Hydraulic Fracturing in Deutschland – 2 Jahre Stillstand II

Bereits Ende Mai erschien hier ein Beitrag zum derzeitigen Quasi-Moratorium, was das Hydraulic Fracturing in Erdgaslagerstätten betrifft. Dabei wurde u.a. erörtert, warum auch geplante Fracmaßnahmen in Sandsteinformationen, die zuvor schon 50 Jahre erfolgreich und ohne umweltrelevante Vorkommnisse durchgeführt worden sind*, von diesem Stopp ebenfalls betroffen sind. Mangelnde Differenzierung in der Öffentlichkeit, v.a. von Seiten zahlreicher Medien, war die Schlussfolgerung. Und insbesondere deren Rolle soll an dieser Stelle genauer unter die Lupe genommen werden.

Falschdarstellungen

Offensichtlich haben die angeprangerten Medien überhaupt nicht verstanden, worüber sie berichten. Das lässt sich bereits daran erkennen, dass falsche Begriffe verwendet werden, um das Verfahren zu erklären bzw. zu definieren. So hörte (z.B. „heute“, ZDF) oder las man (diverse Internetportale wie z.B. „Spiegel-Online“) in den vergangenen Wochen als Definition: „die Gasförderung aus tiefen Gesteinsschichten (‚Fracking‚)“ (Stern.de). Das ist natürlich völliger Nonsens, da ja „Fracking“ eine Abkürzung für „Hydraulic Fracturing“ ist und der Begriff sich selbst definiert: Risserzeugung (engl.: Fracturing) durch Druckübertragung mittels einer Flüssigkeit (auch als „Hydraulik“ bekannt). Tatsächlich kann und wird das Verfahren unabhängig von der Tiefenlage der (erdgasführenden) Gesteinsschichten angewendet. So liegen z.B. in Deutschland die bisher in den Fokus gefassten Schiefergasvorkommen bedeutend flacher (z.T. mehrere Kilometer vertikaler Abstand) als die konventionellen Lagerstätten. Und auch in den konventionellen Lagerstätten, die bis in 5 Kilometer Tiefe reichen, wird das Fracverfahren angewendet. Diese liegen somit bis zu fast 4 Kilometer tiefer als die bisher anvisierten Schiefergasvorkommen.

Weitere Falschdarstellungen sind immer wieder im Zusammenhang mit dem von der Bundesregierung geplanten Gesetz zum Hydraulic Fracturing bzw. der Schiefergasförderung (kein Synonym, siehe oben!) zu lesen: „In Deutschland ist ein Gesetzesvorhaben, das Fracking ermöglichen sollte, vorerst gestoppt.“ (ZEITonline, 25.06.2013). Oder fast im gleichen Wortlaut: „In Deutschland ist ein Gesetzesvorhaben, das Fracking ermöglichen sollte, gestoppt worden.“
(SPIEGELonline, 25.06.2013). Das ist hanebüchener Unsinn, da das Verfahren in Deutschland ERLAUBT ist. Wie sonst sollen die mehrere hundert Fracmaßnahmen zwischen 1961 und 2011 durchgeführt worden sein?  Tatsache ist, dass das geplante Gesetz eine Verschärfung der Regularien darstellt und eben nicht ein „Fracking-Ermächtigungsgesetz“, wie seitens der Medien behauptet. So soll z.B. die Durchführung von Fracmaßnahmen in sämtlichen Trinkwasserschutzzonen verboten werden. Bisher war es in der Zone III in Abstimmung mit den Wasserbehörden gestattet. Zudem soll eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) jeder Tiefbohrung, in der eine Fracmaßnahme erfolgen soll, vorangestellt werden. Bisher ist eine UVP im Zusammenhang mit der Kohlenwasserstoffgewinnung nur dann durchzuführen, wenn die erwartete Fördermenge 500 Tonnen Erdöl bzw. 500.000 Kubikmeter Erdgas übersteigt. Und das unabhängig davon, ob die Bohrung gefract wurde oder nicht (§ 1 Nr. 2a UVP-V Bergbau). Ja, so wird die Öffentlichkeit mangels Recherche der Journalisten belogen. Man kann es nicht anders nennen.

Mediale Anti-Fracking-Propaganda

Nun kann oben Beschriebenes ohne Weiteres eben auf mangelhafte Recherche zurückgeführt werden. Das erscheint wenig verwunderlich, wenn man z.B. die Suchergebnisse einer gängigen Suchmaschine des korrekten Begriffes „Hydraulic Fracturing“ der verbreiteten Kurzform „Fracking“ gegenüberstellt Die Unterschiede sind gravierend. Während Ersteres zu wissenschaftlichen Quellen führt, sind bei der Suche nach Zweiterem v.a. Verweise zu Medienberichten oder Bürgerinitiativen sowie NGO zu finden. Und da angenommen werden kann, dass die Journalisten nach „Fracking“ suchen, weil ihnen offensichtlich das Prinzip des Verfahrens nicht bekannt ist (siehe Ausführungen oben), kommen sie zu den entsprechenden Ergebnissen.

