30 Jahre Erdölförderung Mittelplate

Bohr- und Förderinsel Mittelplate

Happy Birthday Mittelplate! Der Beginn der Förderung aus Deutschlands derzeit einziger aktiver Offshore-Erdöllagerstätte jährt sich in diesen Tagen zum 30. Mal. Seit Anfang Oktober 1987 konnte das Mittelplate-Konsortium* 34 Millionen Tonnen Erdöl fördern. Zum Jubiläum ein kleiner Rück- und Überblick über das Projekt.

Bereits seit den 1950er Jahren vermuteten Geologen im Küstengebiet vor Dithmarschen Erdöl. Es folgten erste seismische Messungen, um weitere Daten zu erhalten und die Vermutungen zu untermauern. Mitte der 1960er Jahre findet die Bohrung „Büsum Dogger 1“ Hinweise auf Öl, allerdings sind die angetroffenen Mengen nicht wirtschaftlich förderbar.

Die Bohr- und Förderinsel Mittelplate im September 2008. Foto: Markus Stahmann

Die Ölschocks in den 1970er Jahren unterstreichen das Bewusstsein für heimische Reserven und die Industrie verstärkt Ihre Bemühungen für die den Aufschluss neuer Lagerstätten. Im August 1980 wird schließlich die Aufschlussbohrung „Mittelplate 1“ niedergebracht und findet unter dem Wattenmeer in 2.000 bis 3.000 Meter Tiefe Erdöl.

In den folgenden Jahren finden zwei weitere Aufschlussbohrungen statt, die den Erdölfund bestätigen und eine Lagerstättengröße von 75 Mio. Tonnen Erdöl prognostizieren. Die Lagerstättenbedingungen sind jedoch schwierig und es werden verschiede Studien zum Bauwerk und der Machbarkeit in Auftrag gegeben. Etwa ein Drittel des Öls sollen gewinnbar sein.

Im Sommer 1985 beginnt schließlich, nachdem alle Genehmigungen erteilt wurden, der Bau einer von Spundwänden umgebenen Betoninsel im Watt der Mittelplate rund um die Aufschlussbohrung „Mittelplate 1“.

Bohr- und Pilotphase

Nach Fertigstellung der Insel folgt im Jahr 1986 der Aufbau aller Anlagen, die für die Bohrarbeiten benötigt wurden. Bereits Anfang der 1980er wurde das Offshore-Ölfeld Schwedeneck-See mit der im typischen gelb gehaltenen Bohranlage der Deutschen Schachtbau erschlossen, die nun ihren permanenten Platz auf der Mittelplate findet.

 

Mit extrem weit abgelenkten Bohrungen wird die Lagerstätte Mittelplate auch von Land aus erkundet. Die Bohranlage der KCA Deutag führt Workoverarbeiten an einer der Dieksand-Bohrungen durch. Foto: Markus Stahmann

Nachdem drei abgelenkte Bohrungen fertiggestellt sind, beginnt Anfang Oktober 1987 die Pilotförderung aus der Lagerstätte. Ende 1987 wurde außerdem eine Hilfsbohrung fertiggestellt, die die Wasserinjektion zur Steigerung des Entölungsgrades testen sollte.

Während der Pilotphase soll sich zeigen, ob das Erdöl wirtschaftlich und technisch gewinnbar ist. Außerdem soll sich das Transportkonzept mit Tank-Leichtern in der Praxis bewähren und der Einfluss des Bauwerks auf Flora und Fauna überprüft werden.

Innerhalb eines Jahres konnte so die stolze Summe von 200.000 Tonnen Erdöl gewonnen werden. Bis 1989 wurden die sechs Bohrungen des Pilotprogrammes erfolgreich niedergebracht und das Konzept als bewährt eingestuft. Die Auswirkungen auf Natur und Umwelt halten sich im Rahmen und zeigen, dass Erdöl auch in sensiblen Gebieten umweltfreundlich produziert werden kann.

Ende des Jahres 1991 geht die Pilotphase zu Ende und das Projektkonzept gilt als erfolgreich. Mittelplate konnte beweisen, dass Erdölgewinnung und Umweltschutz vereinbar sind. Insgesamt wurde die erste Million Tonnen Erdöl produziert und die Förderung wird erweitert.

Entwicklung der Mittelplate-Produktion

Die erfolgreiche Pilotphase war der Startschuss für den Ausbau der Ölproduktion. Es wurden neue Bohrungen abgeteuft, die teilweise über eine große Strecke horizontal durch die Lagerstätte führten und so größere Bereiche entölen konnte. Hierfür wurden Mitte der 1990er Jahre auch die Aufbereitungsanlagen erweitert und weitere Bargen für den Öltransport nach Brunsbüttel gebaut.

