Wenn man keine Ahnung hat…
Dieser Beitrag befasst sich im Wesentlichen mit einem Kommentar einer Anti-Erdgasgewinnungs-Aktivistin, die regelmäßig mit hanebüchenen, teils beleidigenden Kommentaren gegenüber Mitarbeitern von Bohrunternehmen (s.u. „Wanderzirkus“) oder Behörden auffällt. Normalerweise liegt es mir fern, persönlich zu werden, aber der Kommentar von Frau Christine von Wilhelmsburg (offenbar kein Klarname, deshalb hier „Christine“ genannt) ist Anlass genug, diesen sowie aus meiner Sicht, weitere Verfehlungen der Dame zu diskutieren.
Dabei ist es mir natürlich bewusst, das hier ein schmaler Grat zwischen persönlicher Diffamierung (liegt mir, wie gesagt, eigentlich fern) und Demaskierung der Anti-Gasförderungsaktivisten beschritten wird. Das vorweg und nun zum Kommentar von Christine (Verweise/Links auch zum Erdöl-Erdgas Deutschland- „Hausfotografen“ chef79, sind übernommen):
Christine von Wilhelmsburg Mit der neuen, völlig willkürlichen Abgrenzung („Sandstein/Tiefe über 2.500m“ wird als „koventionell/unbedenklich“ bezeichnet) dürften sich allerdings auch die neuen Lizenzen für Ölbohrungen erledigt haben http://www.panoramio.com/photo/101444828…
Niemand grenzt willkürlich anhand der Tiefe von Sedimentgesteinen Erdgaslagerstätten als konventionell/unkonventionell ab. Vielmehr erkennen Wirtschaftsminister Lies (SPD) und Umweltminister Wenzel (Bündnis 90/Die Grünen) an, dass es im Zuge von Fracarbeiten in Sandsteinformationen tiefer 2.500 Meter niemals zu Umweltbeeinträchtigungen gekommen ist. Eine Abgrenzung zwischen konventionellen/unkonventionellen Lagerstätten im weiteren Sinne erfolgt wissenschaftlich betrachtet nur anhand der Wirtschaftlichkeit der Gewinnung. Dementsprechend werden Tightgaslagerstätten, die noch vor 20 Jahren wirtschaftlich nicht ausbeutbar waren, heute als konventionell (althergebracht/bewährt) angesehen. Die Versenktiefe der Speichergesteine spielt dabei keine Rolle.
Leider lassen sich Lies und Wenzel dabei von der allgemein verbreiteten deutschen Technophobie (gelungener Artikel dazu bei der Wirtschaftswoche) leiten als von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Anders ist es nicht zu erklären, warum eine seit 65 Jahren in unterschiedlichsten geologischen Formationen und in verschiedensten Tiefen angewendete Technologie bezüglich Schiefergas- und Kohleflözgaslagerstätten abgelehnt, in anderen Lagerstätten jedoch akzeptiert wird. Dabei ist die Begründung in Bezug auf Schiefergas- und Kohleflözgaslagerstätten zu hinterfragen, die stets lautet: „Die Risiken sind unbekannt.“
Nur wie will man vermeintliche Risiken erkennen, wenn von vornherein Forschung abgelehnt wird. Evolutionsgeschichtlich betrachtet hätte der Mensch nie von Bäumen klettern dürfen, da ja unbekannt war, was ihn am Boden erwartet. Und um beim technologischen Aspekt zu bleiben: Niemals wäre aufgrund von Befürchtungen eine Eisenbahn gefahren. Glücklicherweise wurden Bedenkenträger im 19. Jahrhundert im Gegensatz zu heute nicht allzu ernst genommen.
