NDR über Methanemissionen Teil III – Erfüllungsgehilfe von „Gegen Gasbohren“-Bürgerinitiativen?

Erdgasförderung und Fracking im Landkreis Rotenburg. Gefracte Bohrung Preyersmühle-Süd Z1

Im ersten Teil der kleinen Serie konzentrierten wir uns vordergründig darauf, dass in der NDR-Berichterstattung über eine Forschungsarbeit zu Methanemissionen in der Nordsee im Umfeld von Tiefbohrungen falsche, teils aus der Luft gegriffene Zahlen, verwendet worden sind. Darüber hinaus kritisierten wir die unsachliche Dramatisierung der global betrachtet vernachlässigbaren Austritte des „klimawirksamen“ Stoffes. Im zweiten Teil äußerten wir uns kritisch zur nichterfolgten sachlichen Einordnung der Emissionen und verwiesen zudem auf natürliche Methanquellen sowie auf solche im Rahmen der „Ökostrom“-Produktion. Im abschließenden dritten Teil wollen wir u.a. darstellen, wie der NDR/die ARD wiederholt als Erfüllungsgehilfe für „Gegen Gasbohren“-Bürgerinitiativen sowie Umweltlobbygruppen fungiert und sich als Einwerber von Forschungsgeldern aufspielt.

Geringe Methanemissionen zum „Klimakiller“ aufgebauscht

Erdgassammel- und Verdichterstation Staffhorst. In geringen Mengen anfallendes, nicht verwertbares Methan wird über eine Fackel verbrannt. Foto: Steven Arndt (November 2017)

Bereits die Anmoderation des ARD-„Plusminus“-Beitrages ist kaum als seriös anzusehen. Die diesjährigen nicht außergewöhnlich schweren Herbststürme werden mit „dem Klimawandel“ in Verbindung gebracht. Zumindest wird unterstellt, dass einige Menschen einen Zusammenhang sehen. Dass dem so ist, steht außer Frage, ist aber jedoch als Folge permanenter medialer Panikmache zu bewerten, die diesen Zusammenhang suggeriert. Mitverantwortlich für „den Klimawandel“ (gemeint ist die gestiegene Durschnittstemperatur der Erdatmosphäre um ca. 1 K in den vergangenen 150 Jahren) wird auch Methan gemacht. Und um diesen Stoff dreht sich der „Plusminus“-Beitrag.

Aber nicht nur um den Stoff, sondern auch um unnatürliche Quellen im Zusammenhang mit der Erkundung von Erdöl und Erdgas und deren Gewinnung geht es. Als Aufhänger dienen teils mehr als fünf Jahre alte Werbefilmchen, die Erdgas als sauberen und vergleichsweise CO2-armen fossilen Energieträger preisen. Doch das will die verantwortliche Autorin nicht gelten lassen. Neben den in Teil I und II unserer Serie diskutierten Methanemissionen wird eine Methanquelle in der Nordsee vorgestellt, die Folge einer Erkundungsbohrung auf Erdöl oder Erdgas ist und seit 27 Jahren das Gas aus einem flachen durchörterten Vorkommen ausstößt. Abgesehen von der Absurdität, einen Werbefilm mit einem mehr als zwei Jahrzehnte alten Einzelvorfall gegenüberzustellen, ist abermals die Dramatisierung dieses Vorfalls zu kritisieren.

Laut Bericht sollen jährlich 25.000 Tonnen Methan aus dem angebohrten Shallow-Gas-Vorkommen ausströmen. Das entspricht 625.000 Tonnen CO2-Äquivalent (CO2e). Eine absolut vernachlässigbare Menge gegenüber 32 Milliarden Tonnen globalen CO2-Austoßes 2016. Zu den anschließend angesprochenen Methanemissionen in der Nordsee rund um ehemalige Bohrlöcher haben wir uns bereits ausführlich in Teil I und II geäußert. Sachlich gesehen sind diese Emissionen anders als im Film behauptet, kein Problem für das Klima.

