LBEG führt umfassende Schadstoffuntersuchungen an Erdgasförderplätzen durch
Im Frühjahr 2014 führte der Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) im Bereich der Erdgaslagerstätte „Söhlingen/-Ost“ Bodenbeprobungen durch. Dabei wurden im Umfeld der Betriebsplätze „Söhlingen Z6“ (gleichnamige Bohrung ist seit Jahren aufgegeben und verfüllt) sowie „Söhlingen-Ost Z1“ in zwei Bodenproben Quecksilberwerte von 4,2 und 6,7 Milligramm Quecksilber je Kilogramm Boden festgestellt.
Die Proben wurden aus dem Randstreifen eines Ackers sowie aus dem Sediment eines Grabens entnommen. Welcher Wert welcher Probe zuzuordnen ist, gaben die verschiedenen Medienberichte nicht wieder.
Was sie jedoch wiedergaben, war die Darstellung des NABU, dass es sich um 40- bis 70-fach überhöhte Werte handeln soll (z.B. „Kreiszeitung“: „Nabu findet Quecksilber nahe der Gasbohrplätze“. Den Bezugswert, auf dem sich diese Aussage begründet, ist vom NABU vorsichtshalber nicht erwähnt worden. Es wurde lediglich von „unbelastetem Boden in der Region“ gesprochen.
Dabei sind Hintergrundwerte für Quecksilber in Niedersachsen bekannt (Quecksilber (Hg) – Werte und Relationen – Niedersachsen). Für die Bodenart Sand sind es bei Grünlandnutzung 0,21 mg/kg Trockensubstanz und bei Ackernutzung 0,12 mg/kg Trockensubstanz. Die angebliche Überhöhung um das 40 bis 70-fache ist für beide Hintergrundwerte also unzutreffend und insbesondere für die Probe aus dem Grabensediment nicht hinzuziehbar. Doch leider schenken zahlreiche Medien Umweltverbänden als vermeintlich „unabhängigen Experten“ zu viel Vertrauen und prüfen die oftmals interessengesteuerten Aussagen nicht.
Infolge der Berichterstattung, selbst in überregionalen Medien wie der „TAZ“ („Quecksilber am Bohrloch“), stellte sich heraus, dass auf Veranlassung des niedersächsischen Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) bereits 2006 sowie 2012 auf Veranlassung des Wirtschaftsverbandes Erdöl und Erdgasgewinnung e.V. (WEG) mehrere Förderplätze sowie deren Umfeld auf mögliche Quecksilberkontaminationen untersucht worden sind. Da im Zuge dieser Untersuchungen keine besorgniserregenden Werte ermittelt worden sind, wurden diese nicht publik gemacht. Nachdem der NABU mit seinen Ergebnissen an die öffentlichkeit ging, wurde die Nichtveröffentlichung seitens des LBEG dann von Erdgasförderungsgegnern mit medialer Unterstützung in ein angebliches Verschweigen gegnüber der Öffentlichkeit umgedeutet.
Im Zusamenhang mit diesem Thema ist es wichtig zu wissen, dass ein fester Grenzwert für Quecksilberbelastungen von Böden nicht existiert. Vielmehr wird nach der Bundesbodenschutzverordnung (BBodSchV) differenziert in Vorsorgewerte, Prüfwerte und Maßnahmewerte. Das LBEG schreibt dazu:
Überschreitung der Vorsorgewerte bedingt Besorgnis einer schädlichen Bodenveränderung, aber Unterschreitung der Prüfwerte bedingt, dass der Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast ausgeräumt ist.
Die zitierten Ergebnisse des NABU liegen über sämtlichen Vorsorgewerten, die für die Bodenart Sand bei 0,1 mg/kg, für die Bodenart Schluff bei 0,5 mg/kg sowie für die Bodenart Ton bei 1 mg/kg liegen (Quecksilber [mg]/Trockensubstrat [kg]). Prüfwertewurden jedoch nichtv erreicht. Selbst der niedrigste Prüfwert für Kinderspielplätze, der bei 10 mg/kg liegt, wurde deutlich unterschritten. Der Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast war somit hinfällig.
Dennoch sahen sich das LBEG sowie der als Umweltverschmutzer an den Pranger gestellte Lagerstättenbetreiber ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG) dazu veranlasst, weitere Probenahmen im Umfeld der beiden genannten Betriebsplätze durchzuführen.