Warum sich aufgrund dieses aus geologisch-technischer Sicht in Frage zu stellenden Erlassentwurfes der Minister Lizenzen für Bohrungen auf Erdöl erledigt haben sollen, bleibt offen. Christine begründet das wie folgt:
Ölbohrungen sind regelmäßig nur ca. 1000/1500m tief (oft auch weniger). Hier Beispiele aus Norddeutschland http://www.gdfsuezep.de/…/bohrung-vorhop-26a-produziert…http://goo.gl/maps/5blBs und http://goo.gl/maps/ejsb
Die Teufenlage von Erdöllagerstätten differiert in Deutschland erheblich. Teilweise wurde nur aus 70 Metern Teufe (Lagerstätte Calberlah bei Wolfsburg) Erdöl gefördert. Die tiefste Erdöllagerstätte Deutschlands war im Gegensatz dazu im bayerischen Alpenvorland zu finden. Diese mit „Darching“ bezeichnete Lagerstätte befand sich 4.400 Meter unter der Erdoberfläche (Boigk 1983). Also abgesehen davon, dass Christine von der variierenden Teufenlage deutscher Erdöllagerstätten keine Ahnung zu haben scheint, ist es natürlich Blödsinn, zwischen dem fragwürdigen Erlass bzw. den dort als Richtwert für Fracmaßnahmen in konventionellen Erdgaslagerstätten genannten Teufenwert von 2.500 Metern und der Teufenlage von Erdöllagerstätten einen Zusammenhang zu konstruieren.
Schließlich handelt es sich bei dem geplanten Erlass um eine Erschwerung der Genehmigung von Fracarbeiten, obwohl diese seit fünf Jahrzehnten unfallfrei durchgeführt worden sind. Der Ausschluss höher liegender (Schiefergas-) Formationen ist als Entgegenkommen gegenüber Bürgerinitiativen (BI) und Umweltschutzverbänden zu werten. Eine auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende Begründung gibt es dafür nicht. Z.B. wurden nach Aussagen des im Ruhestand befindlichen Fracingenieurs H. Markert bereits zu DDR-Zeiten eine Erdgaslagerstätte auf dem Gebiet von Thüringen in nur 300 Metern Teufe gefract, ohne das an der Erdoberfläche etwas davon zu spüren war.
Diese wissenschaftlich begründete Basis gab es im gewissen Sinne im Zusammenhang eines Erlasses der vorangegangenen CDU-FDP-Landeregierung Niedersachsens, in dem Fracarbeiten bei einem Abstand zwischen tiefstem Süßwasserleiter und maximal erreichbarer Obergrenze der Rissausbreitung von 1.000 Meter als genehmigungsfähig festgeschrieben worden sind. Dort berief man sich auf Angaben einer Fachbehörde, der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), die diesen Wert in einer Studie zum Schiefergaspotenzial in Deutschland angab. Der Wert von 2.500 Metern im aktuellen Erlassentwurf ist dagegen völlig aus der Luft gegriffen und ist maximal als Anerkennung des unfallfreien Durchführens von Fracmaßnahmen zu werten.
Doch zurück zum Kommentar von Frau Christine, die im letzten Satz völlig von der Spur abkommt:
Die Techniken des EOR http://de.wikipedia.org/wiki/Enhanced_Oil_Recovery unterscheiden sich nicht vom „Fracking“.
Wie man soetwas von sich geben kann bei Verlinkung einer recht gelungenen Darstellung verschiedener Enhanced Oil Recovery (EOR) Verfahren ist sehr erstaunlich. EOR-Verfahren unterscheiden sich deutlich von Fracarbeiten. Im Regelfall dienen Fracjobs dazu, die wirtschaftliche Förderung aus geringpermeablen (geringdurchlässigen) Lagerstätten durch Erzeugung künstlicher Risse zu ermöglichen. EOR-Maßnahmen dienen dagegen der Ausbeuteerhöhung von Erdöllagerstätten. Dazu gibt es je nach Lagerstätte verschiedene Möglichkeiten, die darauf abzielen, das Erdöl aus dem Speichergestein zu verdrängen. Entgegen oft zu lesender Darstellungen in den Mainstream-Medien wird beim „Fracking“ weder Öl noch Gas aus der Lagerstätte gepresst, sondern lediglich unter Flüssigkeitsdruck Risse erzeugt, wie ja die Bezeichnung Hydraulic Fracturing selbstdefinierend erklärt.
EOR-Maßnahmen werden auch in Deutschland durchgeführt, wobei sich auf die Injektion von Heißdampf konzentriert wird. Das Fluten mit Chemikalien (Anm.: „Chemikalien“ ist kein Synonym für schädliche Substanzen oder gar Gift!) zur Ölverdünnung bzw. Wasserverdickung wurde bereits in den 1980er Jahren erprobt, aus Kostengründen aber wieder eingestellt. Seit 2013 erprobt das Unternehmen Wintershall in Zusammenarbeit mit dem Mutterkonzern BASF den Einsatz eines biologisch generierten Polymers zu EOR-Zwecken in der Erdöllagerstätte Bockstedt.
