Mehr Erdöl aus Hessen

Seit einigen Jahren wird nach fast 25-jähriger Unterbrechung in Hessen wieder Erdöl gefördert, wenngleich auch auf bescheidenem Niveau. Um mehr Erdöl aus Hessen zu gewinnen, sind rund um die Förderstätte bei Darmstadt weitere Bohrungen durch den Betreiber Rhein Petroleum geplant.

Erdöl aus Hessen mit jahrzehntelanger Tradition

Allgemein dürfte es in Deutschland kaum bekannt sein, dass das Bundesland Hessen über eine jahrzehntelange Tradition in Sachen Erdölförderung verfügt. Doch bereits 1952 wurde mittels Reflexionsseismik eine potenziell erdölführende Struktur mit einer Erkundungsbohrung untersucht. Diese war erfolgreich und führte zum Aufschluss der Erdöllagerstätte Stockstadt. Diese war bis 1994 produktiv und erbrachte ca. 1,04 Millionen Tonnen Erdöl.

Weltweite Bekanntheit erreichte hingegen die Grube Messel, aus der seit den 1880er Jahren Ölschiefer abgebaut wurde. Dieser ist bis 1962 industriell in einem Tagebau abgebaut worden. In einem Verschwelungsprozess wurde aus dem Gestein Erdöl gewonnen. Berühmtheit erlangte die Grube jedoch durch die zahlreichen, im Ölschiefer konservierten Fossilien. Zum Einstieg gibt es mehr Informationen bei WIKIPEDIA.

Neben diesen Erdölvorkommen sind im Südwesten Hessens noch mehrere kleinere Erdgaslagerstätten aufgeschlossen worden, die aber kaum wirtschaftliche Bedeutung erzielten und teilweise nicht in geregelte Förderung überführt werden konnten. Mit Wolfskehlen erreichte die größte Lagerstätte etwas mehr als 200 Millionen Kubikmeter Gesamtproduktion.

Erkundung im Umfeld bekannter Lagerstätten

bereits 2011 begann das Unternehmen Rhein Petroleum mit der Erkundung potenzieller Erdöllagerstätten im Oberrheingraben. Es konzentrierte sich dabei auf das Umfeld ehemaliger Erdölfelder und somit auch um die Gegend bei Stockstadt. Neben einer Wiedererschließung der Lagerstätte mittels der Bohrung „Stockstadt 2001“ sollte mit der in unmittelbarer Nachbarschaft angesetzten Bohrung „Allmend 1“ vom selben Platz aus eine neue Lagerstätte aufgeschlossen werden. Beide Bohrungen wiesen zwarErdöl nach, jedoch erlaubten die Testergebnisse keine wirtschaftliche Förderung. Die Bohrungen wurden 2013 niedergebracht. Mehr Informationen dazu unter dem Schlagwort „Stockstadt“ auf dieser Seite.

Erfolgreich gestaltete sich hingegen die in nur wenigen Kilometern Entfernung niedergebrachte Bohrung „Schwarzbach 1“. Diese wurde als ölfündig bewertet und in Produktion genommen. Die Förderung verläuft allerdings selbst für deutsche Erdöllagerstätten auf ziemlich niedrigem Niveau. Inklusive Testförderung konnten zwischen 2018 und 2020 lediglich 2.821 Tonnen Erdöl gefördert werden. Im Jahr 2020 waren es dabei nur 316 Tonnen. Damit dürfte die Produktion hart an der Wirtschaftlichkeitsgrenze sein.

Neue Bohrungen sollen Förderung deutlich erhöhen

Umso mehr erstaunt es, dass vor wenigen Tagen mehrere Medien berichteten, dass die Förderung von Erdöl aus Hessen gesteigert werden soll. Dazu sollen um die „Schwarzbach 1“ drei neue Bohrungen abgeteuft werden. Eine entsprechende Pressemitteilung ist auf der Firmenwebsite von Rhein Petroleum nicht zu finden, weshalb wir uns auf einen Artikel der „Hessenschau“ berufen.

Dort heißt es, dass gegenwärtig „100.000 Liter“ Erdöl pro Woche aus der „Schwarzbach 1“ gewonnen werden. Auf ein Jahr hochgerechnet und unter Annahme einer Dichte von 0,85 g/cm³ (entspricht in etwa der Dichte des Erdöls aus Stockstadt) wären das 5,2 Millionen Liter oder 4.420 Tonnen pro Jahr. Zum Vergleich: im Jahr 2020 waren es tatsächlich nur 316 Tonnen. Eventuell haben im Oktober 2021 durchgeführte Wartungsarbeiten zu dieser Produktionssteigerung geführt.

Trotz der bislang eher ernüchternden offiziellen Ergebnisse plant Rhein Petroleum im Bereich der Lagerstätte „Schwarzbach“ die Bohrungen „Schwarzbach 2; 3 sowie 4“. Diese sollen die Förderung deutlich steigern, jedoch gesteht Carsten Reinhold, Geschäftsführer von Rhein Petroleum, mit der alten Bergmannsweisheit „Vor der Hacke ist es duster“ ein, dass das Ergebnis völlig offen ist. Wir drücken Rhein Petroleum die Daumen, dass sie erfolgreich sind und wünschen ein bergmännisches „Glück Auf!“, auf dass demnächst mehr Erdöl aus Hessen zu Tage gebracht wird…

 

Artikelfoto: Erdölförderbohrung „Schwarzbach 1“, U. Schumertl