RWE-Dea stellt neues Lagerstättenwasserentsorgungskonzept vor – Bürgerinitiativen lehnen ab
Lagerstättenwasser (LaWa) ist eine natürliche Komponente von Ergaslagerstätten. Es besteht im wesentlichen aus Wasser sowie gelösten Salzen, deren Konzentration in Abhängigkeit der Lagerstätte stark schwanken kann und in der hier relevanten Rotliegend-Formation die Sättigungsgrenze von ca. 260 g/l erreicht. Außerdem kann LaWa, wiederum in Abhängigkeit von der Lagerstätte, höhere Kohlenwasserstoffe, darunter auch Benzol, sowie Schwermetalle enthalten (Quelle: LBEG – Häufig gestellte Fragen und RWE-Dea).
1. Vorbemerkungen
Versenkbohrung für Lagerstättenwasser in der Altmark ©chef79Allein aufgrund des extrem hohen Salzgehalt von 26 %, der die durchschnittliche Konzentration von Ozeanwasser von 3,5 % erheblich übersteigt, ist eine Aufbereitung im Klärwerk oder gar eine Entsorgung über Vorfluter nicht praktikabel und im zweiten Fall aus ökologischen Gründen abzulehnen.
Deshalb ist es in der Erdöl-/Erdgasindustrie Deutschlands gängige Praxis, das anfallende LaWa wieder in den Untergrund zu versenken. An dieser Stelle soll sich auf die Entsorgungspraxis im Rotliegend-Gasgürtel, der sich von der westlichen Altmark bis nach Bremen erstreckt, beschränkt werden und dabei speziell auf den Raum Rotenburg/Verden, in dem RWE-Dea zahlreiche Erdgasfördersonden betreibt.
Dort wird bislang ausschließlich der sogenannte Kalkarenit im Maastricht, der obersten und damit jüngesten Stufe der Oberkreide (GeoDataZone), als Versenkhorizont genutzt. Das geht aus einer Pressemitteilung des niedersächsichen Wirtschaftsministeriums vom 09.11.2012 hervor. Der Kalkarenit erstreckt sich demnach über ein großflächiges Gebiet im Bereich des Städtedreiecks Soltau-Rotenburg/Wümme-Verden bzw. darüber hinaus in einer Teufe von ca. 1.000 Metern. Die Versenkung des LaWa in diese Gesteinsschicht erfolgte bis etwa 2011 unbehelligt und zudem bis heute problemlos. Dennoch wird seit 2011 über diese bewährte Entsorgungspraxis kontrovers diskutiert.
Hintergrund ist, dass im Zuge der aufkeimenden „Fracking“-Diskussion ein fast abgeschlossener Sanierungsfall an einer LaWa-Leitung im Erdgasfeld „Söhlingen“, betrieben von ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG) vom NDR in einem unsachlichen dramatisierenden Beitrag zum Umweltskandal aufgebauscht worden ist. Weitere Untersuchungen nach Anweisung des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) ergaben an manchen LaWa-Leitungen ebenfalls Austritte von Benzol (und nicht von „giftigem Wasser“, wie der NDR „herausgefunden“ haben wollte). Die größten Konzentrationen wurden dabei an Teilabschnitten des LaWa-Leitungssystems im Bereich der Erdgaslagerstätte „Völkersen“, betrieben von RWE-Dea, festgestellt.
Aufgrund der unsachlichen und falschen Berichterstattung insbesondere des NDR sowie der Mutteranstalt ARD wurde die problemlose Entsorgungspraxis der Versenkung, die nur indirekt mit dem Transport in ungeeigneten Rohren im Zusammenhang steht, Kernziel der Gegner inländischer Erdgasgewinnung. In der Folge arbeiteteten dann sogar die Öffentlich-Rechtlichen Sender mit den BI eng zusammen und verunsicherten die breite Öffentlichkeit erfolgreich mit falschen Behauptungen, wie der Beitrag (man beachte den sachlichen Titel!) „Giftige Gasgewinnung – Fracking“ aus der ARD-Reihe „W Wie Wissen“ eindrucksvoll unterstreicht. Von „fatalen Entsorgungspannen“ ist da die Rede, obwohl kein Mensch, kein Tier und keine Pflanze durch die Entsorgung des LaWa geschädigt worden ist, auch wenn zum Ende des Beitrags des „Wissensmagazins“ Gegenteiliges behauptet wird. Das nichts und niemand durch die LaWa-Versenkung geschädigt wurde, ist keine Verharmlosung, dass ist einfach ein Fakt!