Dabei stellte sich heraus, dass in einzelnen Proben selbst der höchste Prüfwert von 80 mg/kg für Industrieflächen mit bis zu 120 mg/kg erheblich überschritten wurde. Diese Werte wurden zudem außerhalb der Betriebsplätze ermittelt. Und das darf selbstverständlich nicht sein. Dass es sich um Einzelwerte handelt und diese sehr wahrscheinlich darauf zurückzuführen sind, dass auf den beiden genannten Betriebsplätzen ausgemusterte Anlagenteile gereinigt worden sind, ändert daran nichts Ein seit der unsäglichen „Fracking“-Debatte unter öffentlicher Beobachtung stehendes Unternehmen hätte alles daran setzen müssen, solche Kontaminationen zu vermeiden.
Tatsächlich haben die 2006 und 2012 sowie durch das LBEG 2015 durchgeführten Untersuchungen an 29 Förderplätzen sowie an einer Bohrung zur Versenkung von Lagerstättenwasser ergeben, dass „die Quecksilberkonzentrationen unterhalb der Vorsorgewerte, zum Teil unterhalb der niedersächsischen Hintergrundwerte, zum Teil allerdings auch darüber“ („Untersuchungsergebnisse zur Quecksilberbelastung an Erdgasförderstellen“) lagen. Bei nahezu allen konnten keine Werte ermittelt werden, die Anlass zu Folgeuntersuchungen boten. Neben den beiden genannten Plätzen „Söhlingen Z6“ und „Söhlingen-Ost Z1“ sind lediglich an zwei weiteren Plätzen Detailuntersuchungen notwendig.
Hierbei handelt es sich zum einen um den von DEA betriebenen Platz „Völkersen Z3/Z11“ mit zwei aktiven Fördersonden. An einem von vier Bodenprobestandorten außerhalb des Betriebsplatzes wurde mit 24 mg/kg ein Wert ermittelt, der oberhalb des niedrigsten Prüfwertes liegt. In den drei anderen Proben wurde maximal der Hintergrundwert für Ackerland erreicht. Doch dieser eine Wert, der den niedrigsten Prüfwert für Kinderspielplätze (!) überschritt, war Anlass genug, dass der NDR darüber berichtete („Erhöhte Quecksilber-Werte bei Völkersen“).
Weitere Detailuntersuchungen sind im Umfeld der ebenfalls von DEA betriebenen Versenkbohrung „Wittorf Z1“ erforderlich. Hier wurde mit 7,7 mg/kg in einer von drei Probenahmestandorten der Maßnahmewert für Grünland (2 mg/kg) überschritten.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass aufgrund der bisher erfolgten Untersuchungen eine Quecksilberkontamination von aktiven Erdgasbohrungen kaum zu besorgen ist. Im Zuge der Untersuchungen auf Veranlassung des LBEG, durch den WEG und durch das LBEG sowie die EMPG selbst stellte sich heraus, dass erheblichere Quecksilberkontaminationen nicht auf aktiven Förderbetrieb oder auf gelegentliches Abfackeln von Erdgas zurückzuführen sind, wie von Anti-Erdgasförderungs-„Aktivisten“ befürchtet oder besser unterstellt, sondern auf eine unzureichende Entwässerung von Betriebsplätzen, auf denen mit Quecksilber belastete Anlagenteile gereinigt wurden.
Es bleibt abzuwarten, was die anberaumte Untersuchung von 200 aktiven Förderplätzen und deren Umfeld ergibt. Nach den bisherigen Ergebnissen sind Kontaminationen kaum zu erwarten, insbesondere keine flächendeckenden. Absehbar ist jedoch, dass es ein undifferenziertes Medienecho geben wird, wenn vereinzelt Werte dokumentiert werden, die den Prüfwert von Kinderspielplätzen überschreiten oder eventuell auch den erheblich geringeren Maßnahmewert für Grünland. Entscheidend dürfte hierbei das Zusammenspiel von Anti-Erdgasförderungsinitiativen und Umweltverbänden mit lokalen bis regionalen Medien sein, wie es in den letzten fünf Jahren seit Beginn der Debatte um die inländische Erdgasförderung (zu) häufig und zu eindeutig zu beobachten war und ist.