Ein Plädoyer für Erdöl aus Mecklenburg-Vorpommern

Unser regelmäßiger Leser Walter Stephan, Mitglied des Fördervereins „Erdöl und Heimat e.V.“ Reinkenhagen, der das dortige Erdölmuseum Reinkenhagen betreibt, schrieb zum Artikel „CEP legt Aktivitäten in Vorpommern zunächst auf Eis“ einen inhaltsvollen Kommentar, der es Wert ist, als eigenständiger Beitrag hier publiziert zu werden.

von Walter Stephan, Stralsund

Als ich am 5.März in der Ostsee-Zeitung den Artikel mit der etwas reißerischen Überschrift „Goodbye, Texas: Ölfirma stoppt Bohrungen in MV“ und dem leicht provokatorischen „vorläufig“ las, wollte ich näher wissen, welche Bedeutung Erdöl für die Wirtschaft in Deutschland und damit auch in MV hat.

Ich habe mir die Jahresberichte für 2013 des Wirtschaftsverbandes Erdöl- und Erdgasgewinnung (WEG), des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie Niedersachsen (LBEG) sowie die amtlichen Mineralöldaten des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) angesehen, die alle im Internet zur Verfügung stehen.

Danach hat Deutschland bis 2008 jährlich deutlich mehr als 100 Mio. t. Erdöl importiert. Ab 2009 gingen die Importe zurück und betrugen 2014 nur noch 89,3 Mio. Tonnen. Das Erdöl kam aus 34 Ländern, die wichtigsten waren Russland mit 30 Mio. t sowie Norwegen, Großbritannien, Nigeria und Kasachstan mit zusammen ca. 47 Mio. t.

Im Vergleich dazu wurde eigenes Erdöl in Deutschland in wesentlich geringerer Menge gefördert. Im Jahr 2000 waren es noch 3,15 Mio. t und ab 2009 stets kleiner 3 Mio. t, im Jahr 2014 nur noch 2,44 Mio. t. Dieser Rückgang ist eine gefährliche Tendenz bei der Selbstversorgung mit diesem wichtigen Rohstoff. Mit unseren eigenen Ressourcen haben wir doch die Möglichkeit, einen Rohstoff nahe am Verbrauch, ohne energieaufwändige Transporte und unter strengsten Umweltauflagen, anders als in Nigeria oder Kasachstan, zu gewinnen.

Die Unternehmen des WEG, zu denen auch die Central European Petroleum GmbH (CEP) gehört, sehen sich in einigen Bundesländern mit einer höheren Förderabgabe auf Erdöl trotz gefallener Weltmarktpreise und mit zur Zeit noch unklaren Änderungen in der Bundesgesetzgebung, v.a. zum Bergrecht und dem Wasserrecht konfrontiert. Deshalb sind sie derzeit nicht in der Lage, langfristig und sicher ihre Investitionen zu planen.

Das betrifft natürlich auch die Beschäftigtenzahl. Im Jahr 2013 hatten die WEG-Unternehmen über 10.000 direkte Beschäftigte, und etwa die gleiche Anzahl hatten indirekt ihren Arbeitsplatz außerhalb der Unternehmen als Dienstleister usw. zu verdanken. Für das Jahr 2014 dürften diese Zahlen schon wesentlich geringer sein, da auch z.B. für ca. 60 % der in Deutschland verfügbaren Bohranlagen keine Aufträge vorliegen. Im laufenden Jahr wird sich unter den gegebenen Umständen die Lage eher verschlechtern als umgekehrt.

Aus diesem Grunde bedauere ich sehr, dass die CEP die Testarbeiten auf der Struktur Saal/Barth vorerst eingestellt hat. Ich kann aber das Unternehmen verstehen, denn unter den derzeitigen Verhältnissen kann CEP nicht weitere Millionen in ein Projekt investieren, von dem wegen fehlendem Langzeittest, der auch Millionen kostet, noch nicht sicher ist, ob es überhaupt, und wenn ja, zu welchen Bedingungen realisiert werden kann. Unternehmungen von privatwirtschaftlich tätigen Firmen müssen letztendlich immer so rentabel sein, dass die bisherigen Aufwendungen (etwa 65 Mio. €) refinanziert werden können und Kapitalrücklagen für zukünftige Investitionen wie Weiterführung von Detailuntersuchungen, weitere Bohrarbeiten usw. zur Verfügung stehen.