Seismische Messungen sollten eine bessere Lagerstättenmodellierung ermöglichen, sodass in der Zwischenzeit die Größe der Lagerstätte auf über 100 Millionen Tonnen beziffert werden konnte. Mittelplate festigte damit den Status als größtes und förderstärkstes Ölfeld Deutschlands.

Nach Ende aller Erweiterungen können auf Mittelplate 800.000 Tonnen Erdöl jährlich produziert werden. Eine weitere Erhöhung der Fördermenge ist durch den tiden- und wetterbedingten Abtransport des Öls durch die Spezialschiffe nicht möglich.

Workoverarbeiten auf einer Dieksand-Bohrung im März 2014. Foto: Markus Stahmann

1996/1997 finden erste Schritte zu einer landseitigen Entwicklung der Lagerstätte statt. Hierfür wird 1997 von einem Bohrplatz bei Friedrichskoog aus die Bohrung „Dieksand 1“ niedergebracht, die den Salzstock und die geologischen Gegebenheiten näher erkunden sollte.

Die gewonnen Daten fließen in die Bohrung „Dieksand 2“ ein, die die erste Bohrung darstellt, mit der das Mittelplate-Ölfeld auch von Land aus erschlossen wird. Vom Bohrplatz Dieksand aus werden insgesamt 7 weit abgelenkte Bohrungen mit teils über 9.000 Meter Länge abgeteuft. Die sogenannten Extended-Reach-Bohrungen zählen zu den weltweit am weitesten abgelenkten Bohrungen.

Im Jahr 2000 ist die Landstation Dieksand fertiggestellt, sodass nun auch von Land aus Erdöl produziert wird. Im Jahr 2003 ist die Bohrkampagne von Land aus mit insgesamt sieben Bohrungen abgeschlossen. Diese Bohrungen produzieren eine jährliche Kapazität von etwas mehr als einer Millionen Tonnen Öl im Jahr, sodass im Jahr 2002 erstmals mehr als 2 Millionen Tonnen Erdöl aus dem Mittelplate-Feld gewonnen werden können und kumulativ 10 Millionen Tonnen entölt wurden.

Ausbau der Produktion bedeutet ein neues Inselbild

Nachdem neue Erkenntnisse aus Bohrungen und seismischen Messungen das geologische Modell der Lagerstätte verbessern, geht man davon aus, dass deutlich mehr als die bisher erwarteten 30 bis 35 Millionen Tonnen Erdöl produziert werden können.

Die Bohr- und Förderinsel Mittelplate-A im September 2008. Foto: Markus Stahmann

Dies erfordert allerdings einige Anpassungen an die Insel, weshalb zunächst ein neues Wohnquartier errichtet wird. 2005 geht schließlich die Pipeline-Anbindung zur Landstation Dieksand in Betrieb, die jährlich etwa 2.000 Schiffsbewegungen ersetzt und einige tiden- und wetterunabhängige Produktion ermöglicht. Im selben Jahr wird außerdem eine neue Bohranlage installiert. Markant ist außerdem der neue große Portalkran im Zentrum der Insel, der die bis zu zeitweise drei Kräne auf der Insel ersetzt und sämtliche Bereiche erreichen kann.

Die bei Bentec in Bad Bentheim gebaute Anlage „T-150“ zählt zu den modernsten und leistungsstärksten Bohranlagen Europas und erweitert den Aktionsradius um die Insel um ein Vielfaches. Konnten bisher nur Bereiche in einem Radius von 3.000 Metern um die Insel erschlossen werden, sind mit der neuen Anlage, Bohrungen von etwa 10 000 Metern Länge möglich. Außerdem geht im Jahr 2007 ein neues Logistikzentrum für den Umschlag von Bohrklein in Cuxhaven in Betrieb.

Auch die Landanlagen werden erweitert und an die Kapazitäten der gemeinsamen On- und Offshore-Förderung angepasst und erweitert. Neue Tanks werden errichtet und die Aufbereitung erweitert.

Durch die Erweiterung von Prozessanlagen und die Pipeline-Anbindung lassen sich von Mittelplate etwa 1,5 Millionen Tonnen Öl jährlich produzieren. Dadurch erhöht sich die potentielle Ausförderungsrate, sodass das Öl schneller gefördert werden kann, was letztendlich dazu führen wird, dass im Verhältnis zum früheren Transportkonzept die Insel schneller aus dem Watt zurückgebaut werden kann und somit die Umweltbilanz sich verbessert.

