Erdgasbohrung Völkersen Z12 – Bürgerinitiative erhöht Druck auf Politik
Zuletzt berichteten wir über Bohrvorhaben auf Erdöl und Erdgas in Trinkwasserschutzgebieten der Kategorie 3 bzw. gegen Protest dagegen. Unter anderem befassten wir uns im Beitrag Erdöl-Erdgasgewinnung und Trinkwasserschutz im Interessenkonflikt? auch mit der geplanten Erdgasbohrung „Völkersen Z12“, welche in einem solchen Schutzgebiet angesetzt werden soll. In diesem Artikel legten wir dar und belegten gleichzeitig, dass Erdgas- oder auch Erdölgewinnung in Wasserschutzgebieten durchaus vereinbar ist. Doch die organisierte Gegnerschaft einer heimischen Kohlenwasserstoffgewinnung interessieren Tatsachen kaum. Stattdessen erhöhen sie weiter den Druck auf die Politik.
„Breites Bündnis“ gegen Gasförderung im Landkreis Verden
Aufgrund hoher Benzolbelastungen im unmittelbaren Umfeld von Teilen des Lagerstättenwasser- (LaWa) – Transportsystems im Einklang keimte 2011/2012 der erste Widerstand gegen die seit fast 20 Jahren stattfindende Erdgasförderung im Landkreis Verden auf. Unterstützt wurde der Widerstand durch dramatisierende und skandalisierende Berichterstattung über das Fracverfahren („Fracking“) sowie über den Vorfall. Eine sich gründende Bürgerinitiative (BI) gab sich dementsprechend den Namen „No Fracking“. Zwar hatte der Vorfall nichts mit dem Verfahren zu tun, aber Massenmedien suggerierten diesen und Teile der Bevölkerung glaubten ungeprüft, was ihnen In Bild und Ton oder in Textform präsentiert wurde.
Der tatsächliche Umweltschaden war gering, da lediglich das unmittelbare Umfeld des Leitungssystems (1 bis 2 Meter herum) und nur in wassergesättigten Bereichen betroffen war. Dennoch wurde die Angelegenheit so aufgebauscht, dass landwirtschaftliche Produkte nicht mehr abgenommen wurden. Dabei haben Tests ergeben, dass Pflanzen völlig unbelastet waren. Landwirte, die sich am Aktionismus der BI beteiligt haben, hatten sich damit seinerzeit wirtschaftlich selbst ins Knie geschossen.
Aber auch der Betreiber der Lagerstätte Völkersen/Völkersen-Nord hatte einen ökonomischen Schaden zu verzeichnen. Der Rückbau des LaWa-Transportsystems sowie die Sanierungsmaßnahmen schlugen mit etwa 20 Millionen € zu Buche. Dieser Betrag ist für eine für die Lagerstätte typische ca. 5.000 Meter Neubohrung anzusetzen. Gravierender dürfte für den Betreiber (damals RWE-DEA, heute mit neuem Eigentümer unter DEA Deutsche Erdöl AG firmierend) jedoch der Imageschaden sein.
Als schließlich noch Erdbeben, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit der Erdgasförderung stehen, hinzukamen, erhöhte sich der Druck auf die Politik, zumal nach eigener Aussage der Bundestagsabgeordnete Andreas Mattfeldt (CDU) selbst von einem leichten Schaden an seinem Wohnhaus betroffen war. Mattfeldt forderte vor einigen Wochen das komplette Verbot der Erdgasgewinnung in „verdichteten Siedlungsräumen“. Mit dieser Forderung haben wir uns im Artikel MdB Mattfeldt (CDU) fordert Quasi-Verbot von Erdgasförderung in Deutschland kritisch auseinandergesetzt.
St. Florians- oder NIMBY-Mentalität
Bereits durchsetzen konnten sich die BI-Aktivisten hinsichtlich der Versenkung von salzhaltigem sowie Schadstoffe enthaltenden LaWa in bereits nicht nutzbares salzwasserführende Gesteinsschichten in ca. 1.000 Metern Tiefe. Sie „befürchten“ eine „Verseuchung“ des durch hunderte Meter mächtige wasserdichte Barrieren getrennten darüberbefindlichen Süßwassers. Wie spezifisch schwereres Salzwasser über hunderte Meter durch diese hydraulischen Sperren in Süßwasser aufsteigen soll, vermochten die Aktivisten bislang nicht plausibel zu erklären. Doch ihre jeglichen unverhandelbaren Naturgesetzen widersprechenden Befürchtungen genügen offenbar, die Politik zu beeindrucken. Um weiteren Imageschaden entgegenzuwirken, verzichtete 2012 RWE-DEA bereits freiwillig auf die Versenkung von LaWa mittels der Bohrung „Völkersen H1“ in einem Wasserschutzgebiet Kategorie 3 (Kategorie mit der geringsten Anforderung hinsichtlich des Trinkwasserschutzes). Unmittelbar neben dieser Bohrung soll die Völkersen Z12 angesetzt werden, um die sich dieser Artikel im Kern dreht.
