.04.2018.

Der Vortrag begann mit einer Aneinanderreihung von Allgemeinplätzen und Klischees, die die angebliche Gefährlichkeit von LaWa belegen sollten. Für eine sachgerechte Darstellung zum Vorhaben waren diese Informationen jedoch völlig irrelevant und hinterließen (nicht nur) beim Verfasser den Eindruck der gewollten Angstschürerei.

So wurde beispielsweise ein aus dem Jahr 2007 datierender Schadensfall an einer LaWa-Transportleitung im Erdgasfeld Söhlingen in den Fokus gerückt. Ilustriert wurde dieses Ereignis mit Bildern von den anschließenden Sanierungsarbeiten Ende 2010. Der Vorfall ist insofern irrelevant im Zusammenhang mit der geplanten LaWa-Versenkung über die „Siedenburg Z11“, als dass der Antransport a) per Tanklastwagen erfolgen wird und nicht über eine Rohrleitung und b) das Problem erkannt und ordnungsgemäß behoben wurde.

Dass es dem Referenten kaum um sachliche Aufklärung ging, wurde insbesondere daran deutlich, als ohne genauere Einordnung Schadstoffe wie die der BTEX-Gruppe, Quecksilber oder auch radioaktive Stoffe aufgezählt wurden. Zur Bebilderung diente u.a. eine Warntafel der Klasse 7, „radioaktive Stoffe“. An dieser Stelle regte sich zum ersten Mal wahrnehmbarer Unmut aus den Reihen der fachlich beflissenen Anwesenden. Es wurde darauf hingewiesen, dass solche Warntafeln im Straßenverkehr nicht selten zu sehen sind, insbesondere bei Fahrzeugen, die Material für die Nuklearmedizin transportieren. Der Referent musste sich an dieser stelle völlig zu Recht den Vorwurf der Panikmache gefallen lassen.

Aus dem Publikum kam die Frage, ob es nicht möglich wäre, das Lagerstättenwasser so aufzubereiten, dass die Schadstoffe abgeschieden und Wasser quasi in Trinkwasserqualität vorliege. Machbar wäre das sicherlich und an der TU Clausthal wäre bereits eine entsprechende Anlage entwickelt worden, so der Referent. Darauf wendete ich ein, was denn mit den dann nicht mehr stark verdünnt sondern konzentriert vorliegenden Schadstoffen geschehen solle. Eine Antwort blieb aus, eine Zuhörerin blaffte mich stattdessen an und meinte, dass es doch „scheißegal“ wäre, ob die Stoffe verdünnt wären. Auf die Gesamtmasse käme es an. Nun, die Dame hat offensichtlich im Chemieunterricht nicht so richtig aufgepasst, schloss ich aus dieser giftigen Verbalattacke.

Zahlreiche für „Siedenburg Z11“-Projekt irrelevante Exkurse

Sicherheit wird bei Erdgasförderung in Deutschland groß geschrieben. Deshalb Beleuchtung bei Nacht sowie Betrieb einer Sicherheitsfackel rund um die Uhr auf Sauergasplätzen. Förderbohrung „Hesterberg Z3“. Foto: Steven Arndt, April 2018.

Charakteristisch für den fast zweistündigen Vortrag waren zahlreiche Exkurse in andere Bereiche der Erdgasproduktion, die entweder überhaupt nichts mit der Thematik LaWa-Entsorgung zu tun haben oder aber auf das „Siedenburg Z11“-Vorhaben aufgrund seiner Neuartigkeit irrelevant sind. Tatsächlich konnte man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass tatsächlich nur Stimmung gegen den Vorhabensträger, das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) als Genehmigungsbehörde sowie gegen politische Entscheidungsträger gemacht werden sollte. Bei Teilen des Publikums kam das offensichtlich sehr gut an, so dass sich u.a. ein angetrunkener Zuhörer ermutigt fühlte, mit den üblichen Tiraden à la „Lobbyismus“, „Profitgier“ etc. auf den Projektträger zu schimpfen. Diese Person fiel im Laufe des Abends durch weitere, den Referenten unterbrechende Zwischenbemerkungen auf, wofür er teilweise Beifall erntete, während den ihren Unmut über den Unsinn, der teilweise vorgetragen wurde, Luft machende Personen vom Veranstalter empfohlen wurde, die Veranstaltung zu verlassen. So sieht die „demokratische“ Debattenkultur der Grünen aus.

Zu den Exkursen: Der Referent sprach viel über „Fracking“, obwohl dieses Verfahren mit dem Projekt, welches Gegenstand der sogenannten Informationsveranstaltung sein sollte, nichts zu tun hat. In diesem Zusammenhang wurden insbesondere gegenüber dem LBEG Vorwürfe erhoben, welches in der Vergangenheit (!) angeblich pauschal Fracmaßnahmen über verschiedene Lagerstätten hinweg, also ohne jeweiligen konkreten Betriebsplan, genehmigt hätte. Belege für die Behauptung wurden nicht angeführt.

