Unsachliche Kritik von Umweltverbänden wegen geplanter Produktionserhöhung aus Erdgasbohrung Goldenstedt Z23
Schon 1959 ist in Sandsteinen des Karbon die Erdgaslagerstätte „Goldenstedt-Oythe“ aufgeschlossen worden. Bis Ende 2017 konnten über 4 Milliarden Kubikmeter Erdgas gewonnen werden. Da es sich bei der Lagerstätte um ein „Tight Gas“-Vorkommen handelt, das Gas also in sehr dichten, kaum durchlässigen Gesteinen gespeichert ist, ist eine wirtschaftliche Produktion nur nach Anwendung des bewährten Hydraulic-Fracturing-Verfahrens (umgangssprachlich „Fracking“) möglich. Auch die Bohrung Goldenstedt Z23 ist insgesamt 16 solcher Fracmaßnahmen in unterschiedlichen Segmenten erfolgreich unterzogen worden. Und zwar so erfolgreich, dass sie seit Inbetriebnahme gedrosselt produziert. Deshalb plant die ExxonMobil Production GmbH (EMPG) als Betreiber eine Erhöhung der Förderrate aus der Bohrung, was ortsfremde sogenannte Umweltschützer auf den Plan ruft.
von Markus Stahmann und Steven Arndt
Grundwasserbeeinträchtigung befürchtet
Zu den standardmäßigen Befürchtungen der Umweltschützer zählt spätestens seit der Pseudo-Dokumentation „Gasland“, dass die Förderung von Erdgas das Grundwasser „verseuchen“ könnte, insbesondere dann, wenn das Fracverfahren angewendet wurde. Deutschland verfügt gegenwärtig über ca. 500 produktive Erdgasbohrungen sowie zusätzlich über noch einmal doppelt soviele Erdölförderbohrungen. Bei keiner dieser Bohrungen ist es jemals dazu gekommen, dass Erdgas, Erdöl oder mitproduziertes Lagerstättenwasser (LaWa) in Grundwasserleiter übergegangen ist. Dennoch verbreiten die Umweltschützer u.a. auf ihren sogenannten Informationsveranstaltungen gegen die heimische Erdgasgewinnung die Mär, dass es sich um ein bedeutendes Gefährdungspotenzial handelt.
Auch beim aktuellen Vorhaben zur Fördererweiterung über 500.000 m³/Tag, was eine Umweltverträglichkeitsprüfung erfordert, argumentieren Vertreter des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) sowie des Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) mit der angeblichen Gefährdung des Grundwassers gegen das Projekt.
Unter anderem sehen sie eine Gefährdung, weil bereits vor nunmehr 8 Jahren im ca. 4 Kilometer und tiefer liegendem Speichergestein Fracmaßnahmen vorgenommen worden sind. Dabei ist es aus verschiedenen Gründen quasi ausgeschlossen, das Fracfluid ins Grundwasser gelangt. Denn 1. ist die Bohrung im Bereich des Grundwassers mehrfach abgedichtet, 2. befinden sich über der Lagerstätte mehrere Kilometer selbst für Gase undurchlässige Gesteinspakete und 3. wird vor Inbetriebnahme einer Bohrung diese freigefördert. Das bedeutet: Beim Anfahren der Bohrung fördert das aufsteigende Erdgas zuvor eingebrachte Flüssigkeiten (Spülung, Fracfluid) mit heraus.
Nach 8 Jahren Produktionszeit kommen höchstens, wenn überhaupt, nur noch homöopathische Mengen an Fracfluid heraus. Und diese müssten, siehe Punkt 1. folgende Barrieren überwinden: Austritt aus dem Förderstrang und Übertritt in die erste Verrohrung. Anschließend Übertritt durch mindestens zwei weitere Verrohrungen, deren Zwischenräume nochmals mit Tiefbohrzement gefüllt sind. Es müssten also mindestens 5 Barrieren schadhaft sein und die letzte dann auch noch im Bereich des zur Trinkwassergewinnung genutzten bzw. nutzbaren Grundwasserleiters. Nach menschlichem Ermessen liegt die Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Schadensereignisses bei sage und schreibe NULL.
