Entgegen der landläufigen Meinung handelt es sich beim Hydraulic Fracturing nicht um eine neue Technologie. Vielmehr findet das Verfahren bereits seit mehr als sechs Jahrzehnten international Anwendung, um Erdöl- und Erdgaslagerstätten optimaler oder überhaupt nutzen zu können. Weiterhin können durch hydraulische Fracmaßnahmen Potenziale der Tiefengeothermie erschlossen werden.
Historischer Abriss
Erste experimentelle Versuche wurden 1947 durch die Firma Stanolind Oil im Hugoton-Erdgasfeld im Grant County, Kansas, durchgeführt. Diese führten allerdings noch nicht zu einer deutlichen Steigerung der Förderrate.
Im Jahre 1949 wurde das Verfahren schließlich patentiert und die Halliburton Oil Well Cementing Company (Howco) erhielt eine exklusive Lizenz. Noch im selben Jahr erfolgten die ersten kommerziellen Anwendungen, insgesamt 332 an der Zahl.1)Hydraulic Fracturing-History of an enduring technology
Aber nicht nur in den USA, wo es von nun an zur umfangreichen Anwendung mit bis zu 3000 Bohrlochstimulationen pro Monat kam. Auch in der Sowjetunion kam das Hydraulic Fracturing ab 1952 zum Einsatz. Hier zunächst jedoch vorrangig zur Komplettierung von Injektionsbohrungen, die dem Wasserfluten in Erdöllagerstätten dienten. Später wurde verstärkt in Erdöllagerstätten gefract. Als Stützmittel dienten fluviatile Sande.
Infolge des Auffindens hochproduktiver Lagerstätten in Westsibirien geriet Hydraulic Fracturing in der Sowjetunion jedoch aus dem Fokus.2)Hydraulic Fracturing in Russia: Current Experiences and Perspectives Auch in Mitteleuropa wurde die Technik, zunächst in Erdöllagerstätten, eingeführt. So fanden in Österreich ab 1957 hydraulische Fracmaßnahmen statt.3)http://oilshow.org/2003/paper/29.pdf Auch in Deutschland gab es in Erdöllagerstätten, wie z.B. in Lingen-Dalum, Fracmaßnahmen.4)Boigk, H.: Erdöl und Erdölgas in der Bundesrepublik Deutschland, Enke, Stuttgart 1981
Nach Angaben von ExxonMobil Central Europe wurde Hydraulic Fracturing in einer deutschen Erdgasbohrung erstmals 1961 angewendet.5)http://www.erdgassuche-in-deutschland.de/technik/hydraulic_fracturing/index.html Bis Ende der 70er Jahre wurden nur wenige Fracmaßnahmen in deutschen Erdgaslagerstätten durchgeführt.
Mit dem Einsatz von großvolumigen Fracmaßnahmen (High-Volume-Fracs) im Raum Südoldenburg 1977 sowie der Entdeckung der Erdgaslagerstätte „Söhlingen“ im Förderdistrikt „Elbe-Weser“ 1980 kam es zu einem kleinen Boom des Hydraulic Fracturing im Inland.6)http://www.erdgassuche-in-deutschland.de/technik/hydraulic_fracturing/index.html7)Erdgas – Erdöl: Entststehung, Suche, Förderung; Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e. V., 2008 Hydraulic Fracturing hatte sich als erfolgreiche Stimulationsmaßnahme von Erdöl- und Erdgaslagerstätten durchgesetzt!
Mit einer sich verschlechternden Reservensituation wurde ab den 1990er Jahren Hydraulic Fracturing auch in Russland wieder interessant, wobei es nicht nur als produktionssteigernde Maßnahme eingesetzt wurde, sondern auch zur Entwicklung von geringpermeablen Lagerstätten.8)Hydraulic Fracturing in Russia: Current Experiences and Perspectives
Selbstverständlich blieb im Laufe der Jahrzehnte das Verfahren nicht auf der Stelle stehen, sondern wurde fortwährend weiterentwickelt. Die frühen Fracjobs bestanden aus ca. 750 Gallonen Fluid sowie 400 Pfund Sand (jeweils US-amerikanisches Maßsystem), was im metrischen System ungefähr 2850 Liter Fluid bzw. 180 Kilogramm Sand entspräche. Heute werden bei Fracbehandlungen durchschnittlich ungefähr 60.000 Gallonen (~228.000 Liter) Flüssigkeit sowie 100.000 Pfund (~45 Tonnen) Stützmittel verwendet.9)Hydraulic Fracturing-History of an enduring technology
Weiterhin fand relativ frühzeitig eine Veränderung der Fracflüssigkeit statt. Wurde zunächst angedicktes Erdöl benutzt, wurde später angedicktes Kerosin verwendet. Ab 1953 stellte Wasser dann die Basis des Fluides dar, das mit Chemikalien, den sogenannten Additiven, zum Andicken, zur Reibungsminderung, zum Gelbrechen, zur Verhinderung von Tonquellung und für weitere Aufgaben versetzt wird.10)Hydraulic Fracturing-History of an enduring technology11)http://www.europaunkonventionelleserdgas.de/home/der-prozess/woraus-besteht-das-frac-wasser