Wissenschaftliche Erkenntnisse erschrecken Solarlobbyistin

Nicht Erdgasfeld Behringen, sondern Langensalza

Seit ca. 60 Jahren aktiv: Erdgasbohrung Langensalza 2 im Thüringer Becken. Foto: Steven Arndt (2016)

Wie für solche Berichte üblich, wird irgendein Politiker mit dem Forschungsergebnis konfrontiert. Nach welchen Kriterien die Auswahl getroffen wird, bleibt intransparent. Im konkreten Fall fiel die Wahl auf die SPD-Bundestagsabgeordnete Nina Scheer. Beim Namen Scheer wird jeder, der sich für deutsche Energiepolitik interessiert, hellhörig. Nina Scheer ist die Tochter des verstorbenen SPD-Politikers Hermann Scheer, einem der Mitinitiatoren des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) sowie Mitbegründer des Photovoltaik-Lobby-Verbandes „Eurosolar“. Es ist zwar reine Spekulation, aber vielleicht erhofft sich die Autorin Höber bei Hinzuziehung von Nina Scheer den „Solarpreis für persönliches Engagement“.

Schließlich ist Scheer Jurymitglied und Höber wäre nicht die erste Journalistin des öffentlich-rechtlichen und somit eigentlich zur Neutralität verpflichteten Rundfunks, welche diesen Preis einheimst. Ihr WDR-Kollege Jürgen Döschner, der regelmäßig gegen die „Lobby“ der fossilen Energieträger sowie gegen die Kernkraft polemisiert und dabei auch mal über Anstandsgrenzen hinausschießt, wurde diese vermeintliche Ehre bereits zuteil.

Erwartungsgemäß hat Scheer nichts Substantielles zur Sache beizutragen und fordert eine Verteuereung von Elektroenergie, die aus fossilen Energieträgern, hier Erdgas, erzeugt wird um sage und schreibe 11 €-cent/kWh. Schließlich würde dieser Betrag von wem auch immer berechnete „Klimafolgekosten“ rechtfertigen. Und wem es nicht schon bis hierher klar ist, dem fielen spätestens jetzt die Schuppen von den Augen. Sinn und Zweck des Beitrages ist es nicht, die durchaus nicht uninteressanten Forschungsergebnisse darzustellen, sondern Stimmung gegen die (inländische) Erdgasindustrie zu machen. Das wird im weiteren Verlauf des Films deutlich, wenn „Gegen Gasbohren“-Aktivisten hinzugezogen werden und ihnen das Wort geredet wird.

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk als Erfüllungsgehilfe von „Gegen Gasbohren“-Aktivisten

Erdgasbohrung Preyersmühle-Süd Z1. Foto: Steven Arndt (April 2017)

Halten wir an dieser Stelle noch einmal fest, dass es ursprünglich um Methanemissionen aus dem Umfeld von Tiefbohrungen auf Erdöl und Erdgas in der Nordsee ging. Doch wie bereits in den vorangegangenen Teilen der Serie haben wir darauf aufmerksam gemacht, dass plötzlich zu mutmaßlichen, also unbelegten, Methanemissionen aus dem Inneren von Bohrungen umgeschwenkt worden ist und dabei insbesondere solche auf dem Festland thematisiert wurden. Im „Plusminus“-Beitrag wird dem noch eins draufgesetzt, indem darüber spekuliert wird, dass aus den eigentlichen Lagerstätten schädliche Substanzen wie aromatische Kohlenwasserstoffe (u.a. Benzol) aufsteigen könnten. Das dies eine reine Mutmaßung ist, gesteht die interviewte Wissenschaftlerin Dr. Lisa Vielstädte ein, indem sie den Konjunktiv verwendet.

