Das stille Erlöschen der Aufsuchungserlaubnis Kunrau in der Altmark
Es ist für uns nicht üblich, dass wir, anders als die Gegner der inländischen Kohlenwasserstoffgewinnung, über die Vergabe von Aufsuchungserlaubnissen oder deren Erlöschen berichten. Denn häufig hat die Vergangenheit bewiesen, dass Erlaubnisse nach wenigen Jahren sang- und klanglos erlöschen, also ohne das überhaupt eine technische Aufsuchungsmaßnahme erfolgte. Vor ziemlich genau drei Jahren machten wir diesbezüglich eine Ausnahme im Zusammenhang mit der Vergabe der Aufsuchungserlaubnis Kunrau in der südwestlichen Altmark. Denn mit Bekanntwerden der Vergabe gingen wilde Spekulationen der Lokalmedien sowie einer regionalen Bürgerinitiative (BI) einher. Nun ist die Erlaubnis erloschen, ohne dass eine technische Maßnahme erfolgte.
Wilde Spekulationen nach Vergabe der Aufsuchungserlaubnis Kunrau
Nach der Publizierung des Jahresberichtes „Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2013“ im Juli 2014 wurde bekannt, dass das in der Altmark tätige Unternehmen Gaz de France, heute ENGIE, eine Aufsuchungserlaubnis im Umfeld seines Bergwerkfeldes „Wenze“ eine Aufsuchungserlaubnis erteilt bekommen hat. Diese Erlaubnis erhielt den Namen „Kunrau“ und umfasste 328 km² unter Auslassung des Bergwerksfeldes „Wenze“.
Innerhalb des genannten Bergwerksfeldes befindet sich die gleichnamige, mit drei Produktionsbohrungen erschlossene gleichnamige Erdgaslagerstätte. Diese wurde 1971 entdeckt und wurde zunächst in den 1980er Jahren in Produktion genommen. Nach der Wende 1990 wurde von einer kurzen Unterbrechung abgesehen kein Erdgas aus der Lagerstätte entommen. Erst 2002 erfolgte die Wiederaufnahme der Produktion aus den Bohrungen „Wenze 1“ (Artikelfoto, hier Workovermaßnahme, aufgenommen im Dezember 2014, © D. U. Merten) sowie „Dannefeld 1“. Im Jahr 2009 wurde die Förderung durch Reaktivierung der „Wenze 4“ ergänzt.
Anhand der geographischen Lage der Aufsuchungserlaubnis Kunrau war nur eine Schlussfolgerung zulässig: Im Umfeld der bekannten, eher kleinen Lagerstätte „Wenze“, südlichstes Teilglied des Lagerstättenkomplexes Altmark, soll nach weiteren Vorkommen gesucht bzw. geprüft werden, ob sich die Lagerstätte über die bekannten Grenzen ausdehnt. Doch anstatt dieser Logik zu folgen, wurde viel spekuliert. Leider auch erneut von medialer Seite aus.
So titelte die „Salzwederler Volksstimme“: „Riesiges Erdgasfeld unter Altmarkkreis Salzwedel“ und bezog sich dabei nicht auf den auch nach internationalen Maßstäben riesigen Lagerstättenkomplex „Altmark“, sondern auf die Aufsuchungserlaubnis. Im Artikel selbst folgte dann die Relativierung. Um den Rahmen nicht zu sprengen, soll auf unseren Artikel vom 19.07.2014 verwiesen werden.
Wie kaum anders zu erwarten, sprangen auf die Spekulationen der Lokalpresse die regionale BI „Saubere Umwelt und Energie Altmark“ (BI Altmark) an. Dazu später mehr. Ebenso fielen die Spekulationen auch bei den Grünen auf fruchtbaren Boden.
In einer „Kleinen Anfrage“ an den Landtag Sachsen-Anhalts unterstellten sie bereits folgendes:
Damit besteht perspektivisch in einem neuen Feld die Möglichkeit, dass eine unkonventionelle Erdgaslagerstätte in Sachsen-Anhalt erkundet und erschlossen wird. B’90/Grüne
Allein aus geologischen Gründen besteht diese Möglichkeit nicht. Weder sind Kohlenwasserstoffe in dichten Tonsteinen noch in Kohleflözen in der Region zu erwarten. Das ist einschlägigen Publikationen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) zu entnehmen, welche jedoch regelmäßig von der Medienlandschaft ignoriert, ja teils diffamiert werden. Bereits in der Antwort auf die zweite Frage wird jedoch klargestellt, worum es hinsichtlich der Aufsuchungselaubnis Kunrau geht: Feststellen der vermuteten weiteren Ausdehnung der konventionellen Lagerstätte „Wenze“.