Aufgrund des Drucks lokaler BI-Vertreter in fast symbiontischer Zusammenarbeit mit lokalen sowie regionalen Medien sah sich die Industrie mit der Aufgabe konfrontiert, alternative Entsorgungswege für das LaWa zu finden, obwohl die gängige Praxis der Versenkung in den Kalkarenit zu keinerlei Problemen geführt hat. Ebenso wie beim Hydraulic Fracturing genügt hier einfach die Befürchtung, dass etwas geschehen könnte. Dazu werden Szenarien entwickelt, die jeglicher naturwissenschaftlicher Logik entbehren, wie z.B. der Aufstieg des versenkten LaWa aus dem Versenkhorizont in süßwasserführende Grundwasserleiter sowie der Aufstieg über Altbohrungen. Schlüssige Erklärungen, wie das geschehen soll, bleiben dabei aus. Dabei sind in der betrachteten Region überhaupt keine Solequellen bekannt, die die Kommunikation von tieferen salzwasserführenden Schichten mit oberflächennahen Schichten belegen.
Besonderem öffentlichem Druck sieht sich bei dem Umgang mit dem LaWa offenbar die RWE-Dea im Bereich Völkersen ausgesetzt. Das ist sicherlich mit dem vergleichsweise großen Benzolaustritt am bereits entfernten LaWa-Leitungssystems zu erklären. Neben des Ausbaus des Systems kam das Unternehmen den Kritikern entgegen, in dem es eine Versenkbohrung außer Betrieb nahm, die sich in der äußersten Schutzzone III eines Wasserschutzgebietes liegt und damit wasserbehördlich genehmigt war (Quelle: Pressemitteilung des niedersächsichen Wirtschaftsministeriums vom 09.11.2012).
2. Konzepte zum Umgang mit dem Lagerstättenwasser
Inzwischen hat RWE-Dea von externen Fachleuten Gutachten zum Umgang mit dem LaWa erstellen lassen, in derem Rahmen vier Optionen beleuchtet wurden.
- Option 1, auf die im weiteren Verlauf etwas ausführlicher eingegangen wird, sieht vor, dass LaWa in ausgeförderte, mit LaWa verwässerte Erdgaslagerstätten einzubringen.
- Option 2 sieht die Versenkung in aufgelassene Salzbergwerke vor.
- Option 3 behandelt die energetisch-technisch aufwändige Aufbereitung des LaWa mit anschließender Direkteinleitung in Oberflächengewässer und
- Option 4 befasst sich mit der Aufbereitung in einer Kläranlage mit anschließender Einleitung in Oberflächengewässer
Alle vier Optionen bzw. die Ergebnisse der Gutachten wurden bereits am 4. Juni 2014 auf der Jahrestagung des WEG – Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V. (WEG) durch Herrn Dr. Zettlitzer von RWE-Dea vorgestellt. Dabei wurde herausgestellt, dass Option 1 sowohl in ökonomischer Hinsicht als auch in Hinblick auf den Umweltschutz die sinnvollste ist. Das ist anhand der bereits am 14. Juli der interessierten Bevölkerung vorgestellten Präsentation nachvollziehbar und, wie die Kreiszeitung in einem Artikel zur Veranstaltung schreibt, „bemerkenswert verständlich“ erläutert. Deshalb soll auf das Konzept nur zusammenfassend eingegangen werden.
- Für die Versenkung wurde eine Bohrung im Norden der Erdgaslagerstätte ausgewählt, die inzwischen durch im Zuge der Förderung nachdrückendes LaWa verwässert ist. In diesen Bereich soll das im Rahmen der Erdgasförderung anfallende LaWa eingebracht werden. Dabei muss das LaWa nicht „verpresst“ werden, da es schwerkraftbedingt selbständig in die Sandsteinschicht absinkt und eindringt. Ein bedeutender energetischer Aufwand fällt dadurch nicht an.