Dennoch wird ein weiterer Schwenk vollzogen, und zwar auf Benzol. Dazu dürfen dann auch sogenannte „Anwohner“ eines deutschen Erdgasgewinnungsgebietes zu Wort kommen. „Sogenannte“ deshalb, weil mit dem in NDR-Beiträgen zum Thema Erdgasförderung omnipräsenten Andreas Rathjens aus Groß Meckelsen sowie dem namentlich erwähnten Tobias Koch (SPD), stellvertretender Bürgermeister von Fintel, zwei Personen gezeigt werden bzw. zu Wort kommen, die anders als im Bericht behauptet NICHT in Fördergebieten leben. So wie im Zusammenhang mit dieser Geschichte vom NDR bereits dramatisch überhöhte Zahlen ins Spiel gebracht wurden, die entweder dem Forschungsbericht widersprechen oder gar aus den Fingern gesogen worden sind, so werden Personen abermals zu „Anwohnern“ gemacht, die in Wahrheit keine sind. Oder anders ausgedrückt: Der Gebührenzahler wird schlichtweg belogen!

Dass überhaupt über Benzolemissionen gemutmaßt wird, ist offenbar damit zu begründen, dass das  Thema „erhöhte Blutkrebserkrankungen in der Samtgemeinde Bothel“ am Köcheln gehalten werden soll, trotz fehlender neuer Erkenntnisse sowie bisheriger Erkenntnisse, die die These, die regionale Erdgasproduktion sei verantwortlich, nicht stützen. Dazu zählen u.a. auch Langzeitluftuntersuchungen aus den Jahren 2012 sowie 2015/2016, die jedoch, insbesondere letztere, von den „Gegen Gasbohren“-Aktivisten in Frage und vom Kommentator des „Plusminus“-Beitrages gar ins Lächerliche gezogen werden.

Offizielle Messkampagne wird im Sinne der „Gegen Gasbohren“-Aktivisten in Frage gestellt

Bohranlage T-208 der KCA Deutag teuft die Erdgasbohrung Staffhorst Nord Z2b ab. Foto: Markus Stahmann

Um den Mutmaßungen der Opponenten der regionalen Erdgasförderung zu begegnen, dass diese für die erhöhten Blutkrebserkrankungen ausschließlich bei älteren Männern verantwortlich sei, wurde im Auftrag des zuständigen Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (im Beitrag immer etwas sinnentsctellend als „Landesbergamt“ bezeichnet), kurz LBEG eine mehrmonatige Kampagne zur Ermittlunge etwaiger Schadstoffimmisionen durchgeführt.

Im Beitrag wird kritisiert, dass dazu nur ein Messpunkt installiert worden ist, wo es doch über 20 Erdgasbohrungen in dem Gebiet gäbe. So habe es, oh „Wunder“, keinen Nachweis erhöhter Schadstoffimmisionen ergeben. Dass die Messstation im Zentralteil des Erdgasfeldes aufgebaut gewesen ist und das über Monate hinweg, wird verschwiegen. Denn wenn es signifikante Immisionen infolge der Erdgasproduktion gäbe, wo wären sie am ehesten nachzuweisen? Richtig! An einem zentralen Punkt innerhalb des Förderfeldes. Was ebenfalls verschwiegen wird ist, dass es neben der neunmonatigen Messkampagne über den zentralen Messpunkt zusätzlich Intensivmessungen während Fackeltätigkeiten durchgeführt worden sind. Über all das sowie über eine bereits 2012 erfolgte Langzeitmessung mit mehreren Stationen kann beim LBEG HIER sowie HIER informieren, so man es denn will. Alexa Höber wollte es offensichtlich nicht, ebenso wie sie offensichtlich nicht bestrebt war, sich mit dem Konzept dieser Messkampagnen auseinanderzusetzen.

Stattdessen ist (zur Bestätigung der eigenen Vorurteile bzw. der der Aktivisten?) ein Wissenschaftler mitsamt Team  der Bremer Universität konsultiert worden. Dieser konnte mittels Befliegung Methanemissionen über einem kalifornischen Erdölfeld nachweisen, wobei natürlich unklar ist, ob diese tatsächlich aus den Bohrlöchern selbst stammten, was nach mehrfachen Schwenks Thema des „Plusminus“-Beitrages wurde, oder einer unzureichenden Feldesinfrastruktur (Leckagen an obertägigen Transportsystemen).