Doch wieder zurück zu Christine und weiteren Behauptungen von ihr, die im Zusammenhang mit dem angeblichen Säureregen von Söhlingen stehen. In einem Kommentar nennt sie die von ExxonMobil als „Optimierung der Förderung“ bezeichneten Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Förderung als „Workover“. Dabei ist unter Workover etwas völlig anderes zu verstehen, nämlich die Erneuerung (Austausch) bzw. Reparatur von Fördersträngen. Dafür werden Windenanlagen bzw. bei tieferen Bohrungen sogar mittelschwere Bohranlagen eingesetzt (siehe Foto).
Das, was im Auftrag von ExxonMobil oder anderen Unternehmen als „Optimierung der Förderung“durchgeführt wird, wird im Fachjargon auch als Intensivierung bezeichnet. Das könnte man wissen, wenn man sich mit dem Thema Erdöl-Erdgasgewinnung unvoreingenommen befasst anstatt sich eines fatalen Halbwissens zu bedienen. Über den frechen Kommentar, der u.a. das LBEG der Lüge bezichtigt, darf sich jeder seine Gedanken machen. Interessant ist dabei, dass ein Foto kommentiert wurde, auf dem eindeutig der Quecksilberadsorber der Servicefirma Fangmann zu erkennen ist.
Nicht zu erkennen ist aufgrund der schlechten Qualität des Bildes die angeblich von Mitarbeitern getragene Atemschutzmaske, was durch den weißen Kreis verdeutlicht werden sollte. Vermutlich wurde ein orangenes (Firmenfarbe!) Objekt unterhalb des Kopfes des Mirtarbeiters als Schutzfilter interpretiert. Die Körperhaltung des Mitarbeiters widerspricht aber der Interpretation. Der Oberkörper ist nach rechts gedreht und der linke Arm „arbeitet“ ebenfalls rechts vom Oberkörper. Wenn es sich aber um eine Schutzmaske handeln soll, die im Bild zu sehen sein soll, dann schaut der Mitarbeiter in die entgegengesetzte Richtung der ausgeführten Tätigkeit. Wahrscheinlich handelt es sich bei dem orangenen Objekt um eine Flanschverbindung der technischen Anlage. Dafür spräche auch die schlechtere Beleuchtung gegenüber der abgebildeten Person.
Und zum Abschluss: Gegner behaupten stets, Erdgas wird ungefiltert abgefackelt. Nur wie erklärt sich, dass auf den Fotos von Aktivisten der erwähnte Quecksilberadsorber zu sehen ist. Man vergleiche das Foto der Aktivistin Christine mit denen der Firma Fangmann. Ein Unterschied ist lediglich in der Lackierung zu erkennen, die nach Auslieferung in das typische Fangmann-Orange geändert wurde.
Die jüngste Verfehlung von Christine ist es, den Wohnwagenpark der Bohrarbeiter an der zurzeit aktiven Bohrung „Weißenmoor Z2“ als „Bohrtrupp-Wanderzirkus“ zu diffamieren. Sicherlich wechseln die Standorte der Bohranlagen logischerweise. Daraus aber eine geringe Mitarbeiterzahl der Erdöl-Erdgasindustrie abzuleiten, wie es Christine in einer Antwort auf einen Kommentar zu ihrem Bild tut, ist einfach nur als dummdreist zu bezeichnen:
Ja, so sehen sie aus die angeblich „tausende“ Arbeitsplätze Ich glaube, die zählen bei jeder Bohrung neu, das summiert sich dann.
Offenbar ist Christine nicht bekannt, dass Erdöl- und Erdgasgewinnung aus mehr besteht als nur reiner Bohrerei. Andererseits müsste es ihr bekannt sein, denn schließlich wirft sie, wenn auch im falschen Kontext, mit Fachbegriffen wie EOR oder Workover um sich. Letzten Endes ist Christine ein beeindruckendes Exemplar der Anti-Gasförderungsgruppierungen, für die allgemein gilt:
Wenn man kein Ahnung hat, sollte man besser schweigen.