Kontrollbrunnen im Umfeld der Goldenstedt Z23
Grundsätzlich sind u.a. auch Tiefbohrungen in Wasserschutzgebieten der Kategorie II nicht genehmigungsfähig. Grundsätzlich bedeutet im juristischen Sinne jedoch, dass Ausnahmen möglich sind. Die Bohrung selbst befindet sich zwar in einer Schutzzone IIIA, jedoch verlaufen Transportwege zur Bewirtschaftung der Förderbohrung auch durch die Schutzzone II mit strengenren Anforderungen an den Wasserschutz.
So gibt es beispielsweise eine Ausnahmegenehmigung für den Transport wassergefährdender Stoffe durch die Zone II des Wasserschutzgebietes Vechta-Holzhausen, aber auch eine Genehmigung für die Lagerung wassergefährdender Stoffe auf dem Sondenplatz im Gebiet der Schutzzone IIIA. Weil es diese Sonderregelungen gibt, sind Kontrollbrunnen zur Beweissicherung eingerichtet worden. Ergänzend wird ein bestehender Kontrollbrunnen genutzt. Im Jahr 2011 wurde zudem speziell hinsichtlich dem verwendeten Fracfluid beigemengter Zusätze untersucht (Umweltverträglichkeitsstudie für die Erhöung des Fördervolumens der Erdgasbohrung Goldenstedt Z23 auf täglich mehr als 500.000 Kubikmeter Erdgas).
Wie bereits weiter oben argumentiert zeigen die Sicherheitsvorkehrungen ihre beabsichtigte Wirkung. Sie trennen nachweisbar sicher am konkreten Beispiel eine Kohlenwasserstoff-Tiefbohrung vom Grundwasser, welches für die Trinkwassergewinnung nutzbar ist und sogar genutzt wird.
Nachgewiesene Unbedenklichkeit genügt Kritikern nicht
Obwohl durch jahrelanges Monitoring die Bedenken der Kritiker aus den Reihen der Umweltverbände nicht belegt werden konnten, sind diese mit den Ergebnissen der Überwachung nicht zufrieden. So wird laut Zeitungsartikel das Landesbüro Naturschutz Niedersachsen (Labün) dahingehend zitiert, dass die Beschreibung der Grundwassersituation in der Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) „unzureichend“ wäre. Eine Begründung seitens des Labün wäre nett, findet im Artikel aber keinen Niederschlag und dürfte auch nicht berforderlich sein. Denn immerhin wird die Situation auf 10 von 90 Seiten der UVS detailliert dargelegt und sogar das Verhalten der Kontrollbrunnen durch die Trinkwassergewinnung beschrieben. Aber Oragnaisationen wie das Labün behaupten gerne etwas ohne fundiert zu erklären, warum.
Ein den Verfassern teils persönlich bekannter Vertreter des BBU, Herr Thorben Gruhl, moniert, dass ins den Antragsunterlagen „Vorbelastungen“ durch Fracarbeiten in der benachbarten Bohrung „Goldenstedt Z9“ keinerlei Beachtung fänden.
Nun ist es schon äußerst seltsam und ziemlich dreist, Vorbelastungen zu unterstellen, obwohl es faktisch dafür keine Belege gibt. Doch das ist, siehe auch Labün-Äußerung, das Wesen der vorgeblichen Umweltschutzverbände: Es wird etwas behauptet, was nicht den Tatsachen entspricht. Spricht man die Personen darauf an, wird auf die Kritik nicht eingegangen, gedruckst oder eine andere Baustelle, die mit dem Sachverhalt nichts zu tun hat, aufgemacht.
Vorbelastungen, wie unterstellt, sind durch die Fracmaßmaßnahmen in der Bohrung Goldenstedt Z9 nicht belegt. Zudem sind hydraulische Stimulationen, die in der Z9 stattgefunden haben für die Z23 völlig irrelevant. Denn beide Bohrungen befinden sich an der Erdoberfläche nur wenig voneinander entfernt, im Untergrund liegt der Zielpunkt jedoch weit auseinander. Auf dem beigefügten Luftbildausschnitt haben wir es schmatisch dargestellt. Ergänzend ist zu erwähnen, dass sich die Z9 zwar im selben tektonischen Südblock der Lagerstätte „Goldenstedt-Oythe“ befindet, durch Compartmentbildung (eigenständiger Lagerstättenbereich) sowie durch den Tight-Gas-Charakter der Lagerstätte vom Drainagegebiet der Goldenstedt Z23 entkoppelt ist.
