Erdölförderanlagen in schlechtem Zustand? Eine Kritik zu NDR-„Hallo Niedersachsen“ Bericht
Seit Ende des 19 Jahrhunderts wird in Niedersachsen kommerziell Erdöl gefördert. Heute ist das Bundesland nach Schleswig-Holstein das zweitwichtigste in Hinblick auf die deutschlandweite Erdölproduktion. Mit Stichtag 31.12.2017 waren insgesamt 854 aktive Erdölförderanlagen im Bundesland. Deutschlandweit sind von den Förderunternehmen exakt 1.000 aktive Erdölfördersonden gemeldet worden. Viele davon haben schon ein beachtliches Alter von 60 Jahren und mehr. Grund genug für NDR-„Hallo Niedersachsen“ im Zusammenwirken mit einem Anti-Erdöl-Erdgasförderungsaktivisten Sorge um alte Erdölförderanlagen zu unterstellen.
Aufmacher bereits faktisch unzutreffend
Nicht zum ersten Mal ist der Aufmacher zum Videobeitrag des NDR faktisch nicht haltbar. So wird behauptet, dass es im Land „Mehr als 1.800 Ölförderpumpen“ gäbe. Wie dem Jahresbericht „Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2017“ zu entnehmen ist, gab es in Niedersachsen wie einleitend erwähnt ca. 850 Erdölförderanlagen und im gesamten Bundesgebiet exakt 1.000. „Hallo Niedersachsen“ hat also einfach , sofern mit „im Land“ Niedersachsen gemeint ist etwa 1.000, falls Deutschland gemeint ist aber immer noch ca. 800 Förderbohrungen hinzugedichtet.
Weiterhin heißt es, dass die Pumpen alt wären. Das kann allein deshalb nicht zutreffen, weil die Pumpen, die sich im Bereich des produktiven Lagerstättenbereichs je nach Lagerstätte in hunderten bis tausenden Metern befinden, wegen Verschleißes ausgetauscht werden müssen. Alt sind dagegen die Bohrungen und in vielen Fällen auch die Antriebe der Tiefpumpen, welche oftmals an Pferde oder Esel erinnern und umgangssprachlich in Deutschland als Pferdekopfpumpen, im Englischen als „Nodding Donkeys“ (nickende Esel) bezeichnet werden. Diese Antriebe sehen in einigen Feldern bezüglich des Anstriches tatsächlich ungepflegt aus, was aber keine Aussage auf den qualitativen Zustand der eigentlichen Förderausrüstung zulässt.
Angeblich hegen laut „Hallo Niedersachsen“ Anwohner von Anlagen in den Landkreisen Diepholz und Nienburg den Verdacht, dass diese nicht gut gewartet würden. Doch Anwohner kommen im Beitrag nicht zu Wort, sondern stattdessen mit Andreas Rathjens aus Groß Meckelsen im Landkreis Rotenburg (Wümme) ein gegen die Erdöl- und Erdgasgewinnung opponierender Aktivist, der in zahlreichen Beiträgen des NDR zum Thema präsentiert wurde und bis zu dem Punkt, als er nicht mehr als „Überall-Anwohner“ durchging schließlich mal als „Landwirt“ (was er tatsächlich ist, jedoch nicht am Ort des Geschehens), „Erdgaskritiker“ oder just als jemand, der sich für Bürgerbelange einsetzt, wenn es Probleme mit Erdöl- und Erdgasförderung gäbe.
Mutmaßlich verhält es sich wohl eher so, dass Rathjens gerngesehener Stichwortgeber und Referenz ist, wenn der NDR einmal mehr versucht, die Erdöl- und Erdgasgewinnung in Deutschland mit einem Skandal zu belegen. Ob nun die Versenkung von Lagerstättenwasser (LaWa) diskutiert wird, oder der Umgang mit historischen Bohrschlammgruben oder aktuell die Thematik Zustand von Erdölförderanlagen: Jedes Mal ist Rathjens zu sehen und darf unhinterfragt seine Beurteilung zum Besten geben.
Zustand von Erdölförderanlagen tatsächlich schlecht?
Rathjens hat sich laut NDR-Beitrag viele „Pumpen“ im Landkreis Diepholz sowie im benachbarten Landkreis Nienburg angesehen und wäre überzeugt, dass mit vielen etwas nicht stimme.
Wie er zu diesem Schluss kommt, bleibt nebulös, da tatsächlich nur eine einzige Erdölförderanlage gezeigt wird, die nicht den Anforderungen eines ordnungsgemäßen Betriebs genügt. Aus der Stopfbuchse, die einen dichten Abschluss um das Pumpgestänge gewährleisten soll, blubbert hochgepumptes Lagerstättenmedium, ein Gemisch aus 97 % Wasser und 3 % Öl, heraus. So etwas kann trotz regelmäßiger Wartung passieren, genauso wie bei einem Auto z.B. die Zylinderkopfdichung plötzlich versagen kann. Doch wird ein Auto im Gegensatz zu Erdölförderanlagen nicht täglich kontrolliert. Dass es sich bei einer undichten Stopfbuchse nicht um einen normalen Zustand handelt, bestätigt auch mit Klaus Söntgerath ein Vertreter des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), welches als Aufsichtbehörde fungiert. Er fordert eine Änderung des Zustandes, der sicherlich erfolgen wir.
