„Fracking“-Spekulationen des BUND in der Bodensee-Region
Nördlich des Bodensees befinden sich zwei bergrechtliche Erlaubnisse zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen. Obwohl für die Region nach Erkenntnissen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) kein Potenzial unkonventioneller Kohlenwasserstofflagerstätten besteht, soll der Lizenzinhaber angeblich nach diesen suchen. Vor einigen Monaten wurden die Erlaubnisse vom alten Inhaber auf einen neuen übertragen bzw. veräußert.
Aufgrund dessen fühlte sich nach einem Artikel des Blogs see-online.info der Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) berufen, eine Medienmitteilung zu verfassen, die wortgewaltig mit
Unter Haien – Spekulation mit Fracking Lizenzen in Baden-Württemberg
überschrieben ist.
Mit dem Begriff „Fracking-Lizenzen“ wird bereits die erste Frage aufgeworfen: Was bitte soll das sein? Bekannt ist lediglich, dass Aufsuchungserlaubnisse erteilt worden sind, wie es bereits der Einleitung zu entnehmen ist. Bekannt ist zudem, dass wahrscheinlich nach unkonventionellen Kohlenwasserstoffen gesucht werden soll. Ob diese tatsächlich vorhanden sind, ist nach Erkenntnissen der BGR, der Fachbehörde für Rohstofffragen, unwahrscheinlich. In einer 2012 erschienenen Studie zur Abschätzung der Schiefergasressourcen wird für die Region, die von den diskutierten Aufsuchungserlaubnissen überdeckt wird, kein Potenzial ausgewiesen, sondern lediglich Gesteine, im dortigen Fall der Posidonienschiefer des Unteren Jura, in denen unter günstigen Bedingungen Schiefergas hätte gebildet worden können (siehe Karte).
Allein deshalb ist es schon abwegig, über eine Schiefergasgewinnung, die der BUND offenbar mit „Fracking“ synonymisiert, zu spekulieren. Darüber hinaus ist weder die konkrete Kohlenwasserstoffart, also flüssig oder gasförmig, noch der Lagerstättentyp und schon gar nicht die technische Art und Weise Gegenstand einer Aufsuchungserlaubnis nach §7 BBergG . Jedoch darf auch die Frage gestellt werden, warum der ursprüngliche Lizenzinhaber, 3Legs Resources PLC bzw. später deren Tochtergesellschaft Parkyn Energy Germany in diesem Gebiet die beiden Aufsuchungserlaubnisse „Konstanz“ und „Biberach“ beantragt hat. Doch das soll im Artikel nicht weiter diskutiert werden.
Vielmehr geht es um die im see-online Blog zitierten Aussagen des BUND. Dabei offenbart sich, dass der BUND anscheinend über weissagerische Kräfte verfügt:
Wie vom BUND Konstanz bereits im letzten Jahr prophezeit, hat die 3Legs Resources (Mutterkonzern) die Parkyn Energy Germany (Inhaberin der Aufsuchungslizenzen für die Felder Konstanz und Biberach) am 21. Januar 2014 an die Rose Petroleum verkauft
Leider ist nicht zu erfahren, was den BUND zu dieser Prophezeiung veranlasst hat. Aus dem Artikel ist dann im weiteren Verlauf zu entnehmen, dass der BUND die Rechtmäßigkeit der Übertragung in Frage stellt:
Der BUND will nun wissen, ob der Verkauf rechtmäßig war oder ob die Lizenzen zusammen mit den Anteilen an der Parkyn Energy nach Wildwest-Manier “von einem Finanzhai zum anderen” übertragen wurden, um die Zustimmungspflicht der Behörden zu umgehen.