In die Reihe „Wir behaupten einfach mal was.“ fügt sich auch der Naturschutzbund Deutschland (NABU) ein. Dessen Vertreter ist der Ansicht, dass eine höhere Gasentnahme es „mehr Konflikte mit dem Grundwasserschutz“ gäbe. Eine Erklärung dafür, warum dem so sein soll, bleibt im diskutierten Zeitungsartikel aus. Faktisch gesehen gibt es auch keine plausible: Zwar wird die Fördermenge erhöht, doch an der untertägigen Ausrüstung, die jahrelange Sicherheit hinsichtlich des Grundwasserschutzes erwiesen hat, wird nichts verändert. Es wird auch keine zusätzlichen Bohrungen geben, denn die Förderausweitung bezieht sich konkret nur auf die Goldenstedt Z23.
Kritikpunkt Erdbebengefahr durch Fördererweiterung aus Goldenstedt Z23
Im Zusammenhang mit der Erdgasförderung wird seit einigen Jahren auch eine dadurch generierte Erdbebengefährdung von seiten der Kritiker inländischer Erdgasgewinnung, aber auch aus wissenschaftlicher Sicht diskutiert. Doch im Gegensatz zur angeblichen Gefährdung des zur Trinkwassergewinnung potenziell nutzbaren Grundwassers ist diese Gefährdung durchaus auch in Deutschland gegeben. In diesem Zusammenhang verweisen wir auf unseren Beitrag Induzierte Erdbeben in Deutschland als Folge der Erdgasförderung? .
Da es im Umfeld einiger größerer, aber längst nicht aller, Erdgaslagerstätten unregelmäßig zu seismischen Ereignissen mit in an einer Hand abzählbaren Schadensereignissen gekommen ist, ist die Gefährdung durch Erdbeben ein stets gesatteltes Steckenpferd im Kanon der gewollten Angstschürerei der Erdgasförderungsgegner.
Auch hier heißt es wiederum, diese Mal von BBU und Labün, dass die Auswertungen hinsichtlich der Erdbebengefährdung „unzureichend“ seien. Warum unzureichend? Es fehlt einmal mehr die Begründung. Die versucht zumindest der NABU-Vertreter zu geben, indem er sagt (Zitat aus Zeitungsartikel): „Wenn aus demselben Bohrloch mehr Gas als zuvor gefördert würde, führe das zu einem Spannungsverhältnis, das sich irgendwann auswirken könne.“
Ein konkretes Argument hat der NABU-Vertreter nicht vorzutragen. Zudem verhält es sich so, dass mit Produktionsbeginn sich die Druck- und somit Spannungsverhältnisse rund um eine Bohrung ändern. Nach Argumentation des NABU-Vertreters müssten demnach Erdbeben sofort nach Beginn der Förderung eintreten.
Doch schauen wir wieder einmal auf die Faktenlage: Tatsächlich hat es im Bereich von Erdgaslagerstätten in Deutschland, die an das Karbon geknüpft sind, noch nie messbare seismische Ereignisse gegeben. Auch die Lagerstätte „Goldenstedt-Oythe“, welche von der Goldenstedt 23 drainiert wird, ist davon nie betroffen gewesen. Anders verhält es sich mit „Goldenstedt-Visbek“, einer benachbarten Lagerstätte in jüngeren Ablagerungen des dem Zechstein (Oberperm) angehörenden Staßfurtkarbonats (u.a. Joswig[2017]).
Anhand von fünf Befunden kommt Joswig (2017) zum Ergebnis, dass für die Erdgaslagerstätte Goldenstedt-Oythe durch die geplante Produktionserhöhung der Goldenstedt Z23 nicht von einer Erhöhung der Erdbebengefährdung auszugehen ist. Das ist u.a. damit zu begründen, dass für die Region des Erdgasfeldes Goldenstedt-Oythe keinerlei seismische Aktivität trotz jahrzehntelanger Produktion registriert worden ist (Befund 1). Zudem zeige die bislang ausgebliebene Subsidenz (Absenkung der Erdoberfläche infolge der Gasentnahme), dass das Speichergestein eine stabile Gesteinsmatrix aufweise sowie oberhalb der Lagerstätte befindliche Salzformationen eine geomechanische Entkopplung von Lagerstätte und Deckgebirge begünstigen. Das, sowie die drei weiteren Befunde sind wissenschaftlich plausible Erklärungen und keine unwissenschaftliche Aussage aus dem Bauch heraus, wie vom oben erwähnten NABU-Vertreter.
