ExxonMobil bohrt Multilateralbohrung in Erdgaslagerstätte Goldenstedt

Kohlenwasserstoffbohrungen fallen in der Landschaft kaum auf

Am 23. April 2018 teilte die ExxonMobil Production GmbH (EMPG) mit, an der Erdgasbohrung Goldenstedt Z12a Arbeiten durchführen zu wollen. Da sich die Mitteilung zunächst wie eine Standard-Mitteilung bezüglich Bohrlochreinigung las, schenkte der Verfasser ihr keine weitere Beachtung. Das war ein Fehler, denn tatsächlich finden dort technisch höchst interessante Arbeiten statt, die in dieser Woche abgeschlossen werden sollen. Und zwar wird aus dem bestehenden Loch eine sogenannte Multilateralbohrung durchgeführt.

Was ist eine Multilateralbohrung?

Coiled Tubing-Anlage auf Erdgasbohrung „Goldenstedt Z12a“ zum Erstellen der Multilateralbohrung. Foto: Steven Arndt, April 2018

Doch was ist unter einer Multilateralbohrung zu verstehen? Das Wort multilateral setzt sich zusammen aus multi, was zu deutsch viel, vielfach oder mehrfach bedeutet sowie lateral, was mit etwas seitwärts oder seitlich gelegen beschrieben werden kann. Bei Multilateralbohrungen handelt es sich demnach um solche, die aus einem Stammloch heraus seitwärts abgelenkt werden, wobei mehrere Äste angelegt werden können. Eine anschauliche Darstellung der DEA hier: Multilateral-Bohrungen

Zu unterscheiden sind Multilateralbohrungen von geologischen Ablenkungen laut Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) folgendermaßen: Der Unterschied von multilateralen zu geologischen Ablenkungen besteht darin, dass die multilateralen Ablenkungen gleichzeitig offen sind, während bei den geologischen Ablenkungen die chronologisch früheren Ablenkungen verfüllt wurden. Multilaterale Bohrungen werden mit „M“ nach dem Bohrungsnamen der ursprünglichen Bohrung sowie einem Zähler, der die Nummer der multilateralen Ablenkung angibt, gekennzeichnet. Die hier vorgestellte Multilateralbohrung trägt somit die Bezeichnung „Goldenstedt Z12a M1“.

Ziel der Multilateralbohrung

Klassische Bohranlage (ITAG-Rig 27) auf Erdgasbohrung „Goldenstedt Z21“. Foto: Steven Arndt, März 2012

Nach Angaben des LBEG (NIBIS-Kartenserver) ist die Stammbohrung „Goldenstedt Z12“ bereits jahresübergreifend 1981/82 bis auf das Westfal C des Oberkarbon als Erweiterungsbohrung niedergebracht worden. Knapp 23 Jahre später erfolgte eine geologische, nach Unternehmensangaben horizontal geführte, Ablenkung zur „Goldenstedt Z12a“. Bohrziel war das gasführende Staßfurtkarbonat in ca. 3.700 Metern Tiefe. Der jetzt in Erstellung befindliche laterale Ast soll ebenfalls das Staßfurtkarbonat etwas strukturhöher bei 3.600 Metern erschließen. Die Ablenkung soll dazu dienen, die Produktion aus der Bohrung zu sichern.

Zum Erstellen der Bohrung wird keine klassische Bohranlage eingesetzt, sondern eine Coiled Tubing-Anlage. Mit Hilfe solcher Anlagen, bei denen ein kilometerlanger Stahlrohrstrang aufgewickelt ist (engl. coiled tubing) können verschiedenste Arbeiten durchgeführt werden. Typische Einsatzgebiete in Deutschland waren und sind hydraulische Fracarbeiten, Bohrlochreinigungen, Verfüllungsarbeiten, oder, wenngleich auch seltener, Bohrarbeiten wie im aktuellen Fall.

Mit der „Goldenstedt Z12a M1“ ist nach unserem Kenntnisstand die erste Multilateralbohrung in einer deutschen Erdgaslagerstätte durchgeführt worden. Zuvor sind lediglich in Deutschlands einziger Offshore-Erdöllagerstätte „Mittelplate“ solche technisch innovativen Bohrarbeiten durchgeführt worden.

Anm.: Inzwischen sind wir in Kenntnis gesetzt worden, dass zuvor bereits auf der Goldenstedt Z25 das Verfahren durchgeführt wurde.

 

Artikelfoto: Erdgasförderbohrung „Goldenstedt Z14“. Steven Arndt, April 2018