Denn dem Förderunternehmen, im konkreten Fall die ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG), dürfte daran gelegen sein, dass das geförderte Öl genutzt wird und nicht im Bohrlochkeller, einer Betonwanne zum Auffangen danebengehenden Lagerstättenmediums, unbrauchbar landet.
Was man allerdings auch aus Sicht eines grundsätzlichen Befürworters der Erdöl- und Erdgasgewinnung dem Betreiber EMPG durchaus vorwerfen kann und muss ist der optische Zustand nicht weniger Tiefpumpenantriebe in den Feldern Voigtei und Siedenburg sowie eingeschränkt Wehrbleck-Ost. Auch wenn die technische Integrität mit Ausnahme der im NDR-Beitrag gezeigten Bohrung gewährleistet ist, sollte sich ein Unternehmen der Marke ExxonMobil seiner Außenwirkung bewusst sein. Teils völlig verrostete Tiefpumpenantriebe liefern jedenfalls für Außenstehende kein vertrauenswürdiges Bild ab.
Angeblich unabgedeckte Auffangbehältnisse an Erdölförderanlagen
Laut des NDR-Beitrages befinden sich an zwei Produktionsbohrungen Eimer, in denen eine schwarze Flüssigkeit aufgefangen wird. Bei diesen Förderplätzen handelt es sich eindeutig um welche im Feld „Wietingsmoor“, das ebenfalls von der EMPG betrieben wird. Dem Verfasser sind beide Plätze von eigenen Besuchen her bekannt.
Noch nie standen dort die gezeigten offenen wannenartigen Behältnisse zum Aufangen von Flüssigkeiten. Was auf den Plätzen in Wietingsmoor und Wehrbleck/-Ost tatsächlich regelmäßig zu sehen ist, sind abgedeckte Auffangbehälter unterhalb der an der Produktionleitung installierten Molchschleuse.
Das plötzliche, zuvor nie beobachtete Auftauchen von offenen Behältern erscheint umsomehr suspekt, als dass im „Hallo Niedersachsen!“ – Bericht eingestanden wird, dass trotz Verbots sich angebliche „Anwohner“ Zugang zu den Förderplätzen verschafft haben. Wer sich illegal Zugang zu Förderplätzen verschafft, um angebliche Verstöße zu dokumentieren, dem ist auch zuzutrauen, dass diese angeblichen Verstöße inszeniert sind.
Es ist an dieser Stelle ganz klar deutlich zu machen, dass es sich um eine Vermutung handelt. Aber aufgrund dessen, dass sich kein einziger „Anwohner“ zu erkennen gibt, sondern stattdessen nur Aktivist Rathjens sowie mit Dorothea Steiner vom BUND eine Vertreterin eines Umweltverbandes zu Wort kommen, erscheint dem Verfasser auch in Anbetracht anderer NDR-Beiträge zum Thema Erdölförderung, bei dem angebliche „Anwohner“ als unbetroffene Ortsfremde ausgemacht werden konnten, die Vermutung plausibel, dass sich tatsächliche Anwohner nicht beim NDR gemeldet haben.
Diese dürften zudem schwer zu finden sein, da es sich bei den gezeigten Bohrungen um die Wietingsmoor 3 sowie Wietingsmoor 11 handelt,in deren unmittelbarer Nachbarschaft, abgesehen von einem Einzelgehöft, keine“Anwohner“ zu finden sind.
Auffällig ist zudem, dass ausschließlich Erdölförderanlagen der EMPG Gegenstand des Berichtes sind, nicht aber Anlagen des unmittelbar an „Wietingsmoor“ angrenzenden und geologisch eine Einheit bildenden Feldes „Düste-Valendis“, welches von Wintershall betrieben wird. Die Intention wird aber durch Andreas Rathjens geliefert: Er traut der ExxonMobil einfach nicht mehr.
Wie so oft kann sich der Verfasser nicht des Eindrucks erwehren, dass dieser Beitrag des NDR nicht aufklären, sondern Stimmung gegen die Erdölförderung und dabei speziell gegen die EMPG machen sollte. Falsche Zahlen in der Aufmachung, trotz Erwähnung kein einziger zu Wort kommender „Anwohner“ und reine Konzentration auf Erdölförderanlagen der EMPG erhärten die Vermutung. An ExxonMobil sei dennoch appeliert: Auch wenn die technische Integrität der Anlagen weitestgehend durch tägliche Kontrolle gewährleistet ist und der gezeigte aufgebauschte Fall eine Ausnahme darstellt, sollten die Antriebsaggregate dennoch optisch in gutem Zustand gehalten werden. Die Rostböcke von Voigtei und Siedenburg sind gewiss nicht vertrauensfördernd.