Im Wesentlichen ist der Widerstand gegen die Erdgasförderung nicht nur im Landkreis Verden, wo sich bereits ein „breites gesellschaftliches Bündnis“ aus den drei Fraktionen des Kreistages, mehreren Bürgermeistern, beiden Kirchen, dem Landvolk, dem Naturschutzbund, „Haus und Grund“ (Anm. des Verfassers: Eigentümerschutzgemeinschaft von Immobilieneigentümern) sowie sechs Bürgerinitiativen gegen Gasförderung zusammensetzt (Quelle: Wie sich Verden der Erdgasförderung entgegen stellt), nach Ansicht des Verfassers mit dem sogenannten St.-Floriansprinzip, auch bekannt als „Not in my backyard“ – Nicht in meinem Hinterhof – Mentalität zu begründen. Die allgemeingesellschaftlichen Vorteile (Gewerbesteuern, Förderabgabe, gut bezahlte Arbeitsplätze, Verringerung der Importabhängigkeit…) der Erdgasförderung werden ignoriert und nur der eigene Vor- oder Nachteil betrachtet. Egoismus pur!
Bis zu einem gewissen Grade nachvollziehbar ist die Kritik aufgrund der vergleichsweise häufigen Erdbeben, da diese zum Teil leichte Gebäudeschäden hervorgerufen haben. Doch diese werden reguliert und auch wenn es nur ein schwacher Trost für den Eigentümer ist, überwiegen die volkswirtschaftlichen Vorteile bei weitem den individuellen Schaden.
Auf völliges Unverständnis stößt beim Verfasser nach wie vor die Ablehnung aufgrund irgendwelcher Befürchtungen. Diese entbehren regelmäßig jeglicher Grundlage und widersprechen, wie weiter oben dargelegt, sogar Naturgesetzen. Daher wirken die Befürchtungen (Trinkwasser-, Umwelt- sowie Gesundheitsschutz) nur als vorgeschoben. Tatsächlicher Hauptgrund ist die Furcht vor Wertverlusten des Eigentums. Die Gegner sollten den Mut aufbringen, das so zu kommunizieren anstatt irgendwelche Ängste vorzuschieben. Letztlich sind es diese in die Öffentlichkeit getragenen Befürchtungen, welche zum Wertverlust führen.
Denn wer will schon eine Immobilie im Grünen erwerben, wenn er Medien entnimmt, dass die dortige Bevölkerung Trinkwasser-, Umwelt- sowie Gesundheitsschäden „befürchtet“? Die Aktivisten sollten sich darüber im Klaren werden, dass ihre permanente Heraufbeschwörung angeblicher Gefahren zum Wertverlust ihres Eigentums mitbeiträgt. Ausgenommen davon sind die Erdbeben, aber auch hier ließe sich nach Meinung des Verfassers eine einvernehmliche Lösung finden, wenn man doch nur wolle. Doch glauben die Aktivisten ernsthaft, dass sie mit ihren permanenten Attacken (im Falle der „Völkersen Z12“ auf die DEA)und ihrer Kompromisslosigkeit eine Lösung herbeiführen können?
Bohrvorhaben „Völkersen Z12“ im Fokus des Widerstandes
Während die zuletzt aus bestehenden Bohrungen erfolgten Ablenkungen auf unerschlossene Lagerstättenteile im Feld Völkersen/Völkersen Nord von spezifischem Widerstand unbehelligt blieben, verhält es sich mit der geplanten Neubohrung „Völkersen Z12“ anders. Diese soll in unmittelbarer Nachbarschaft der Produktionsbohrung „Völkersen Z4“ sowie der außer Betrieb genommenen LaWa-Versenkbohrung „Völkersen H1“ abgeteuft werden. Wie bereits erwähnt befindet sich die Neubohrung wie auch die beiden zuvor genannten im Trinkwasserschutzgebiet „Panzenberg“ in der Schutzzone Kategorie 3.