- Aufgrund der Überdeckung durch mächtige Pakete von bis zu 2.000 Metern Salzgestein ist der Versenkbereich hydraulisch abgedichtet. Hinzu kommt, dass es aufgrund der Druckverhältnisse physikalisch unmöglich ist, dass das LaWa in nutz- und trinkwasserführende Schichten aufsteigt.
- Die bereits gegenwärtig notwendige Anzahl von ca. 36 Tankwagentransporten pro Tag inkl. Leerfahrten zu den Förderplätzen bleibt bestehen und beschränkt sich auf den relativ geringen Umkreis der von RWE-Dea in den Landkreisen Verden und Rotenburg/W. Das ist m.M.n. ein wesentlicher Vorteil gegenüber der ebenfalls nicht unplausiblen Verbringung des LaWa in aufgelassene Salzbergwerke. Diese befinden sich in weitaus größerer Entfernung, was den aus ökonomischer sowie umweltschutzrelevanter Sicht fragwürdigen Anteil von gefahrenen Kilometern, insbesondere den von Leerfahrten, drastisch erhöhen würde.
- Die Infrastruktur von Zuwegungen, Betriebsplätzen und der Bohrung selbst ist bereits vorhanden. Es müsste die Betriebsfläche lediglich ergänzt und die Bohrung in den verwässerten Bereich inkl. Neuinstallation eines Förderstranges abgelenkt werden.
Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass diese Option sowohl aus ökonomischer als auch aus umweltschutzrelevanter Sicht vorteilhaft ist. Schon allein in energetischer Hinsicht sind die anderen drei Optionen erheblich nachteiliger. Besonders kritisch ist die dritte Option zu sehen, bei der durch energetisch aufwändige Verdampfungsprozesse das Salz vom LaWa abgeschieden werden müsste. Zudem müsste das abgetrennte Salz vorzugsweise in weit entfernten Versatzbergwerken, wie etwa im ca. 320 Kilometer entfernt liegenden Teutschenthal, verbracht werden.
Ähnlich verhält es sich mit der Option 4, der Aufbereitung in Kläranlagen. Auch hier müssten die im LaWa enthaltenen Stoffe und dabei v.a. das Salz aufwendig abgeschieden werden. Insbesondere der hohe Salzgehalt dürfte für die dafür nicht ausgelegten technischen Anlagen ein gravierendes Problem darstellen. Darüber hinaus bleibt die Frage bestehen, was mit den abgeschiedenen Stoffen geschieht. Diese müssten unter verkehrlichem Aufwand, der den bereits bestehenden von 36 LKW-Fahrten (Hin/Rück) erhöht, über weite Strecken in entsprechende Deponien verbracht werden.
3. Kritik durch Bürgerinitiativen und Politik
Obwohl die von den externen Gutachtern vorgeschlagene Option sowohl aus wirtschaftlicher als auch umweltrelevanter Sicht die geeignetste ist, findet diese keine Zustimmung bei den BI-Vertretern sowie der Politik, angefangen vom Ortsbürgermeister bis hin zum regionalen Bundestagsabgeordneten.
Das wurde bereits bei der Vorstellung der Konzepte auf der WEG-Jahrestagung deutlich. Die einzigen, die Fragen/Anmerkungen zu den Konzepten hatten, waren der Langwedeler Bürgermeister Andreas Brandt (SPD) sowie der Völkerser Ortsbürgermeister und Sprecher der BI „No Fracking“ Andreas Noltemeyer. Diese konnten oder wollten das schlüssigste Konzept der LaWa-Entsorgung nicht nachvollziehen und beharrten auf ihrer insbesondere in energetischer und somit umweltrelevanter Hinsicht deutlich schlechter abschneidendem Idee ohne konzeptionellen Unterbau der obertägigen Aufbereitung möglichst am jeweiligen Förderplatz.