Falls die CEP ihre Vorhaben nicht realisieren kann, geht dem Land und seinen Firmen ein Wirtschaftsimpuls mit erheblichen Potenzialen aus der möglichen Auftragsvergabe an regionale Unternehmen verloren. Nach bisherigen Kalkulationen erfordert die Erschließung und Entwicklung des Feldes allein in den ersten 10 Jahren ein Volumen von ca. 760 Mio. Euro, wovon rund 25 Prozent, also etwa 180 Mio. Euro bei Unternehmen aus MV bleiben.

Das beträfe z. B. die Umweltplanung und den Garten- und Landschaftsbau mit etwa 6 bis 12 Mio. Euro und viele andere Gewerke, vor allem aber den Tiefbau sowie den Stahl- und Anlagenbau mit zusammen 95 bis 120 Mio. Euro. Herr Jäger sollte also seine Spekulationen über die Fündigkeit unterlassen und sich daran erinnern, dass er als Betreiber von Windkraftanlagen auch schon einen Plan verwerfen musste, weil die Forderung eines Bürgermeisters nach kostenloser Stromlieferung für seine Gemeinde als Gegenleistung für die Baugenehmigung das Projekt unrentabel machte.

Er sollte lieber erklären, warum Umweltplaner und Garten- und Landschaftsbauer, Wachdienste und Beherbergungsbetriebe, die Entsorgungswirtschaft, Tiefbau sowie Tief-, Stahl- und Anlagenbau auf dieses nicht so häufig auftretende Auftragspotenzial verzichten sollen. Das hin und wieder angeführte Alibiargument des nicht mehr benötigten Öls hilft hier nicht. Bedenken Sie, liebe Leser, dass in Ihrem Laptop 11 Liter verbrauchten Erdöls stecken und 45 Prozent jeder Windkraftanlage auf Erdöl basieren.

Meine Meinung ist: Eigenes Erdöl tut Deutschland und MV gut.

Ein Kommentar zu Ein Plädoyer für Erdöl aus Mecklenburg-Vorpommern

  • Dirk Weißenborn sagt:

    Sehr geehrter Herr Stephan,

    Sie haben da eine gute Zusammenfassung der Mengensituation beim Erdöl geliefert.
    Vielen Dank!

    „Bedenken Sie, liebe Leser, dass in Ihrem Laptop 11 Liter verbrauchten Erdöls stecken und 45 Prozent jeder Windkraftanlage auf Erdöl basieren.“

    Dieser Satz lädt zu weiteren Betrachtungen ein. Wenn ein jeder Laptop 11 Liter Erdöl in Form von daraus hergestellten Erölprodukten enthält, so könnte geschlussfolgert werden, dass zumindest ein Großteil davon, nämlich Gehäuse- sowie Tastaturbestandteile, durch – selbstverständlich unbehandeltes – Holz ersetzt werden könnte.

    Diese Vorgehensweise sollte jedoch nur Mitgliedern der Anti-Gasbohr-Sekte verpflichtend zur Auflage gemacht werden. Zur vollständigen Substitution der 11 Liter könnte auch der völlige Verzicht auf Laptops gefordert werden. Dann nähme der übers Netz verbreitete Blödsinn vielleicht auch ab.

    Wer aber auf dem weiteren Ausbau der Windmühlen besteht, kommt an der folgenden Feststellung nicht vorbei:

    Jede Windmühle mehr steigert tendenziell den Erdölverbrauch (GFK-Kunststoffe der Rotorblätter!) in inakzeptablem Ausmaß. Konsequenz: Der Gesetzgeber sollte die Windmühlenhersteller zur Verwendung unbehandelten Holzes zwingen. Aber bitte auch kein Tropenholz.

    Die Mitglieder der oben genannten Religionsgemeinschaft werden sich jedoch bestimmt bald mit einem bahnbrechenden Technologievorschlag aus der entstandenen Kalamität befreien wollen:

    Einführung der Power-To-Oil Technologie.

    Kosten spielen bei „Gläubigen“ doch keine Rolle, oder? Es winkt schließlich die Aufnahme ins himmlische Öko-Paradies.

    mfG

    Dirk Weißenborn

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