2007 sind 20 Millionen Tonnen Öl gefördert und die Anlagen auf den neusten technischen Standard gebracht. Mittelplate wurde zukunftsfähig erweitert und produziert jetzt etwa 2 Millionen Tonnen Öl jährlich. Bedingt durch den natürlichen Förderabfall stellt sich innerhalb der nächsten Jahre eine Plateauförderung von etwa 1,4 Millionen Tonnen jährlich im On- und Offshoreverbund ein.

High-Tech in 3.000 Metern Tiefe

Während in den sogenannten Nullerjahren die Optik der Insel sich verändert hat und die Anlagen zukunftsfähig gemacht wurden, findet immer mehr High-Tech Einzug in die Bereiche der Lagerstätte. Über eine sogenannte Duo-Komplettierung werden zum Beispiel zwei voneinander  getrennte Formationen entölt. Mit der „Mittelplate-A23“ wurde die erste Multilateralbohrung in einer Deutschland Lagerstätte durchgeführt.

Die Bohr- und Förderinsel Mittelplate im schleswig-holsteinischen Wattenmeer im März 2014. Foto: Markus Stahmann

Bei dieser Technik wird zunächst ein Loch bis in die Lagerstätte, im Fall der „A23“ 4.000 Meter, gebohrt um anschließend mehrere weitere Äste aus dem Hauptloch zu bohren, mit denen verschiedene Lagerstättenteile angesteuert werden können. Dadurch kann Bohrzeit eingespart werden, da man bereits ein fertiges Bohrloch hat. Außerdem spart man sich so auch die vorbereiteten Slots, auf Mittelplate 44, für potentielle Bohrungen auf.

Da der Bereich im direkten Umfeld der Insel bereits weitestgehend erschlossen ist, werden weiter entfernte Lagerstättenteile interessanter, sodass Bohrungen Längen von 6.000 Metern und mehr erreichen. In Kombination mit Duo- und Multilaterial-Technik lässt sich das Erschließungskonzept ebenfalls optimieren.

Optisch wurde 2010 der Bohrturm eingerüstet, sodass weniger Lichtemissionen entstehen und die Mitarbeiter mehr Schutz vor der Witterung haben. Ein Jahr später wurde das Beleuchtungskonzept der Insel optimiert, sodass weniger Licht abgegeben wird. 2012 wurde dem verstärkten öffentlichen Interesse durch Eröffnung eins Informationsangebotes in Friedrichskoog Rechnung getragen, sowie eine neue Landbasis für die Inselversorgung in Cuxhaven eröffnet.

2014 bot sich den Feriengästen und Einwohnern für einige Monate wieder ein Bild, was sie zuletzt vor 12 Jahren hatten: Eine Bohranlage auf dem Betriebsplatz in Dieksand. Hier wurden zwei Bohrungen aufgewältigt und auf neue Horizonte komplettiert.

Gegenwärtig laufen Planungen, um die südlich gelegenen Lagertättenteile zu erschließen. Da hier Bohrlängen von mehr als 9.000 Metern zu erreichen sind, gelten auch diese Bohrungen als technisch anspruchsvoll.

Mittelplate von Cuxhaven aus gesehen im Juni 2017. Foto: Markus Stahmann

Ölförderung hat Zukunft

Es wird also nicht nur bei diesen 30 Jahren Ölförderung bleiben. Mittelplate bietet insbesondere im Südteil noch Potentiale und Geologen vermuten noch weitere Reserven im Wattenmeer. Hierfür gibt es Pläne für Probebohrungen an vier Stellen im Wattenmeer, die die Reserven nachweisen sollen. Eine Förderung und Erschließung würde nur von Land, bzw. von Mittelplate aus geschehen.

Von den bisher über 100 Millionen Tonnen Erdöl wurden 34 Millionen Tonnen bis heute gefördert. Bisher geht man von weiteren gewinnbaren 20 Millionen Tonnen Erdöl aus. Mittelplate ist also nicht nur die förderstärkste Lagerstätte, sondern auch die mit den mit Abstand größten Potentialen.

Mit Mittelplate hat das Konsortium bewiesen, dass Erdölproduktion und Umweltschutz in einem ökologisch und touristisch geprägten Gebiet vereinbar sind. Auf Mittelplate wurden weltweit Standards gesetzt und es hat in vielen Fällen Vorbildcharakter und steht in vielerlei Hinsicht für die Innovationen der Bohr- und Fördertechnologie.

An dieser Stelle bleibt uns nur noch dem Konsortium* alles Gute zum 30-jährigen Jubiläum zu wünschen und weiterhin einen sicheren und störungsfreien Betrieb zu wünschen!

* Das Mittelplate-Konsortium besteht aus den Unternehmen DEA Deutsche Erdöl AG sowie der Wintershall Holding GmbH