ExxonMobil-CEO Tillerson gegen #Fracking vor seiner Haustür? – Die Ente des Jahres 2014

Im Februar 2014 waren auf bekannten Online-Portalen großer Magazine und Zeitungen wie Spiegel (SPON) oder Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) Schlagzeilen zu lesen, in denen behauptet wurde, dass der Chef des weltweit größten Erdöl- und Erdgasproduzenten ExxonMobil sich angeblich gegen „Fracking“ vor seiner Haustür wehre.

In Deutschland fielen diese Schlagzeilen auf fruchtbaren Boden, wird hier doch seit vier Jahren über die etablierte Standardmethode des Hydraulic Fracturing („Fracking“) („Fracking? – Eine etablierte Standardtechnologie!“) lebhaft und im Regelfall fernab von Fachwissen und Sachlichkeit, also auf emotionaler Ebene, debattiert.

Angetrieben wird diese Debatte von einer beeindruckend organisierten, sehr kleinen Minderheit von Bundesbürgern, denen Medienvertreter wie der WDR/ARD-„Energieexperte“ und Solarpreisträger für persönliches Engagement Jürgen Döschner sekundieren. Döschner wird finanziert vom GEZ-Zahler, der ein Recht auf ausgewogene und neutrale Berichterstattung hat. Einseitige „Energiewende“-Propaganda mit teilweise Wissenschaftler und Gutachter diffamierenden Beiträgen („Öffentlich-rechtliche Diffamierung von Wissenschaftlern“) lassen sich nicht mit dem öffentlich-rechtlichen Informationsauftrag vereinbaren.

Doch wie eingangs angedeutet, sind es nicht nur von der Allgemeinheit finanzierte Journalisten wie Döschner, die ihre persönliche Abneigung gegen konventionelle Energieerzeugung unters Volk streuen, sondern auch Vertreter der schreibenden Zunft aus der Privatwirtschaft, denen journalistischer Ethos anscheinend abhanden gekommen ist. Anders lässt sich die Tatsachenverdrehung, die hier dargelegt wird, nicht erklären.

So war bei SPON im Februar 2014 folgende Schlagzeile zu lesen:

Rex Tillerson: Exxon-Chef wehrt sich gegen Fracking nahe seinem Wohnhaus

Liest man sich den dazugehörigen Artikel durch, kommt man jedoch schnell zu der Erkenntnis, dass die Schlagzeile mit dem Inhalt des Artikels nicht übereinstimmt. Tatsächlich hat Tillerson zusammen mit anderen laut Artikel gegen die Errichtung eines Wasserturms mit einer Höhe von 49 Metern geklagt. Der Zusammenhang zum „Fracking“ soll dabei folgender sein:

Konkret stören sich seine Mitstreiter und er an einem 49 Meter hohen Wasserturm, aus dem die Förderunternehmen vor Ort Nachschub beziehen.

Und weiter:

Die Anwohner fürchten demnach Lärmbelästigung und Gefahren durch Lastwagen, die große Mengen Wasser zu den Fördertürmen bringen. Nach Angaben seines Anwalts sorgt sich Tillerson vor allem um den Wert seines Grundstücks.

Ich weiß ja nicht, in welchem Jahrhundert der Verfasser des SPON-Artikels lebt, aber Fördertürme, wie man sie aus historischen Zeiten von Erdölfeldern kennt, werden seit Jahrzehnten nicht mehr errichtet. Stattdessen kommen straßentaugliche mobile Winden zum Einsatz, falls Wartungsarbeiten (Förderstrangaustausch z.B.) notwendig sind. Außerdem erschließt sich für einen Sachkundigen nicht, warum Wasser zum Fracen zu Förderanlagen transportiert werden soll. Schließlich wird VOR Aufnahme der Förderung gefract. Zudem stellt sich die Frage, warum Wasser zum Fracen in einem Wasserturm, der eigentlich der Druckerzeugung im Versorgungssystem dient, zwischengelagert werden soll.

Skepsis bezüglich des Artikels, der sich explizit auf einen des Wall Street Journals (WSJ) beruft (dazu später mehr) war also angebracht und deshalb wurde ein Blick auf die Seiten der FAZonline, die sich ebenfalls mit dem Thema befasste, geworfen. Dort titelte man:

Geplanter Wasserturm – Exxon-Chef gegen Fracking vor der eigenen Tür“

Auch dieser Artikel beruft sich auf den WSJ-Artikel, auf den weiter unten noch eingegangen wird. Hier klingeln bezüglich Schlagzeile und tatsächlichen Inhalts des Artikels noch mehr die Alarmglocken als beim Pendant von SPON. Und das aus dem Grund, dass hier geschrieben wird, dass bereits seit Jahren rund um Tillersons Ranch Bohrungen existieren, die einer Fracbehandlung unterzogen worden sind:

Wie das „Wall Street Journal“ schrieb, sind im seit dem Jahr 2007 im Umkreis von Tillersons Anwesen mindestens neun Fracking-Bohrstellen entstanden.

Hier wird also deutlich, dass Tillerson, der seit 2006 die Ranch besitzt, offenbar kein Problem damit hatte, dass rund um sein Anwesen Fracarbeiten durchgeführt worden sind. Warum dieser eklatante Widerspruch zwischen Schlagzeile und Artikelinhalt dem FAZ-Autoren Roland Lindner nicht aufgefallen ist, ist ein absolutes Rätsel.