Das entschuldigt aber nicht, dass teilweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Öffentlichkeit bewusst desinformiert wird. Auf die verwendeten falschen Begrifflichkeiten wurde bereits eingegangen. Bedeutend verurteilenswerter sind andere Behauptungen, die sich nicht mit fehlgeleiteter Recherche erklären lassen, denn diese Behauptungen wären mit simpler Suche über die Seiten der Unternehmen nicht  zustande gekommen. So ist auf verschiedenen Online-Portalen als seriös angesehener Medien zu lesen, dass die Zusätze („Chemikalien“), die im Fracfluid enthalten sind, geheim gehalten werden: „Da ist natürlich die Geheimhaltungshaltung der Firmen schwierig“ behauptet z.B. eine Doktorandin der Geoökologie ohne kritischen Widerspruch im Deutschlandfunk (03.06.2013, DLF). Der einfache Blick auf die Seiten der Unternehmen oder des Wirtschaftsverbandes Erdöl- und Erdgasgewinnung (WEG) hätte genügt, um festzustellen, dass dem nicht so ist. Ähnliches ist bei ZEITonline (Artikel vom 04.06.2013) zu lesen: „Der schwerste Einwand gegen die Fördertechnik ist der Einsatz von Chemikalien, deren Zusammensetzung die Firmen bis heute unter Verschluss halten.“ Auch hier hat sich die Autorin nicht die Mühe gemacht, bei den angeprangerten Firmen nachzusehen oder gar nachzufragen. Nun gut, was soll auch erwartet werden, wenn besagte Autorin nicht in der Lage ist, Firmennamen korrekt zu schreiben. Die Firma ExxonMobil wird auch im Englischen ohne „e“ ganz am Ende geschrieben und heißt nicht „Exxon Mobile“! Um die Anti-Stimmung gegen „Fracking“, im jetzt diskutierten Zusammenhang ist die Schiefergasförderung gemeint, was gerne als Synonym verwendet wird, zu untermauern wird gerne darauf verwiesen, dass in Frankreich Hydraulic Fracturing verboten wurde. Dass mittlerweile Moratorien in Rumänien und im UK gekippt worden sind, wird unterschlagen: „In Europa hat Frankreich das Fracking bereits verboten.“ Und: „In Großbritannien wird ähnlich kontrovers darüber diskutiert wie in Deutschland.“ ZEITonline (Artikel vom 04.06.2013). Dass tatsächlich im UK gerade Schätzungen zum Schiefergaspotenzial nach oben korrigiert worden sind, findet natürlich keine Erwähnung (British Geological Survey verdoppelt UK Schiefergasresourcen). Stattdessen wird sich auf Polen berufen, wo u.a. ExxonMobil, aber auch Talisman sich zurückgezogen haben. In der öffentlichen Wahrnehmung wird das dann so interpretiert, dass dort insgesamt von der Schiefergasgewinnung abgerückt wird. Dass jedoch einige Lizenzen von Talisman von der Firma San Leon übernommen wurden (Oil&Gas Journal Mai 2013), es also mit der Erkundung der Vorkommen weitergeht, wird der breiten Öffentlichkeit vorenthalten.

Eine entscheidende Rolle, was die Anti-Fracking-Stimmungsmache betrifft, spielt die ARD z.B. in Person des „Energieexperten“ Jürgen Döschner (Quelle). Die politisch grüne Haltung Döschners ist allgemein bekannt und findet ihren Niederschlag in seinen Kommentaren zum Thema, u.a. in der Tagesschau. Völlig kritiklos wird eine ablehnende Studie zur Schiefergasgewinnung seitens der „Energy Watch Group“, hinter der sich die Solarlobby in Person des B’90/Die Grünen-Abgeordneten Hans-Josef Fell verbirgt, kommentiert (Quelle 1 und Quelle 2). Ebenso wurde ein Rechtsgutachten im Auftrag von  B’90/Die Grünen von ihm unterstützend kommentiert (Link). Das sind nur einige offensichtliche Beispiele unausgewogener bzw. selektiver Berichterstattung, die auch in subtilerer Form, also nicht so offensichtlich, ihren Raum in zahlreichen Medien findet.