Eine ähnliche Ablehnung erfuhr das optimalste Konzept laut des genannten Artikels in der Kreiszeitung auch bei der Mehrheit der Besucher der Veranstaltung, bei der die bevorzugte Option vorgestellt wurde. So wird der Gemeinderatsvertreter sowie BI-Mitglied und bereits mehrmals in ARD/NDR-„Reportagen“ zu sehnede Gerd Landzettel folgendermaßen zitiert:
Sie haben hier von mehreren Gutachten gesprochen. Wir kennen die nicht. Wir müssen ihnen das alles glauben, wir können es aber nicht mehr
Nun, geglaubt wurde seit Beginn der Diskussion um die regionale Erdgasgewinnung den Argumenten und Erläuterungen von RWE-Dea, dem LBEG oder den beauftragten Gutachtern doch noch nie. Stattdessen wurde und wird alles angezweifelt, was nicht den eigenen Vorstellungen entspricht. Unterstützt werden die Kritiker und Zweifler durch Politiker, wie z.B. dem loaklen CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Mattfeldt:
In Sachen Vertrauen haben Sie hier erst einmal eine Bringschuld
Es stellt sich die Frage, was das Unternehmen denn noch alles leisten soll, um das Misstrauen in Teilen der Bevölkerung zu beseitigen. Es wurde ohne Not eine Versenkbohrung außer Betrieb genommen. Es wurde, ohne dazu verpflichtet worden zu sein, der von der Gemeinde Langwedel einbestellte Gutachter bezahlt, der untersuchen sollte, ob die infolge eines Erdstoßes gemeldeten Gebäudeschäden tatsächlich durch diesen sehr wahrscheinlich durch die Erdgasförderung induzierten Bebens hervorgerufen worden sind. RWE-Dea hat außerdem Schadensregulierungen übernommen, bei denen zwar nicht mit abschließender Sicherheit festgestellt werden konnte, ob diese durch das Beben verursacht worden sind, aber es andererseits auch nicht sicher ausgeschlossen werden konnte.
Genauso wie andere Unternehmen der Erdgasförderindustrie hat RWE-Dea auf den steigenden Informationsbedarf der lokalen Bevölkerung reagiert. Dazu zählen die zahlreichen Gesprächsrunden im Raum Völkersen, die Einrichtung eines Informationspunktes am Förderbetrieb bei Schülingen oder aber auch die Bürgerinformationsseite Völkersen. Zudem wurde Forderungen der BI nachgekommen, wie z.B. die erwähnte Außerbetriebnahme einer Versenkbohrung. Bei den Kritikern und Gegnern inländischer Erdgasgewinnung ist im Gegensatz dazu nicht ansatzweise ein Abrücken von ihren Positionen zu erkennen.
Das wird noch einmal besonders an folgendem Auszug aus dem Kreiszeitungs-Artikel deutlich:
Gutachter Dr. Hanno Paetsch konnte beim Publikum nicht mit seiner Ansicht durchdringen, es sei doch besser, das Lagerstättenwasser mit all seinen belasteten Inhaltsstoffen dort zu versenken, wo es herkommt , statt es „diffus“ an der Oberfläche zu verteilen, etwa in Deponien.
Er sei für die Lösung, die Andreas Mattfeldt vorgeschlagen habe, so Werner Oedding aus Schülingen.
Letzten Endes bleibt festzustellen: In manchen Gegenden kann die Erdgasfördindustrie sich anstrengen so viel wie sie will, um kritische Bürger einzubinden und Vorbehalte auszuräumen oder wenigstens zu verringern. Es ist anscheinend in der Folge jahrelanger Desinformation bzw. Skandalisierung von überwiegend kleineren Vorfällen durch Medien im engen Zusammenspiel mit lokalen BI offenbar zwecklos, da sich die BI alles andere als kompromissbereit zeigen. So wird nach und nach, bewusst oder unbewusst, nicht nur eine wichtige Säule inländischer (Energie-) Rohstoffgewinnung in den Abgrund getrieben, sondern auch ein Industriezweig, der über ein international anerkanntes wissenschaftlich-technologisches Spitzenniveau verfügt.