Immerhin ist dieser Widerspruch zwischen Schlagzeilen und Artikelinhalten dem ein oder anderen Leser aufgefallen. So kommentierte bei SPON Nutzer Oscar Madison:

Ich kann nirgendwo lesen… dass er etwas gegen Fracking hat. Ihn stört vielmehr ein riesiger Wasserturm. Kann man sich drüber lustig machen, heisst aber nicht, dass er wegen möglicher Gefahren des Fracking auf die Barrikaden gegangen ist. Auch wenn es noch so schön schräg wäre…

Und offenbar darum ging es den Autoren, egal ob nun bei SPON, der FAZ oder dem WSJ, auf welches sich die erstgenannten Medien beriefen. Es sollte schön schräg wirken, dass sich ausgerechnet der CEO von ExxonMobil angeblich gegen Hydraulic Fracturing im Umfeld seines Anwesens zur Wehr setzt. Erst recht vor dem Hintergrund, dass die deutsche Tochter des Unternehmens, die ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG) die Schiefergasgewinnung, die nur durch Anwendung des Fracverfahrens möglich ist, im Inland anstrebt.

Die Artikel bei SPON, dem assoziierten Manager Magazin (beide haben ein Bild von Tillerson gewählt, auf dem er unsympathisch wirkt) sowie bei der FAZ und sicherlich noch einigen anderen Medien waren ein gefundenes Fressen für die selbsternannte „Anti-Fracking-Bewegung“ zu denen auch die linksextreme „Campact!“-Gruppierung zählt. Dort ist in Bezug auf die Artikel Folgendes zu lesen:

Stein des Anstoßes ist nun ein 50 Meter hoher Wasserturm. Den wollen Förderfirmen am Rande seiner Ranch errichten, um den Wassernachschub für das Fracking zu gewährleisten.

Wie der Verfasser Dr. (!) Chris Methmann auf den Unsinn kommt, dass Förderfirmen den Wasserturm errichten wollen, ist nicht nachvollziehbar. Denn aus den Medienartikeln ist das nicht zu entnehmen. Im Gegenteil: Laut des WSJ-Artikels „Exxon CEO Joins Suit Citing Fracking Concerns“ will ein lokaler Wasserversorger den Turm errichten:

The water tower is being built by Cross Timbers Water Supply Corp., a nonprofit utility that has supplied water to the region for half a century.

Auf Deutsch: Der Wasserturm wird durch die Cross Timbers Water Supply Corp. errichtet, einem nichtkommerziellen Unternehmen, dass die Region seit einem halben Jahrhundert mit Wasser versorgt. Campact! bzw. der Vertreter Methmann belügt also die Öffentlichkeit, um das Anliegen, Stimmung gegen die Standardmethode Hydraulic Fracturing zu machen, zu bewerben.

Aber auch das Argument, dass das im Wasserturm gespeicherte Wasser für Fracmaßnahmen verwendet werden soll, wird durch den WSJ-Artikel (auf den sich SPON, Manager Magazin und FAZ berufen) entkräftet. Es wird lediglich geschrieben, dass die Kläger u.a. befürchten, dass ein Teil des Wassers via LKW-Transporten zu Bohrungen transportiert würde, die einer Fracbehandlung unterzogen werden soll:

Some Bartonville residents oppose this mostly built water tower, partly because it could bring fracking-related traffic.

Zu Deutsch: Einige Einwohner von Bartonville sind gegen den geplanten Wasserturm, teilweise deshalb, weil er Verkehr im Zusammenhang mit „Fracking“ mit sich bringen könnte.

Aus dieser abstrakten Befürchtung, die in der Klageschrift auf Seite 17 neben anderen nachzulesen ist

Further, upon information and belief, BWSC will sell water to oil and gas explorers for fracing shale formations leading to traffic with heavy trucks on FM 407, creating noi nuinsance and traffic hazards.

eine Ablehnung des Fracverfahrens durch die Einzelperson Rex Tillerson herzuleiten, ist an journalistischer Dreistigkeit kaum zu überbieten.

Doch der deutsch Journalismus, ob nun privatwirtschaftlich oder öffentlich-rechtlich schafft das mit links. So ist beim NDR auf dessen Online-Portal folgendes zu lesen:

Wie gespalten die Ansichten zum Fracking sind, zeigt auch die Meldung, wonach der ExxonMobil-Chef Rex Tillerson – eigentlich ein eifriger Verfechter des hochumstrittenen Frackings – vor seiner eigenen Haustür im texanischen Bartonville von der Methode nichts wissen will. Er klagt nach Angaben des „Manager-Magazins“ nun sogar gegen die Abbau-Art.

Nur geht das, was der NDR mit Berufung auf das Manager-Magazin in die Welt hinausposaunte, weder aus der Klageschrift noch aus dem Artikel des WSJ hervor. Es ist erstaunlich, wie das „Stille Post“-Prinzip, also eine Nachricht bis zur Unkenntlichkeit bzw. zur kompletten Tatsachenverdrehung zu verstümmeln, selbst in sich seriös gebenden Medien wirkt.

Die geschilderte Geschichte um die angebliche Ablehnung des Fracverfahrens durch den ExonMobil-CEO Rex Tillerson vor seiner Haustür spielte sich zwar in den USA ab. Da diese Geschichte jedoch durch tatsachenverdrehende Darstellungen in deutschen Medien auch Einfluss auf Schiefergasprojekte in Deutschland hat – schließlich ist die EMPG als Tochter von ExxonMobil bestrebt, hier Schiefergasvorkommen zu erschließen – ist es legitim, sie hier zu diskutieren. Letzten Endes lässt sich mit Bezug auf den WSJ-Artikel sowie die Klageschrift feststellen, dass es keinen „Fracking“-Widerstand durch den ExxonMobil-CEO gab, es sich somit um eine vielfach verbreitete Zeitungsente handelte.

Hier LINKS zum WSJ-Artikel und zur Klageschrift:

http://www.wsj.com/articles/SB10001424052702304899704579391181466603804

http://online.wsj.com/public/resources/documents/water20140220.pdf