Abschlussbericht der NiKo-Studie der BGR – Bis zu 2,3 Billionen Kubikmeter Schiefergas gewinnbar

Von Februar 2011 bis zum Jahresende 2015 das Forschungsprojekt „NiKo – Erdöl und Erdgas aus Tongesteinen – Potenziale für Deutschland (NiKo = Nicht-Konventionelle Kohlenwasserstoffe)“ durch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) durchgeführt. Nach einem Zwischenbericht 2012, der ein signifikantes Potenzial an technisch förderbarem Schiefergas von 700 Mrd. m³ bis 2.300 Mrd. m³ auswies, erschien Mitte Januar 2016 der Abschlussbericht der NiKo-Studie. Dieser betrachtet neben dem Schiefergaspotenzial auch das von Schieferöl sowie Umweltaspekte des zur Erschließung erforderlichen Hydraulic Fracturings („Fracking“).

1. Abschätzung des Schiefergas- und Schieferölpotenzials

Übersichtskarte von Gebieten mit Schieferöl-/Schiefergaspotenzial sowie möglichen Poztenzialen Quelle: BGR 2, NiKo-Studie016

Übersichtskarte von Gebieten mit Schieferöl-/Schiefergaspotenzial sowie möglichen Poztenzialen
Quelle: BGR 2016

Anders als im Zwischenbericht wurden im Abschlussbericht der NiKo-Studie alle relevanten Tongesteinsformationen mit Schieferöl- bzw. Schiefergaspotenzials betrachtet. Waren es im Zwischenbericht lediglich Formationen im Unterkarbon, des jurassischen Posidonienschiefers sowie des kretazischen Wealden, wurden während der fünfjährigen Forschungsarbeit insgesamt 11 Tonsteinformationen untersucht, von denen fünf ein signifikantes Erdgaspotenzial und sieben relavante Erdölvolumina enthalten.

Gegenüber dem Zwischenbericht liegen dem Abschlussbericht eine umfangreichere Datenbasis, detaillierte geologische Untersuchungen sowie geochemische und petrologische Laboranalysen zu Grunde. Die Arbeit stellt also keine Zusammenfassung und Auswertung von Fachliteratur dar, sondern ist Ergebnis eigener Forschungsarbeit.

Das bedeutendste Schiefergaspotenzial sieht die BGR erwartungsgemäß im Niedersächsichen Becken. Relevant sind hier v.a. der Posidonienschiefer, Tongesteine des triassischen Rhät sowie des Wealden. Kleinere Vorkommen werden im Oberheingraben (v.a. Posidonienschiefer) sowie in Vorpommern (Unterkarbon) vermutet. Nach Formationen differenziert stellt sich die Rangfolge so dar:

  1. Posidonienschiefer
  2. Unterkarbon
  3. Mittelrhät
  4. Wealden
  5. tertiäre Fischschiefer

Ebenso wie beim Schiefergas sieht die BGR laut NiKo-Studie das bedeutendste Schieferölpotenzial im Niedersächsischen Becken. Der weit überwiegende Anteil entfällt auf den Posidonienschiefer, während alle anderen der sieben als relevant angesehenen Formationen mit erheblichem Abstand folgen.

Wie bereits im Zwischenbericht setzt die BGR konservativ einen Gewinnungsfaktor von 10 Prozent des in den Formationen enthaltenen Erdgases an. Die Behörde beruft sich dabei auf Erfahrungswerte aus den USA. Dabei werden Extremwerte, die diesen Gewinnungsfaktor bei weitem überschreiten, bewusst nicht beachtet. Dennoch wird das technisch förderbare Gesamtpotenzial an Schiefergas auf 380 Mrd. m³ bis 2.340 Mrd. m³ in einem Teufenintervall von 500 m bis 5.000 m geschätzt. Im aufgrund zu erwartender politischer Vorgaben relevanten Teufenintervall 1.000 m bis 5.000 m beträgt das Potenzial immerhin noch bei 320 Mrd. m³ bis 2.030 Mrd. m³. Diese Menge entspricht der bislang in Deutschland gewonnenen Erdgasmenge (ca. 1.000 Mrd. m³) von etwa einem Drittel bis zum Doppelten.

FormationErdöl [Mio. t.]Erdgas [Mrd. m³]
MinimumMittelwertMaximumMinimumMittelwertMaximum
tertiärer Fischschiefer00,46,3015
Blättertone0,53,113,6
Wealden0,93,815,9204090
jurassischer Posidonia10,840115160390940
Rhät0,21,25,22050120
Permokarbon0,31,67,9
Unterkarbon00,21130320880
Gesamt12,750,3164,93308012.035

Tabelle 1: Schieferöl- und Schiefergaspotenzial nach geologischer Formation

Obwohl das Potenzial weit hinter dem der USA, Chinas oder Argentiniens steht, stellt es das viertgrßte in Europa dar und ist nach Ansicht der BGR eine bedeutende Ressource für Deutschland. Die Behörde weist vorsorglich darauf hin, dass die Exploration erst am Anfang steht (Anm. des Verfassers: aufgrund der seit fünf Jahren anhaltenden „Fracking“-Debatte gibt es gegenwärtig keine aktive Erkundung) und somit eine kurzfristige Aufnahme der Förderung nicht möglich ist. Unsere Meinung dazu ist, dass die Debatte um ein Standardverfahren auch aufgrund der Forschungsergbnisse des hier vorgestellten Projekts entemotionalisert und ad acta gelegt werden sollte. Nur so ist es möglich, dass die Explorationstätigkeit wieder aufgenommen wird.

