Das Verschweigen der Entwarnung
Ende des Jahres 2010 wurde publik, dass es an einer Lagerstättenwasserleitung im Bereich des Erdgasfeldes „Söhlingen“ zu einer Kontamination mit Quecksilber und Benzol auf einer Länge von ca. 250 Metern kam. U.a. der NDR strickte aus dieser flächenmäßig kleinen Verschmutzung einen „Umweltskandal“1)Text2)Video der Sendung “Markt” plus Text dazu. und brachte das Ereignis zudem mit Hydraulic „Fracking“ Fracturing in Verbindung, da zu dieser Zeit gerade die Diskussion um das seit über 60 Jahren bewährte Verfahren aufkeimte.
Mit einem bis an die Schmerzgrenze polemischen und tendenziösen Beitrag wurde das Vorkommnis in der Sendung „Markt“ thematisiert und mit effekthaschenden Bildern und Kommentaren untermalt. So heißt es ab Minute 1:203)Video der Sendung “Markt” plus Text dazu.: „Die erschreckende Realität nach 3 Jahrzehnten Gasförderung: ‚Diese Leitungen und Behälter, völlig verrostet‘ und: ‚Wie mag es da erst unter der Erde aussehen?‘. Dazu eine Anmerkung: Zu sehen sind Anlagen der Erdgasaufbereitung der Sonde „Söhlingen Z1“, die zu dem Zeitpunkt kurz vor der Demontage standen, da die Erdgasaufbereitung aufgrund nachlassender Fördermengen auf zentrale Aufbereitung umgestellt werden sollte. Dieses geht aus einem online abrufbaren Abstract der DMGK hervor. 4)Abstract Offensichtlich fühlten sich die Rechercheure des NDR nicht dazu bemüßigt, beim Betreiber der Anlage nachzufragen. Sie wären mit Sicherheit zu dem Ergebnis gekommen, dass man ein Bauwerk nicht saniert, bevor man es abreißt bzw. in dem Fall demontiert. Dass die Anlage nur etwa ein Vierteljahr nach dem Video in einem neuen Glanz erstrahlte, wie mein Hausfotograf „chef79“ dokumentierte, lag ganz bestimmt nicht an der „Berichterstattung“ des NDR, sondern ist eine Folge der o.g. Dekomplexierung des Feldes „Söhlingen“. Das beweist auch die Verschlankung der Anlagen zur Erdgasaufbereitung. Im Filmbeitrag heißt es dann weiter, dass an der kontaminierten Stelle eine „mysteriöse“ Baustelle existierte., die dann nachts auch noch „gut bewacht“ wurde. Dramatischer ging’s wohl kaum? Baustellen werden heutzutage, und ich spreche aus beruflicher Erfahrung, stets aufgrund Dieseldiebstahls aus Baumaschinen gut bewacht. was soll also das Besondere an dem gezeigten Fall sein? Hier wird m.M. nach schon Vertuschung des Vorfalls dem unbedarften Zuschauer suggeriert. Diese Unterstellung der Vertuschung gipfelt darin, dass ca. ab Minute 3:10 ein (übliches) Baustellenschild gezeigt wird, was über das Vorhaben informiert (Sanierung der Leitung). Als Beleg für die angebliche Vertuschung sollen Handyanrufe einer jungen Dame dienen, die angeblich die auf dem Baustellenschild ausgewiesenen Adressaten nicht erreichten sondern irgendwelche anderen Leute. Die Rufnummern sollen demnach falsch sein. Unseriöser (durchschaubarer) geht es kaum, denn diese Szene kann ohne weiteres gestellt sein. Zur angeblichen Vertuschung: Es wird ein Baustellenschild unmittelbar neben einer wenig frequentierten Straße in einem kaum bewohnten Gebiet gezeigt. Nun fragt sich jeder normal denkende Mensch, was diese offensichtliche Information gerade in Bezug auf die kleine Fläche der Kontamination mit unterstellter Vertuschung gemein haben soll. Es ist es nicht Wert, auf den Rest des Filmes einzugehen, da nachweislich eben nicht vertuscht, sondern im Rahmen des Ereignisses informiert worden ist. Entsprechend erbost reagierte die Bürgermeisterin von Visselhövede, Franka Strehse (SPD) auf die Berichterstattung (Link)
Die weitere Entwicklung
Später wurde von angeblich erhöhten Quecksilber- und Benzolwerten von unmittelbaren Anwohnern der Schadensstelle seitens des NDR „berichtet“. Werte, die eine Erhöhung gegenüber des Normalwertes aufzeigten, wurden nicht genannt (soviel zum Thema „Vertuschung“, nicht wahr, NDR?). ExxonMobil als Beschuldigte gab daraufhin eine Studie in Auftrag, die von Professor Dr. Ulrich Ewers (Mitglied des Dialogprozesses bezüglich „Fracking“)5)Dialogprozess sowie vom gerne vom NDR (sic!) hinzugezogenen Toxikologen Dr. Hermann Kruse (Universität Kiel) erstellt worden ist. Ergebnis: „Die Ergebnisse der im Januar 2012 bei drei Personen durchgeführten Blutuntersuchungen auf BTEX und Quecksilber zeigen,dass bei diesen Personen zum Zeitpunkt der Blutentnahme keine auffällig erhöhte Exposition gegenüber diesen Schadstoffen und vorgelegen hat. Die Ergebnisse der Blutuntersuchungen geben keine Hinweise auf eine gesundheitsschädliche Belastung durch diese Stoffe.“6)Umweltmedizinisch-toxikologische Bewertung von Boden-, Luft- und Grundwasserverunreinigungen Beim NDR fand sich zu diesen Untersuchungsergebnissen kein Wort. Warum auch? Man müsste sich ja eingestehen, dass man die Öffentlichkeit falsch informierte.
Die Realität
Aufgrund dieser Berichterstattung bzw. der Vermutungen eines Zusammenhangs zwischen den (nicht) erhöhten Quecksilber- und Benzolbelastungen der Familie S. und der Erdgasförderung oder sogar der Fracmaßnahmen in der Lagerstätte Jahre zuvor veranlasste das zuständige Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) Immissionsmessungen bezüglich der genannten Stoffe im Umfeld der Station „Söhlingen“. Das Ergebnis der sechsmonatigen Untersuchung ist, dass im Umfeld der Station keine erhöhten Immissionen nachgewiesen werden konnten und somit auch keine Gesundheitsgefährdung besteht. Dieses eindeutige Ergebnis ist auf den Seiten des LBEG nachzulesen.7)Immissionsmessungen an einer Erdgasstation im Landkreis Rotenburg (Wümme) Beim dramatisierenden NDR wurde dieses Ergebnis jedoch nicht erwähnt sondern verschwiegen. Oder sollte man besser sagen „vertuscht“? Gleiches gilt für die Lokalpresse, wo diese Entwarnung nach meinen Recherchen auch verschwiegen wurde.
© des Bildes by chef79