Umweltverbände werfen LBEG Arroganz und Parteilichkeit vor
Laut des Zeitungsartikels werfen die Umweltverbände dem den Erörterungstermin (Scopingtermin) moderierenden Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) Arroganz vor. Besonders heftig haben wohl die beiden Vertreter des BBU reagiert. Es wurde dem LBEG vorgeworfen, die Kritiker arrogant behandelt zu haben, gegenüber dem Projektträger EMPG sich jedoch devot verhalten zu haben.
Das ist insofern schon amüsant, da beide Vertreter auf den von ihnen durchgeführten sogenannten Informationsveranstaltungen im Zusammenhang mit Erdgasgewinnung selbst überheblich, besserwisserisch, herablassend bis beleidigend gegenüber Personen mit fachlicher Expertise, seien es nun Vertreter der erdgasproduzierenden Unternehmen, der Genehmigungsbehörden (speziell LBEG) oder im Auftrag für diese tätige Gutachter, auftreten.
Doch nicht nur das: Auch auf politisch extrem links stehenden Portalen wie scharf-links.de speiht der BBU seinen Geifer und bezeichnet den tatsächlich als kurzfristig einberufen zu wertenden Erörterungstermin zur Fördererhöhung aus Goldenstedt Z23 als „überfallartig“ angesetzt. Es ist traurig, dass Organisationen, die zu solcher Wortwahl greifen, von einigen Medienschaffenden inklusive öffentlich-rechtlichen ernstgenommen werden. Dass im Gegenzug ExxonMobil aufgrund einer vom Labün beantragten Fristverlängerung selbst nur knapp zwei Wochen Zeit hatte, auf die Stellungnahmen der Umweltverbände zu reagieren, dürfte diese vermutlich in keinster Weise interessieren.
Kleiner Fun-Fact zum Abschluss: Organisationen wie NABU, BUND und BBU spielen sich regelmäßig dahingehend auf, die (neues Modewort) „Zivilgesellschaft“ zu vertreten, was immer das sein soll. „Zivil“ ist vom lateinischen Wort „civis“ abgeleitet, was mit „Bürger“ übersetzt wird. Die Verbände maßen sich in ihrer unglaublichen Arroganz also an, die Gesamtheit der Bürger zu vertreten. Dabei ist es ziemlich offensichtlich, dass die unmittelbar betroffenen Bürger überhaupt kein Interesse am Vorhaben zeigen. So heißt es in einer Pressemitteilung des LBEG mit Bezug auf den Erörterungstermin (Hervorhebung durch Verfasser): „Insgesamt sind 16 Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange sowie Natur- und Umweltschutzvereinigungen eingegangen. Einwendungen von Bürgerinnen und Bürgern gegen das geplante Vorhaben gab es nicht.“
Offensichtlich können in den meisten traditionellen Fördergebieten die ortsansässigen Bürger sehr gut mit der Gewinnung von Erdöl und Erdgas koexistieren. Abgesehen von den Ausnahmen bei Rotenburg (Wümme) und Verden gibt es keinen größer angelegten Widerstand gegen die Erdgas- und Erdölförderung. Bei Sulingen könnte die Stimmung allerdings kippen, nachdem lokale Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen in Kooperation mit ortsfremden Vertretern des BBU versuchen, die Bevölkerung mit Panikmache gegen ein Lagerstättenwasser-Entsorgungsprojekt aufzuwiegeln. Wir berichteten darüber HIER und in einem zweiten Teil HIER.
Informationen seitens der EMPG können die Leser hier finden: Projektbeschreibung Fördermengenerhöhung
Glück Auf!
Artikelfoto: Abteufen der Bohrung Goldenstedt Z23. Foto: Markus Stahmann