Unterschlagung von Informationen

Denn neben diesen leicht nachvollziehbaren Manipulationen wird ein Weg der Desinfomation beschritten, der erst mit tiefgründigerer Auseinandersetzung mit der Thematik gefunden werden kann. Wird in der Öffentlichkeit das Thema „Fracking“ diskutiert, wird regelmäßig die vom Umweltbundesamt (UBA) in Auftrag gegebene Studie zitiert. Eine harsche Kritik an der Studie, die insbesondere bezüglich der geologischen Gegebenheiten in Norddeutschland erhebliche Defizite aufwies und somit zu einer Fehleinschätzung von Risiken führte, wird der Öffentlichkeit verschwiegen. Eine kritische Stellungnahme  der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) (Link) wurde als „Streit“ abgetan (z.B. SPIEGELonline, 03.01.2013) und eine spätere gemeinsame Kritik der BGR sowie der Staatlichen Geologischen Dienste der Bundesländer (SGD) wurde komplett verschwiegen (Link)!

Was das Verschweigen wissenschaftlicher Untersuchungen betrifft, ist erschreckend, dass die o.g. BGR bereits seit 2011 u.a. das Schiefergaspotenzial Deutschlands erforscht, was aber medial der Öffentlichkeit vorenthalten wird (Link). Zusätzlich irritierend ist, dass die vom BGR im Mittel (!) geschätzten (!) 1300 Mrd. m³ an Schiefergas als erwiesen dargestellt werden, obwohl die BGR deutlich macht, dass dieses (konservativ) abgeschätzte Potenzial erst durch Bohrungen verifiziert werden muss: „In dem Zusammenhang ist zu beachten, dass ohne Aufsuchungs- bzw. Erkundungsaktivitäten, die nicht nur den Zielhorizont, sondern auch die Barrierehorizonte und Grundwasserleiter darüber betreffen, keine konkreteren Aussagenüber die Möglichkeit einer Schiefer- oder Kohleflözgas – Gewinnung gewonnen werden können.“ Noch erstaunlicher ist es, dass diese Abschätzung des Potenzials dem UBA zugeschrieben wird: „Das Umweltbundesamt (UBA) schätzt in einer Studie, dass sich mit den vermuteten Schiefergasvorkommen der deutsche Gasbedarf für 13 Jahre decken ließe.“ (Link), Dabei hat das UBA keine Untersuchungen zum Potenzial angestellt, sondern lediglich die BGR zitiert! Was die BGR betrifft, wuden im Zusammenhang der Studie auch Umweltaspekte beleuchtet. Das Ergebnis ist, dass Hydraulic Fracturing unter Einhaltung der gegenwärtigen Regularien beherrschbar ist.

Überhaupt keine Beachtung in der medialen Welt findet die „Shale Gas Information Platform“ (SHIP) des Geoforschungzentrums Potsdam. Dieses international renommierte Institut erforscht die Schiefergasgewinnung in Europa und sammelt internationale wissenschaftliche Informationen rund ums Thema. Auch dort kommt man zum Schluss, dass Hydraulic Fracturing beherrschbar ist und die potenziellen Risiken als gering eingeschätzt werden (Link). Stattdessen wird eine Stellungnahme des Sachverständigenrates Umwelt publik gemacht, die jeglichen Nutzen der Schiefergasförderung im Inland verneint. Es bleibt an dieser Stelle festzuhalten, dass fachlich wenig Kompetenten sehr viel medialer Raum geschaffen wird, auf der anderen Seite jedoch seit Jahren involvierte Wissenschaftler öffentlich weitestgehend ignoriert werden.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Öffentlichkeit via zahlreicher Medien getäuscht wird, was die vermeintlichen Gefahren des Hydraulic Fracturing betrifft. Dieses äußert sich in Falschdarstellungen, egal ob bewusst oder unbewusst aber auch in der Unterschlagung von wichtigen Informationen.

Und wie es der Zufall so will, bestätigen sich die Analysen: „For those who have followed the debate over hydraulic fracturing in recent years, it will come as no surprise to learn that oil and gas opponents conveniently ignore credible research and authoritative sources that don’t support their ideological views.“ (Quelle)

*(Link)

Anmerkung des Verfassers: Der letzte Abschnitt unter der Teilüberschrift Mediale Anti-Fracking-Propaganda wurde nach Beschwerde des kritisierten Jürgen Döschners umformuliert. Er hatte mich via e-Mail dazu aufgefordert, den Abschnitt komplett zu „tilgen“. Dieser Aufforderung bin ich nicht nachgekommen, da ich mir nicht meine Meinung (den Mund) verbieten lasse.