2. NiKo-Studie beleuchtet auch Umweltaspekte

Wie bereits im Zwischenbericht des Jahres 2012 werden auch im Abschlussbericht Umweltaspekte, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Verfahren Hydraulic Fracturing stehen, welches unumgänglich für die Erschließung von Kohlenewasserstoffvorkommen in Tonsteinen ist, betrachtet. Die BGR konzenriert sich dabei auf die Möglichkeit der Grundwasserverschmutzung sowie der Induzierung von Erdbeben. Umweltaspekte, die mit der Kohlenwasserstoffgewinnung allgemein im Zusammenhang stehen können, wurden nicht beleuchtet. Sowohl hinsichtlich der Grundwassergefährdung als auch der Auslösung von Erdbeben wurde für die Modellierungen zur Risikoabschätzung der Posidonienschiefer in einer Teufe von 1.700 Metern ausgewählt.

2.1 Grundwassergefährdung

Übersichtskarte der Schieferöl-/Schiefergaspotenziale im jurassischen Posidonia Quelle: BGR 2016, NiKo-Studie

Übersichtskarte der Schieferöl-/ Schiefergaspotenziale im jurassischen Posidonia
Quelle: BGR 2016

Die BGR kommt snhsnd von Modellierungen zu dem Schluss, dass selbst bei Vorhandensein natürlicher Transportpfade (Störungszonen, offene Klüfte) ein Aufstieg in oberflächennahe Grundwasserleiter quasi auszuschließen ist.   Diese Einschätzung gilt auch für Langzeitszenarien unter Beachtung die Ausbreitung begünstigender Faktoren wie eine hohe Durchlässigkeit hangender, also über der Zielformation befindlicher Gesteinsschichten.

Die BGR hat drei Szenarien durchgespielt:

  1. hydraulisch wirksame Transportsysteme nicht vorhanden: ein gerichteter Aufstieg kann ausgeschlossen werden
  2. permeable Störungszone am Ort der Fracmaßnahme: maximaler Aufstieg von 50 Metern
  3. offenes Kluftsystem: maximaler Aufstieg um 215 Meter bei gleichzeitiger Druckbeaufschlagung, selbst bei Langzeitbetrachtung (300 Jahre) maximaler Aufstieg von 500 Metern → Es verbleibt eine Distanz zur Oberfläche von 1.200 Metern, zu tiefliegenden süßwasserführenden Grundwasserleitern bis maximal 300 Meter besteht immer noch eine Distanz von 900 Metern

Ergänzend wiest die BGR darauf hin, dass die in den Untergrund eingebrachten Fracfluidmengen zu gering sind, um selbst über lange Zeiträume oberflächennahe Grundwasserleiter zu erreichen, womit die Kontamination für die Trinkwassergewinnung nutzbarer Aquifere quasi ausgeschlossen ist (Anm. des Verfassers: Um überhaupt Süßwasseraquifere zu erreichen, müsste das Fracfluid Salzwasserleiter durchströmen und zusätzlich Aquifugen, also Grundwasserhemmer, überwinden.).

2.2 Erdbeben infolge von Fracmaßnahmen

Eine Befürchtung der „Fracking“-Gegner ist, dass durch Hydraulic Fracturing spürbare und Schäden hervorrufende Erdbeben ausgelöst (getriggert) werden können. Die Anzahl der tatsächlich durch Fracmaßnahmen getriggerter spürbarer Beben ist selbst international betrachtet, äußerst gering. Konkrete Zahlen im Internet zu finden gestaltet sich als äußerst schwierig, da zahlreiche Artikel existieren, in denen Beben auf „Fracking“ zurückgeführt werden, obwohl der Auslöser ein anderer ist. Tatsächlich dürften den seit 1947 durchgeführten ca. 3 Millionen Fracmaßnahmen weltweit deutlich weniger als 100 spürbare Erdbeben gegenüberstehen. Schadensbeben sind keine bekannt.

Die BGR hat modelliert, dass in der für die NiKo-Studie betrachteten Formation Beben größer einer Momentmagnitude von Mw = 0,5 nicht zu erwarten sind. Bei einer angenommenen Herdtiefe von 1.700 Metern wären solche Ereignisse nicht spürbar, geschweige denn schadensauslösend.