Was beim Verfasser ebenfalls eindrücklich hängen blieb, waren Exkurse zu anderen, teils längst aufgegebenen Versenkbohrungen. So erfolgte bereits frühzeitig im Vortragsverlauf eine Aufzählung von LaWa-Versenken im Bereich und Umfeld der Zechstein-Erdgaslagerstätten Siedenburg (EMPG) sowie Staffhorst (Wintershall), welche geologisch zusammenhängen, aber durch eine Konzessionsgrenze rechtlich getrennt sind. Der Referent versäumte hierbei, dass viele der aufgezählten Bohrungen nicht mehr in Betrieb sind und verfüllt wurden. Solch unvollständige Darstellung ist keine Information, sondern Desinformation.

Durch unvollständige Darstellungen mit der Angst spielen

Sicherheitsfackel auf Erdgasbohrung „Siedenburg Z27“. Foto: Steven Arndt, 27.04.2018.

Es ist auch völlig irrelevant für das anstehende Vorhaben, was neben LaWa in der Vergangenheit über Versenkbohrungen in den tieferen, vom Wasserkreislauf entkoppelten Untergrund eingebracht worden ist. Zudem versäumte der Referent auch hier zu verdeutlichen, worin das konkrete Problem besteht, auch diese Stoffe in von der Biosphäre durch hunderte Meter undurchlässiges Gestein getrennte Salzwasserleiter einzubringen. Also auch an dieser Stelle ließ der Referent salopp gesprochen wiederum viel heiße Luft ab, ohne konkret darauf einzugehen, welche Risiken oder tatsächlichen Gafahren durch diese inzwischen nicht mehr angewendete Praxis bestünden.

Mit der Angst spielen bzw. solche schüren kann man in Deutschland besonders gut mit dem Thema „Radioaktivität“, wie bereits weiter oben beschrieben. Doch stehen weitere Ausführungen des Vortragenden im Gegensatz zu oben angesprochenem Sachverhalt weder mit der LaWa-Entsorgung und schon gar nicht mit dem Vorhaben „Siedenburg Z11“ im Zusammenhang. Und zwar geht es darum, dass wiederum in der Vergangenheit und wiederum heutzutage nicht mehr üblich Ablagerungen aus Innenwandungen von Fördersträngen, im Fachjargon als „Scales“ bezeichnet, in Stahlzylinder verpackt in hunderten bis tausenden Meter Tiefe in zu verfüllende Bohrungen eingebaut worden sind. Diese Scales enthalten auch natürlich vorkommende radioaktive Stoffe (M´NORM-Stoffe) in erhöhter Konzentration

Zum zweiten Mal im Zuge des Vortrages konnte ich abermals nicht an mich halten und unterbrach den Vortrag mit der Frage, worin denn das konkrete Problem bestünde, in aufgegebene Bohrungen im Zuge der Verfüllung Stoffe auf diese Weise zu entsorgen. Der Referent wollte auf diese Frage mit keiner Silbe eingehen, woraus ich den Schluss zog, dass er nicht nur nicht Willens ist, das vermeintliche Problem zu erläutern , sondern auch keine schlüssigen Argumente gegen diese Vorgehensweise hat. Denn nüchtern betrachtet ist es aus physikalischen Gründen nicht möglich, dass diese Scales auf Wanderschaft in Richtung Erdoberfläche gehen.

Zwischenfazit

Das bisher Geschriebene stellt nur einen Auszug dessen dar, was in der sogenannten „Informationsveranstaltung“ zum LaWa-Versenkvorhaben über die noch erdgasproduzierende „Siedenburg Z11“ von einem im Bundesverband Bürgerinitiativen Ummweltschutz (BBU), der Bürgerinitiative „No Moor Fracking“ sowie in der Bürgerinitiative Strahlenschutz Leese (BISS-Leese) engagierten Herren vorgetragen wurde.

Wie dem Leser aufgefallen sein dürfte, gab es bislang quasi nichts über das Projekt „Siedenburg Z11“ zu erfahren. Das ist allein der Tatsache geschuldet, dass der Vortragende sich intensiv irgendwelchen Nebenschauplätzen widmete, die wenig bis nichts mit dem Vorhaben zu tun haben, sondern wohl eher einem Rundumschlag gegen die deutsche Erdöl-Erdgas-Industrie im Allgemeinen sowie den Vorhabensträger EMPG im Speziellendienen sollten. Wäre es im Rahmen des Vortrages tatsächlich nur um die Thematik LaWa-Versenkung im Allgemeinen nach aktuellem Stand der Gesetzeslage sowie der auch ohne dieses Gesetz gängigen Praxis gegangen und auf Nebenschauplätze verzichtet worden, dann hätte der Vortrag ohne Weiteres von zwei Stunden auf maximal eine eingedampft werden können. Das wäre auch der Aufnahmefähigkeit der Zuhörer zuträglich, dem Alkoholkonsum speziell des erwähnten häufigen Zwischenrufers jedoch abträglich gewesen und hätte eventuell zu einer etwas versachlichten Diskussionsrunde geführt.

Über das LaWa-Versenkprojekt und die damit verbundenen Risiken aus Sicht des Verfassers ist im Vortrag tatsächlich auch noch eingegangen worden, worüber dann in einem zweiten, eventuell auch in einem dritten Teil auf diesem Blog berichtet werden wird.

 

Bis Dahin verbleibt der Verfasser mit dem Gruß der Bergleute und Geologen: Glück Auf!

 

Artikelfoto: Sicherheitsfackel auf Kompressorstation Siedenburg-Ost. Foto: Steven Arndt, April 2018.