Um diese Bohrung zu verhindern, üben Aktivisten aus dem Landkreis Verden sowie dort beheimatete Politiker Druck auf die Landesregierung Niedersachsens aus . Wobei das mit „Aktivisten aus dem Landkreis Verden “ nicht korrekt ist. Auf dem Foto zum Artikel, auf den sich hier bezogen wird, ist der omnipräsente Andreas Rathjens aus dem Landkreis Rotenburg zu sehen. Aufgrund seiner Omnipräsenz, u.a. auch in Medienberichten und dort oft unabhängig vom Ort des Geschehens als „Anwohner“ bezeichnet, hat Rathjens von uns nicht von ungefähr den Spitznamen „Überall-Anwohner“ erhalten.
Doch zurück zum Thema: Die Aktivisten und Lokalpolitiker fordern laut Kreiszeitung-Artikel Gesprächsergebnis: Minister machen Druck auf die Dea von Umweltminister Lies (SPD, im vorangegangenen Kabinett noch Wirtschaftsminister) das absolute Verbot von Bohrungen auf Erdöl und Erdgas in Trinkwasserschutzgebieten der Kategorie 3 (in den Kategorien 1 und 2 aus sachlichen Gründen zu Recht nicht genehmigungsfähig). Diese Forderung, begründet mit dem Scheinargument „Es seien immer technische Risiken gegeben, dauerhafte Sicherheit auch in vielen Jahren noch könne nicht gewährleistet werden. “
Diese Argumentation auf sämtliche Bereich ausgedehnt, müsste so ziemlich alles verboten werden. Der Kabarretist und Physiker Vince Ebert hat in der Handelsblatt-Kolumne diese unbegründeten Ängste auf die Schippe genommen: Wie viel Naturwissenschaft braucht die Zukunft?. Und wir haben mit einem bereits in der Einleitung erwähnten und verlinkten Artikel dargelegt, dass es keine sachlichen Gründe für ein solches Verbot gibt.
Ob es nun dem Redakteur der Kreiszeitung oder dem den Trinkwasserverband Verden vetretenden Bürgermeister Lutz Brockmann anzulasten ist, die elsterkaltzeitliche Rinnenstruktur „Rotenburger Rinne“ tatsachenwidrig in ihrer Gesamtheit als „Trinkwasserreservoir“ zu bezeichnen, sei dahingestellt. Fakt ist, dass die „Rotenburger Rinne“ nur in Teilen als Trinkwassergewinnungsgebiet geeignet ist und diese Teile von Einzugsgebietsgrenzen voneinander getrennt sind. Fakt ist, dass solche Darstellungen Zeugnis darüber ablegen, dass verbreitete Unkenntnis über doch so wichtige geologische Gegebenheiten verbreitet ist.
Freiwillige zusätzliche Sicherungsmaßnahme in der „Völkersen Z12“
Trotz dieser Unzulänglichkeiten geben Lies und Kollege Althusmann (CDU, Ressort Wirtschaft) dem Druck der Aktivisten sowie der in der Region beheimateten Politiker nach und üben ihrerseits Druck auf die DEA aus. Sie fordern jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrend eine aufwendige und kostspielige Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) seitens der DEA. Dabei kommt das gesetzlich erforderliche Genehmigungsverfahren, insbesondere vor dem Hintergrund der 2017 erfolgten Gestzesverschärfungen, einer solchen UVP nahzu gleich.
Dennoch hat sich DEA dazu entschlossen, entgegen der gesetzlichen/vorschriftsmäßigen Anforderungen eine zusätzliche Schutzbarriere im Bereich der zur Trinkwassergewinnung geeigneten Schichten einzubauen. Damit existierten in diesem Bereich insgesamt fünf (!) voneinander unabhängige Barrieren, die den Grundwasserkörper vom Bohrloch isolieren. Ein leicht verständliches Verrohrungsschema sowie weitere interessante Erläuterungen dazu gibt es auf der DEA-Seite Integrität der Bohrung nachzulesen.
Die eingefleischten Gegner wird diese freiwillige zusätzliche Schutzmaßnahme sicherlich nicht von ihren Zweifeln befreien, eventuell jedoch den ein oder anderen Zweifler des Vorhabens „Völkersen Z12“.