Aber auch das Stützmittel blieb im Laufe der Jahrzehnte nicht das gleiche: Zunächst wurde gesiebter Sand aus Flüssen oder Bausand verwendet.12)Hydraulic Fracturing-History of an enduring technology13)Hydraulic Fracturing in Russia: Current Experiences and Perspectives Heutzutage werden keramische Stützmittel aus hochfestem Aluminiumoxid sowie Quarzsand verwendet. Siehe hierzu z.B. die Auflistungen unter.14)http://www.erdgassuche-in-deutschland.de/technik/hydraulic_fracturing/index.html15)http://www.europaunkonventionelleserdgas.de/home/der-prozess/woraus-besteht-das-frac-wasser16)Fracking in konventionellen Lagerstätten (RWE-Dea)
Mitte der 1990er Jahre wurde dann erstmals die Horizontalbohrtechnik mit einer mehrfachen Fracanwendung (Multi-Frac) in Deutschland in der Bohrung „Söhlingen Z10“ erfolgreich kombiniert. Somit konnten aus den Tightgas-Bereichen der Lagerstätte „Söhlingen“ wirtschaftliche Förderraten erzielt werden. Die „Söhlingen Z10“ war seinerzeit die tiefste Horizontalbohrung mit mehrfacher Fracanwendung der Welt.17)Fracs von der Rolle erhöhen die Arbeitssicherheit, In: Die Industrie der Steine und Erden, Ausgabe 05/2003
Wie bereits eingangs erwähnt, wird auch zur Erschließung von Geothermiepotentialen Hydraulic Fracturing angewendet. Beispielhaft soll hier das Hot-Dry-Rock(HDR)-Projekt „Soultz“ in Frankreich erwähnt werden. Hier wurde zwischen den Bohrungen GBK1 und GBK2 durch Hydraulic Fracturing ein 3 km² großes HDR-System geschaffen. Das größte zur damaligen Zeit (1996).18)Hot Dry Rock Projekt Soultz: Erste Phase der Erstellung einer wissenschaftlichen Pilotanlage – Abschlussbericht
Hydraulic Fracturing in Deutschland
Ab 1996 kam es zu einem tendenziellen Anstieg von Fracmaßnahmen in Erdgaslagerstätten in Deutschland, der 2008 mit einer Anzahl von knapp 30 Anwendungen kulminierte. Seitdem ist ein Rückgang auf Null im Jahre 2012 zu verzeichnen.19)Anzahl der Fracs in Deutschland Der Hintergrund dabei ist, dass seit 2011 keine Maßnahme mehr genehmigt wurde. Ursächlich zeichnet sich hierfür der Film „Gasland“ (2010) aus, der die Schiefergasförderung in den USA, die ausnahmslos nur unter Anwendung von Hydraulic Fracturing möglich ist, thematisiert.
Auf diesen Film, der in vielerlei Hinsicht als unwahr entlarvt wurde, sprangen besorgte Bürger Deutschlands an, da ungefähr gleichzeitig die Suche nach unkonventionellen Erdgaslagerstätten bekannt wurde. Erschwerend kam hinzu, dass ein Vorkommnis an einer Lagerstättenwasserleitung im Bereich der Lagerstätte „Söhlingen“ vom NDR fälschlicherweise dem Hydraulic Fracturing zugeschoben wurde.
Darauf soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Nur eine persönliche Anmerkung dazu: Seit Jahrzehnten wird Hydraulic Fracturing weltweit eingesetzt und das verschiedenen Quellen nach weit über 1 Millionen Mal allein in den USA. Schadensfälle, die unmittelbar daraus resultieren, sind selbst nach Angaben der US-Umweltschutzbehörde EPA nicht bekannt, wie deren Chefin Lisa Jackson wiederholt noch im April 2012 bekannt gab:
In no case have we made a definitive determination that the fracking process has caused chemicals to enter groundwater. Lisa Jackson
und bereits ein Jahr zuvor gab sie bekannt:
I’m not aware of any proven case where the fracking process itself has affected water. (5/24/11).20)http://www.energyindepth.org/tag/lisa-jackson/ Lisa Jackson
Dennoch wird nach wie vor behauptet, dass es durch Hydraulic Fracturing zu Grund-/Trinkwasserkontaminationen (was gerne gleichgesetzt wird, aber nicht korrekt ist) gekommen sei.
In der deutschen Medienlandschaft, die Statistiken zur Folge zu großen Teilen dem parteipolitisch grünen Spektrum zuzuordnen ist, wird das Fracverfahren fast ausschließlich falsch und damit negativ dargestellt. Wie bereits weiter oben erwähnt, werden sogar Vorfälle dem Hydraulic Fracturing zugeschrieben, die mit dem Verfahren rein gar nichts gemein haben, wie z.B. die Undichtigkeiten an Lagerstättenwasserleitungen.