In Deutschland, insbesondere in Niedersachsen, gab es in den vergangenen 55 Jahren mehrere hundert Fracmaßnahmen. Diese hat die BGR mit Erdbebenereignissen im Bereich von Erdgaslagerstätten abgeglichen und konnte dabei einen räumlichen wie zeitlichen Zusammenhang ausschließen.

Wie bereits oben geschrieben ist auch international ein Zusammenhang zwischen Erdbeben und Fracjobs nur für seltene Ereignisse dokumentiert. Sie traten nur dann auf, wenn Fracfluid in Störungszonen kristallinen Grundgebirges injiziert wurde, die sich unmittelbar unter den schiefergasführenden Gesteinsschichten befinden. Für deutsche Formationen mit Schieferöl- und Schiefergaspotenzial kann das ausgeschlossen werden, da sich zwischen ihnen und dem kristallinen Grundgebirge mehrer Gesteinspakete befinden.

3. Fazit

In einer fünfjährigen Forschungsarbeit hat die deutsche Fachbehörde für Geowissenschaften und Rohstoffe, BGR, in ihrer NiKo-Studie erarbeitet, dass Deutschland über ein signifikantes Potenzial an technisch förderbarem Schiefergas verfügt, welches die gegenwärtig noch vorhandenen Erdgasreserven und -ressourcen in konventionellen Lagerstätten deutlich übertreffen.

Erstmalig wurde in der NiKo-Studie auch das Potenzial an Schieferöl untersucht. Die abgeschätzten technisch förderbaren Potenziale bewegen sich dabei in der Größenordnung der noch vorhandenen Reserven sowie erwartenden Ressourcen in konventionellen Erdöllagerstätten.

Begutachtet wurden auch Umweltaspekte, die unmittelbar mit dem Verfahren Hydraulic Fracturing in Zusammenhang gebracht werden können. Explizit wurden anhand von Modellierungen sowie der Auswertung vorhandener Daten das potenzielle Risiko der Grundwasserkontamination durch Fracfluide sowie die Auslösung von spürbaren und dabei schadenshervorrufenden Erdbeben untersucht.

Die BGR kam hinsichtlich beider Aspekte zu dem Schluss, dass aus geowissenschaftlicher Sicht Fracmaßnahmen unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen und techneischen Standards Hydraulic Fracturing kontolliert und sicher durchführbar ist.

Den Abschlussbericht der BGR gibt es hier zu lesen: Schieferöl und Schiefergas in Deutschland – Potenziale und Umweltaspekte

Artikelfoto: Schiefergaserkundungsbohrung Damme 2 (2008) ©sukrams

Ein Kommentar zu Abschlussbericht der NiKo-Studie der BGR – Bis zu 2,3 Billionen Kubikmeter Schiefergas gewinnbar

  • Walter Stephan sagt:

    Da hat also die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), die oberste Fachbehörde der Bundesregierung für alle Aspekte der Geologie, einschließlich der Rohstoffgeologie, nach vierjähriger intensiver wissenschaftlicher Arbeit eine Studie zum Potenzial nichtkonventioneller Kohlenwasserstoffvorkommen in und für Deutschland verfasst und auch das Gefahrenpotenzial untersucht, welches immer wieder von verschiedener Seite heraufbeschworen wird. Die Untersuchungen zeigen, dass auch in Deutschland immense Ressourcen an Schiefergas und Schieferöl erwartet werden können. Durch umfangreiche Modellierungen zu möglichen Umweltauswirkungen durch einen Lagerstättenaufschluss mittels des Hydraulic Fracturing kommen die Fachleute der BGR zu dem Schluss, das die herbeigeredete Grundwasserverschmutzung (zum Zwecke der höchstmöglichen Verunsicherung der Bevölkerung und der Grundwasser nutzenden Wirtschaft von den bekannten „Fractivisten“ immer Grundwasserverseuchung oder -vergiftung genannt) . Auch beim Durchspielen von Langzeitszenarien – nicht zu „besorgen“ ist, wie im schönen Amtsdeutsch heißt. Ebenso sieht es mit der Erdbebengefahr durch den Einsatz von Hydraulic Fracturing.
    Die gut organisierten „Fractivisten“ aller Couleur, meist angeführt von „Berufsprotestierern“ und selbsternannten „Experten“, die alles Mögliche haben aber absolut keine geowissenschaftlichen Grundkenntnisse, werden trotzdem, wie jetzt wieder in Drensteinfurt, ihre Parolen lautstark verkünden.
    Und unsere Politiker? Angefangen mit der Umweltministerin werden sie wieder einknicken und öffentlich damit demonstrieren, dass sie den ausgewiesenen Experten der zuständigen obersten Bundesbehörde nicht glauben, und warum? Sie wollen wiedergewählt werden und befürchten, dass diese Initiativen das Wahlvolk verunsichern könnten.
    Armes Deutschland, wozu brauchst du echte Fachleute, wenn jeder alles besser weiß?

    Walter Stephan

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