Tatsächlich muten die folgenden Filmminuten wie ein Werbefilmchen für das benannte Institut der Universität Bremen an. Doch kann das Aufgabe einer öffentlich-rechtlichen Sendeanstallt sein einerseits offizielle Messungen im Auftrag einer Behörde zu diskreditieren und andererseits die Methodik eines auf Drittmittel angewiesenen Hochschulinstituts zu bewerben?

Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in personae NDR sowie Muttergesellschaft ARD abermals das Thema Erdgasförderung in Deutschland zu skandalisieren versuchten. Dabei bediente sich die verantwortliche Autorin zunächst einer Forschungsarbeit zu Methanemissionen in der Nordsee, die primär mit der eigentlichen Produktion von Erdgas überhaupt nichts zu tun hat. Im Ergebnis wurde schließlich das Thema erhöhte Blutkrebserkrankungen bei älteren Männern in der Samtgemeinde Bothel im Sinne der „Gegen Gasbohren“-Aktivisten wieder aufgekocht. Dabei hat es mit dem eigentlichen thematischen Aufhänger nichts zu tun und nur über diverse abwegige Schwenks gelang es Frau Höber einen Zusammenhang zu konstruieren oder besser gesagt zu suggerieren. Doch von diesem seltsamen journalistischen „Talent“ sollte der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Sinne seiner Aufgabe, sachlich und neutral zu informieren, Abstand nehmen. Er sollte weder Erfüllungsgehilfe für „Gegen Gasbohren“-Aktivisten sein oder sonstige NGO noch sollte er unkritisch über Wirtschaftsuntenehmen berichten. Die goldene Mitte machts!

 

Artikelfoto: Erdgasbohrung Preyersmühle-Süd Z1. Foto: Steven Arndt (April 2017)

 

 

Ein Kommentar zu NDR über Methanemissionen Teil III – Erfüllungsgehilfe von „Gegen Gasbohren“-Bürgerinitiativen?

  • Dirk Weißenborn sagt:

    Frau Höber erschien schon in einem anderen Zusammenhang als ziemlich „neben dem Thema liegend“.

    Hier der Link:

    https://tinyurl.com/y7cefovw

    Als Auszug daraus sei das folgende Zitat angefügt:

    „Die Auslieferung von radioaktiven Medikamenten mit Castor-Transporten zu vergleichen, ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten“, sagte dazu Karolin Riehle, Sprecherin des Pharmazieunternehmens. „Alexa Höber, die zuständige Redakteurin, spielt in ihrem Beitrag unbekümmert mit den Ängsten von Anwohnern und der Versorgungssicherheit von Patienten. Zudem werden Eltern von ihr grundlos in Aufregung versetzt. Selbstverständlich geht vom Betrieb der Eckert & Ziegler Nuclitec GmbH und der Auslieferung von Medikamenten weder für Anwohner noch für Mitarbeiter eine Gefahr aus. Im Gegenteil, sie helfen zu heilen“.

    Wer ist wohl „profitgieriger“? Die Kohlenwasserstoffindustrie oder Frau Höber?

    Die Höhe der Profite ist bei der Beantwortung dieser grundsätzlichen, ethischen Frage zweitrangig.

    Keine Frage, die Erdöl- und Erdgasindustrie in Deutschland ist auf dem Weg in Richtung „Auslaufmodell“. Weder die erschließbaren Ressourcen noch die politische Grundtendenz lassen einen anderen Schluss zu.

    Egal wie, Frau Höber wird fein raus sein. In 20 Jahren kann sie sich dann Reportagen zu den „umweltschädlichen“ Auswirkungen des Lithiumabbaus für die Akkus der Elektrofahrzeuge widmen. Eventuell im Nachbarland Tschechien oder in Chile. Ob Sie dort allerdings auf soviele freiwillige Helfer unter der Bevölkerung wie in Teilen Niedersachsens stützen können wird, bleibt zweifelhaft.

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