Deutschland: Ölreserven steigen – Gasreserven gehen weiter zurück

Seit fast 20 Jahren ist die Erdgasproduktion in Deutschland von einem stetigen Rückgang gekennzeichnet. Gleichzeitig sinken die Gasreserven deutlich und durch Neubewertungen der Lagerstätten oft stärker als es die Förderung erwarten lässt. Signifikante Neufunde zur Verbesserung der Reservensituation sind seit 1992 ausgeblieben. Die Erdölproduktion ist, abgesehen von einer kurzzeitigen Erholung um die Jahrtausendwende, bereits seit 1968 im Rückgang begriffen. Allerdings sind die heimischen Ölreserven mit Stichtag 01.01.2019 leicht angehoben worden. Das geht aus dem Reservenbericht für 2019 des niedersächsischen Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) hervor.

Anstieg der Ölreserven Deutschlands

Erdölförderbohrung „Löningen-West 5“. Foto: Steven Arndt, März 2019. Zum Vergrößern anklicken.

Deutschlandweit betrachtet sind die inländischen Ölreserven gestiegen. Auch wenn es aus dem LBEG-Bericht nicht eindeutig hervorgeht, ist diese Entwicklung der Neubewertung der Lagerstätte „Mittelplate/Dieksand“ zu verdanken. Sie befindet sich vor der Nordseeküste Schleswig-Holsteins und wird sowohl über eine Bohr- und Förderinsel im Wattenmeer sowie über mehrere Kilometer abgelenkte Richtbohrungen landseitig erschlossen. Die Lagerstätte ist hinsichtlich Produktionsrate und Reserven, aber auch im Hinblick auf initialen Lagerstätteninhalt die größte hierzulande. „Mittelplate/Dieksand“ wird der Förderregion „Nördlich der Elbe“ zugerechnet, zu der auch zwei noch in Produktion stehende Lagerstätten auf dem Gebiet der Hansestadt Hamburg zählen. Durch die Neubewertung sind die Reserven der Förderregion um 3,8 Mio. Tonnen bzw. 27,1 % gestiegen.

In allen anderen Förderregionen sind die Ölreserven gegenüber dem Vorjahr niedriger bewertet worden. Im Regelfall ist der Rückgang im Wesentlichen durch die laufende Produktion erklärbar. Anders verhält es sich jedoch mit der Förderprovinz „Oberrheingraben“. Hier sind die unter aktuellen wirtschaftlichen wie technischen Möglichkeiten sicher sowie wahrscheinlich gewinnbaren Ölvorräte deutlich gesunken. Der Rückgang belief sich auf 2,2 Mio. Tonnen bzw. – 35,2 %. Dabei lag die Produktion im Jahr 2018 lediglich bei 0,149 Mio. Tonnen. Der Rückgang ist offenbar auf eine Neubewertung der Lagerstätte „Römerberg“, die sich unter der Stadt Speyer befindet, zurückzuführen. „Römerberg“ ist der jüngste bedeutende Erdölfund i Deutschland und gelang zufällig 2003 im Zuge einer Bohrung zur Untersuchung geothermaler Potenziale. Sie stellt trotz der Reduktion die Lagerstätte mit dem größten initialen Reservenpotenzial in der Ölprovinz „Oberrhein“ dar.

Unter Berücksichtigung der deutlichen Reservenerhöhung nördlich der Elbe, der signifikanten Verringerung im Gebiet „Oberrhein“ sowie der laufenden Förderung ist insgesamt ein Zuwachs der Ölreserven Deutschlands zu verzeichnen. Dieser beträgt 700.000 Tonnen und liegt nun bei 29 Mio. Tonnen. Unter Annahme einer gleichbleibenden Förderrate beträgt die Reichweite der Reserven somit 14 Jahre gegenüber dem letztjährigen Wert von 12,8 Jahren. Die Ölproduktion in Deutschland wird jedoch über diesen Zeitraum hinaus erfolgen, da die Förderrate weiter sinken wird.

Seit fast 25 Jahren ist das Bundesland Hessen wieder mit eigenen Ölreserven im Bericht vertreten. Hintergrund ist der erfolgreiche Aufschluss einer Lagerstätte vor wenigen Jahren. Die mit 12.000 Tonnen als „sicher“ angegebenen Vorräte sind auch für deutsche Verhältnisse sehr klein. Allerdings sind die wahrscheinlichen Reserven mit 228.000 Tonnen fast 20-fach höher. Dies verdeutlicht die Unsicherheit hinsichtlich der Bewertung dieses noch „jungen“ Vorkommens. 2018 sind laut LBEG-Bericht aus der betreffenden Lagerstätte „Schwarzbach“ ca. 1.000 Tonnen produziert worden. Genauere Zahlen werden dem Jahresbericht „Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2018“ zu entnehmen sein. Dieser wird wahrscheinlich im Juni 2019 erscheinen.

Gasreserven erneut gesunken

KCA-Deutag-Bohranlage auf Teilfeldsuchbohrung „Burgmoor Z5“. Foto: Steven Arndt, März 2019. Zum Vergrößern anklicken.

Während die heimischen Erdölreserven sich auch unter Berücksichtigung der laufenden Produktion gegenüber dem Vorjahr erhöht haben, stellt sich die Situation bei den Vorräten an Erdgas in den hiesigen bekannten Lagerstätten anders dar. Abermals sind diese gesunken, und das über die Entnahme aufgrund der Produktion hinaus.