Dabei hätte ein Blick ins Bundesberggesetz genügt, um festzustellen, dass Übertragung und Übergang einer Erlaubnis nach §22 BBergG, aber auch eine Veräußerung nach §23 BBergG möglich ist, sofern die Behörde zustimmt. Eine Übertragung oder Veräußerung in „Wildwest-Manier“ wäre also illegal und die Aufsuchungserlaubnisse hinfällig. Da dies nicht erfolgt ist, ist davon auszugehen, dass die zuständige Bergbehörde ihre Zustimmung erteilt hat. Unbekannten Dank an dieser Stelle an den Kommentator „Fafnir“ bei see-online.info ! Damit wäre die folgende Frage von Dr. Antje Boll obsolet:
Interessant ist, seit wann das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB) und das Umweltministerium von diesem Deal Kenntnis gehabt haben. Vor oder nach der Verlängerung der Aufsuchungslizenzen?
Ergänzung 09.02.2014: In einem der unten stehenden Kommentare äußerte sich Frau Dr. Boll dahingehend, dass der Bergbehörde keine Anträge auf Lizentübertragung vorlägen und somit eine Übertragung nicht genehmigt worden ist. Frau Dr. Boll zitiert wörtlich den Landesbergdirektor Axel Brasse. Von diesem Sachverhalt unberührt bleiben die weiteren Passagen dieses Artikels.
Anschließend wird der BUND folgendermaßen zitiert:
Der BUND bleibt bei der Meinung, dass bei einem anstehenden Verkauf die Lizenzen nicht hätten verlängert werden dürfen, da keine wirkliche Absicht bestand, den Bodenschatz jemals zu heben.
Deshalb fordert der BUND laut see-online.info das Bergamt sowie das Umweltministerium auf, die Erlaubnisse wieder zurückzunehmen. Wobei schon eine weitere Frage aufgeworfen wird, was das Umweltministerium damit zu tun hat. Die Bergaufsicht und damit einhergehend die Erteilung bzw. das Versagen von Genehmigungen obliegt i.d.R. dem Bergamt.
Doch bereits im nächsten Abschnitt widerspricht sich der BUND selbst, denn er gibt an, Erkenntnisse zu haben, dass die „Schreibtischarbeit“ beendet sei und eine Bohrung durchgeführt werden soll. So heißt es im Artikel:
Anlass zur Sorge gebe nun die Aussage des neuen Besitzers der Frackinglizenzen, Rose Petroleum, dass die Schreibtischarbeiten im Feld Konstanz abgeschlossen seien und nun alle weiteren Erkenntnisse mittels einer Stimulationsbohrung gewonnen werden sollen.
Geradezu amüsant, und deshalb auch hervorgehoben, ist der Begriff „Stimulationsbohrung“. Den Begriff „Stimulationsbohrungen“ gibt es einfach nicht! Eine Bohrung oder besser Lagerstätte kann stimuliert werden, wofür es verschiedene Verfahren gibt, wie z.B. Hydraulic Fracturing. Woher die Erkenntnisse stammen, dass eine Bohrung unmittelbar bevorsteht, wird nicht gesagt, sondern stattdessen der belegfreie Inhalt einer Email des BUND auszugsweise zitiert:
Die ersten Arbeiten stehen also unmittelbar bevor
Nochmal zur Erinnerung: Im see-online.info Artikel hieß es nur wenige Zeilen weiter oben, dass der Lizenzinhaber nicht vorhätte, den Rohstoff zu fördern. Und jetzt stehen plötzlich Arbeiten „unmittelbar“ an? Jeder vernunftbegabte Mensch müsste spätestens an dieser Stelle die Unseriösität bzw. den rein propagandistischen Stil der BUND-Mitteilung erkannt haben. Doch dem Ganzen wird noch eins obendrauf gesetzt:
Der BUND fordert die Bundesregierung daher auf, schnell eine gesetzliche Regelung auf den Weg zu bringen, die höchste Anforderungen an den Umweltschutz stellt, um dem ungeregelten Treiben der Frackingfirmen einen Riegel vorzuschieben.