Die Folge ist, dass in Deutschland (aber auch anderswo) weite Teile über das Fracverfahren desinformiert worden sind und deshalb eine Ablehnung gegenüber diesem Standardverfahren entwickelt haben. Sachlich und fachlich ist diese Ablehnung jedoch nicht nachvollziehbar.
Schließlich sind bei über 300 Fracanwendungen in Niedersachsen21)http://www.haz.de/content/download/2359910/64255100/file/Liste%20Fracking-Ma%C3%9Fnahmen.pdf sowie mindestens 100 auf dem Gebiet der einstigen DDR22)Fracking Filmbesprechung Gasland keine umweltrelevanten Schäden bekannt. Selbst das schleswig-holsteinische Umweltministerium unter dem grünen Dr. Robert Habeck bestätigt, dass die zwischen 1955 und 1994 in ostholsteinischen Erdöllagerstätten durchgeführten Fracarbeiten zu keinerlei Umweltschäden geführt haben:23)Umweltminister Habeck stellt Vorgehen gegen umwelttoxisches Fracking vor
Ja, es gab mehrere Bohrungen mit dem Einsatz der Fracking-Methode. Diese Bohrungen fanden zwischen 1955 und 1994 überwiegend im Kreis Plön statt. Es gibt keine Hinweise, dass die Maßnahmen in dem betroffenen Gebiet zu schädlichen Umweltauswirkungen geführt haben.
Dennoch wird das Verfahren nicht nachvollziehbarerweise mit dem Phantasiebegriff „umwelttoxisch“ belegt und ein Verbot angestrebt.
Auch im Koalitionsvertrag24)DEUTSCHLANDS ZUKUNFT GESTALTEN – KOALITIONSVERTRAG ZWISCHEN CDU, CSU UND SPD der aktuellen Bundesregierung ist Hydraulic Fracturing, dort genauso zu „Fracking“ verstümmelt wie auch in nahezu allen Medien, thematisiert und der Phantasiebegriff „umwelttoxisch“ ist ebenfalls wiederzufinden. Trotz mehrfach bestätigten geringen Risikos, z.B. durch den Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler e.V.,25)Fracking nicht verteufeln! der Staatlichen Geologischen Dienste (SGD)26)Stellungnahme zu den geowissenschaftlichen Aussagen des UBA – Gutachtens, der Studie NRW und der Risikostudie des ExxonMobil InfoDialogprozesses zum Thema Fracking sowie zuletzt durch Professor Mohammed Amro.27)(dpa) “Freiberger Professor gegen Fracking-Verbot” Doch diese Erfahrungen und Kenntnisse werden seitens der Politik ignoriert.
Diese stützt ihre ablehnende Haltung vielmehr auf die von den SGD aufgrund geowissenschaftlicher Unzulänglichkeiten heftig kritisierte Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes28)Umweltauswirkungen von Fracking bei der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten , anstelle der für Rohstofffragen kompetenten Bundesbehörde, namentlich der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Diese hat nicht nur das Schiefergaspotenzial für Deutschland ermittelt, welches nur unter Einsatz des Hydraulic Fracturing möglich ist, sondern auch aufgrund der Erfahrungen in Deutschland das Fracverfahren als sicher eingestuft.29)Abschätzung des Erdgaspotenzials aus dichten Tongesteinen (Schiefergas) in Deutschland
Leider werden diese Erkenntnisse vom überwiegenden Teil der Medien ignoriert, was wiederum zur Folge hat, dass die breite Öffentlichkeit keine Kenntnis von den durchaus positiven Erfahrungen hat. Erschwerend kommt hinzu, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Bevölkerung multinational agierenden Unternehmen äußerst kritisch gegenübersteht.
Die Zukunft wird zeigen, ob und wie ein seit Jahrzehnten bewährtes Verfahren in Deutschland weiterhin Anwendung finden wird.
Zusammensetzung von Fracfluiden
Da nach wie vor oftmals behauptet wird, dass die Unternehmen die Zusammensetzung der Fracfüssigkeiten geheimhalten (eine weitere unwahre Behauptung aus „Gasland“), hier einige Links zu Seiten, wo die Zusammensetzung(en) aufgelistet sind:
- Zusammensetzung aller in Niedersachsen durchgeführten Fracmaßnahmen der Jahre 2010 und 2011
- Zusammensetzung von Fracfluiden von Maßnahmen in Söhlingen und anderen Lagerstätten der ExxonMobil Production Germany
- Zusammensetzung des Fracfluides der Bohrung „Mellin 20“ in der Altmark
- Zusammensetzung des Fracfluides der geplanten Fracs in der Bohrung „Düste Z10“
- Zusammensetzung eines Fracfluides für Schiefergaslagerstätten der Firma Range Resources (USA)
- Mögliche einsetzbare Zusätze nach Angaben des Groundwater Protection Council sowie der Interstate Oil and Gas Compact Commission (USA)
Quellenverzeichnis