Für die Förderregion „Nordsee“ sind die Reserven sogar mit Null bewertet worden. Das ist damit zu erklären, dass die einzige Lagerstätte in der Ausschließlichen Wirtschaftszone Deutschlands nach 18 Jahren ausgefördert ist. Ursprünglich ist eine Produktionsdauer von mindestens 16 Jahren prognostiziert worden. Die Prognose war somit zutreffend. Im vergangenen Jahr konnten noch 35 Mio. Kubikmeter gewonnen werden. Immerhin genug, um mindestens 10.000 Haushalte mit Heizenergie zu versorgen.

Aber auch in allen anderen Förderregionen sind die Reserven teils deutlich über die Förderung hinaus im Rückgang begriffen. Besonders signifikant ist die Reduktion im Fördergebiet „Elbe-Weser“, das sich über den Gasgürtel von östlich Bremen bis in die Altmark im Norden Sachsen-Anhalts erstreckt. Während in der Region die Produktion ca. 3,1 Mrd. Kubikmeter betrug, sanken die Reserven um ungefähr den doppelten Betrag.

In der gegenwärtig bedeutendsten Förderregion „Weser-Ems“ sind hingegen die Reserven um 2,7 Mrd. Kubikmeter gesunken, während sich die Produktion 2018 auf ca. 3,5 Mrd. Kubikmeter belief. Ein Teil der Produktion konnte somit durch neue Reserven ausgeglichen werden. Alle weiteren Förderregionen in Deutschland spielen eine deutlich untergeordnete Rolle. Unter Annahme einer gleichbleibenden Produktion bei Ausbleiben signifikanter Neuaufschlüsse reichen die heimischen Reserven für nur noch 8 Jahre. Das bedeutet aber nicht, dass dann in Deutschland kein Erdgas mehr gefördert wird, wie jüngst bei der Gegnerschaft der heimischen Produktion zu lesen war. Schließlich wird die Produktion weiter zurückgehen, was bei gleichbleibenden Reserven eine Verlängerung des Zeitraums bedeutet.

Inländische Gasförderung bei nur noch 6,8 Mrd. Kubikmeter

Erdgasförderbohrung „Düste T4“. Foto: Steven Arndt, März 2019. Zum Vergrößern anklicken.

Insgesamt verbleiben mit Stichtag 01.01.2019 nur noch 54,5 Mrd. Kubikmeter nach gegenwärtigen Voraussetzungen wirtschaftlich wie technisch sicher und wahrscheinlich gewinnbare Erdgasreserven im Inland. Das LBEG weist in seinem Bericht ausdrücklich darauf hin, dass Ressourcen in unkonventionellen Schiefergas- sowie Kohleflözgaslagerstätten nicht in die Reservenbetrachtung einbezogen sind. Wenn es auch nicht im Bericht steht, ist das zurückzuführen auf a) unzureichende Erkundung der Potenziale die b) insbesondere auf die politisch bedingte Blockade zurückzuführen ist. Ohne wissenschaftliche Begründung haben die politischen Entscheidungsträger auf Druck von Bürgerinitiativen sowie Ökolobby-Verbänden beschlossen, die Erkundung von Erdgas- und untergeordnet Erdölpotenzialen in unkonventionellen Lagerstätten zu verunmöglichen.

Der Reservenrückgang ist im Wesentlichen jedoch auf die Erschöpfung der bekannten Lagerstätten bei gleichzeitigem Ausbleiben bedeutender Neufunde zurückzuführen. Der letzte größere Neufund („Völkersen/Völkersen-Nord“) mit einem Reservenpotenzial im zweistelligen Milliarden-Kubikmeter-Bereich datiert inzwischen mehr als 25 Jahre zurück. Und auch die gegenwärtig laufenden Teilfeldsuchbohrungen „Burgmoor Z5“ im Landkreis Diepholz sowie „Greetsiel-Süd Z1“ in Ostfriesland werden daran selbst im Erfolgsfall wenig ändern. Aber immerhin wird trotz weitverbreiteter NIMBY-Mentalität in Deutschland sowie politischen Hemmnissen weiter nach neuen Reserven gesucht.

Vielleicht kommt die Politik in Anbetracht dessen, dass wir inzwischen zu über 50 % vom autokratisch regierten Russland bezüglich der Gasversorgung abhängig sind sowie vor dem Hintergrund, dass die Niederlande, die aktuell noch zu 20 % zu unserem Gasbedarf von ca. 90 Mrd. Kubikmeter beitragen, in zwei bis drei Jahren als Versorger jedoch ausfallen werden, zur Vernunft.

Die inländische Gasförderung betrug 2018 nur noch 6,8 Mrd. Kubikmeter und sank gegenüber den Vorjahr nochmals sehr deutlich um 1,1 Mrd. Kubikmeter. Allein für die Förderregion „Weser-Ems“ war ein Rückgang von 4,3 Mrd. Kubikmeter um ca. 0,8 Mrd. Kubikmeter auf nur noch ca. 3,5 Mrd. Kubikmeter zu verzeichnen.

 

Artikelfoto: Tiefpumpenantrieb im Ölfeld „Rühlermoor“, Deutschlands größter Onshore-Lagerstätte. Foto: Steven Arndt, März 2019