Zum einen gibt es schon keine reinen“Frackingfirmen“, also Firmen, die ausschließlich Hydraulic Fracturing durchführen. Solche sogenannten Servicefirmen der Explorations- und Produktionsunternehmen (E&P) sind breiter aufgestellt. Wahrscheinlich sind aber Firmen gemeint, die unkonventionelle Lagerstätten betreiben wollen. Absoluter Nonsens ist es jedoch zu behaupten, dass E&P-Firmen in Deutschland machen könnten, was sie wollen. Nichts anderes ist unter „ungerelten Treiben“ zu verstehen. Wenn dem so wäre, dann sollte der BUND erklären, warum in Deutschland dieses Verfahren mit einem Quasi-Moratorium belegt ist. Und das selbst in Lagerstättentypen, in denen es über 50 Jahre zuvor unfallfrei angewendet wurde. Seit 2011 wurden trotz mehrerer Anträge keine neuen Fracmaßnahmen . mehr genehmigt. Weder in bekannten konventionellen Sandsteinlagerstätten, noch in potenziellen Schiefergaslagerstätten.
Der Rest des Artikels weist dann noch weitere Ungereimtheiten in begrifflicher Hinsicht auf. So werden z.B. die beiden Aufsuchungserlaubnisse als „Gasfelder“ bezeichnet, obwohl nicht im Geringsten klar ist, ob überhaupt Erdgaslagerstätten mit bauwürdiger Ausprägung sowohl hinsichtlich der Menge als auch der Beschaffenheit vorhanden sind. Das wird dann schließlich sogar im letzten Abschnitt des Artikels bestätigt, denn dort ist zu erfahren, dass Erdgasvorkommen bisher nicht bekannt sind. Der Abschnitt, insbesondere der zitierte Teil lässt dabei jegliche fachliche Kenntnis durch Verwendung falscher Begriffe in Kombination mit sachlich falscher Darstellung der Genehmigungsabläufe:
Sollte das Unternehmen tatsächlich größere Gasvorkommen im Bodenseegebiet entdecken, müsste es in einem zweiten Schritt eine Genehmigung für eine Aufsuchungsbohrung beantragen, um so die theoretischen Erkenntnisse praktisch nachprüfen zu können.
Wenn das Unternehmen ein größeres Erdgasvorkommen entdeckt hat, dann hat es bereits mindestens eine Aufsuchungsbohrung, korrekt Aufschlussbohrung, niedergebracht, die das Vorkommen aufgeschlossen, also entdeckt hat. Im Anschluss einer solchen Bohrung werden bei Fündigkeit dann Testarbeiten durchgeführt, um erste praktische Erkenntnisse über die Lagerstättenbeschaffenheit, die Lagerstättenausprägung sowie über die mögliche Förderrate zu gewinnen. In den weiteren Schritten werden eventuell weitere Bohrungen (Erweiterungsbohrungen, Produktionsbohrungen, Teilfeldsuchbohrungen, Aufschlussbohrungen, etc. ; Klassifikaton siehe LBEG-Jahresbericht 2012), zur Bewertung der Lagerstätte durchgeführt und bei positiven Erkenntnissen dann eine Förderung beantragt. Jeder dieser (Zwischen-) Schritte bedürfen gesonderter Genehmigungen. Und das gilt auch für etwaige Fracmaßnahmen!
Einmal mehr fällt der BUND durch nicht belastbare bzw. unkorrekte Behauptungen im Zusammenhang mit der Gewinnung von Kohlenwasserstoffen auf. Dabei ist es irrelevant, ob es sich dabei um Erdöl oder Erdgas, konventionelle oder unkonventionelle Lagerstätten handelt. Dem BUND scheint es lediglich darum zu gehen, fossile Energieträger und Rohstoffe in Misskredit zu bringen. Tatsächlicher Umwelt- und Naturschutz spielt dabei nach Ansicht des Verfassers eine untergeordnete Rolle.