Workover auf Bohrung „Wenze 1“ führt zu Angstschürerei durch BI Altmark
Wie alle technischen Anlagen unterliegen auch Erdgasförderbohrungen dem Verschleiß, so dass Instandhaltungs- sowie Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt werden müssen. Dazu zählen beispielsweise Reinigungsmaßnahmen des Förderstranges oder gar dessen Austausch. Diese Arbeiten werden im Fachjargon als Optimierungs- bzw. Workoverarbeiten bezeichnet. Ein solcher Förderstrangwechsel war in der Bohrung „Wenze 1“ im Dezember 2014 fällig. Dazu wurde eine entsprechende Anlage, bestehend aus einem ca. 35 Meter hohen Gittermast mit Aushängebühne zur Zwischenlagerung des ausgebauten Gestänges, eingesetzt.
Im Zusammenhang mit den Spekulationen um die Erteilung der Aufsuchungserlaubnis Kunrau sowie um die „Fracking“ – Debatte ein fataler Zeitpunkt. Und ein gefundenes Fressen für Medien und die BI Altmark. So titelte die „Salzwedeler Volksstimme“: „Die Angst geht um in Wenze“
Die Frage ist dabei: Warum? Schließlich besteht die Bohrung seit 1971, also zum Zeitpunkt des Artikels seit 43 (!) Jahren. Zudem sind Workovermaßnahmen nichts Ungewöhnliches. Wie oben geschrieben, wurde zuletzt 2009 die Bohrung „Wenze 4“ reaktiviert, wobei eine ähnliche, wenn nicht gar die selbe Anlage zum Einsatz kam. Im Übrigen wurden die Bohrungen der „Wenze“-Struktur bereits zu DDR-Zeiten gefract, um eine wirtschaftliche Produktion zu ermöglichen. Umweltrelevante Schäden gab es dazu allen Unterstellungen zum Trotz offensichtlich keine.
Grund zur Besorgnis gibt es also objektiv betrachtet keine. Doch das interessiert Aktivisten von BI herzlich wenig, die sich anmaßen, entgegen jeglicher Faktenbasis auf sogenannten „Informationsveranstaltungen“ Angst und Panik zu verbreiten. So geschehen z.B im April 2015 auf eben einer solchen Veranstaltung im Nachbarort von Wenze, dem Dorf Quarnebeck. Darüber berichtete ebenfalls die „Salzwedeler Volksstimme“ und behauptet faktenwidrig, dass die Erdgasförderung auf 328 km² (Ausdehnung der Aufsuchungserlaubnis Kunrau) erweitert werden solle. Dazu nur folgende Anmerkung: Aufsuchungserlaubnisse sind stets grob umrissen und sind nie deckungsgleich, sofern überhaupt eine bauwürdige Lagerstätte gefunden wird. Suchen bedeutet übrigens nicht zwangsläufig finden, auch wenn das dem ein oder anderen Journalisten/Redakteur zu hoch sein mag und von verantwortungslos angstschürend agierenden BI regelmäßig ignoriert wird.
Aufsuchungserlaubnis Kunrau unbemerkt abgelaufen
Mir Erscheinen des neuen Jahresberichts „Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2016“ wurde nun klar, was eigentlich zu erwarten war: Die in diesem Beitrag betrachtete Aufsuchungserlaubnis ist still und leise abgelaufen. Offensichtlich hat die Auswertung vorhandener geologischer Daten ergeben, dass eine Ausdehnung der Lagerstätte über die bekannten Grenzen hinaus nicht zu erwarten ist.
Eventuell wird die BI Altmark, wenn sie Kenntnis vom Ablauf der Erlaubnis erlangt, dieser als Erfolg ihres faktenwidrigen Widerstandes verbucht. Nur fand dieser Widerstand in den letzten zwei Jahren nicht mehr statt. Es ist zwar kaum anzunehmen, aber vielleicht begreifen die Widerständler gegen Erdöl- und Erdgasgewinnung auch anderer BI (und einiger mit ihnen befreundeter, voreingenommener Journalisten) endlich einmal, dass die Erteilung von Aufsuchungserlaubnissen zunächst keinerlei Bedeutung hinsichtlich tatsächlicher technischer Aktivitäten hat. Insbesondere kann aufgrund der Erteilung von Erlaubnissen nicht auf einige etwaige spätere Förderung geschlossen werden, die für BI und deren befreundete Berichterstatter in den Redaktionsstuben als „gesetzt“ gilt.
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