Protest gegen Erdgaserkundung in der südlichen Altmark
In der westlichen Altmark, im Norden von Sachsen-Anhalt gelegen, befindet sich die aus mehreren Teillagerstätten bestehende zweitgrößte Erdgaslagerstätte Westeuropas. Dieser lagerstättenkomplex wird seit mehreren Jahren unter der Bezeichnung „Altmark“ zusammengefasst. Zu diesem Komplex zählt auch das von den anderen Lagerstättenteilen isolierte Teilfeld „Wenze“. In dessen Umfeld will die GDF-Suez E&P Deutschland GmbH (GDF-Suez) nach weiteren Vorkommen suchen bzw. prüfen, ob die Lagerstätte ausgedehnter ist, als bislang bekannt.
Dieses Vorhaben wird unter Federführung der Bürgerinitiative (BI) „Kein CO2-Endlager Altmark“ kritisiert und mit offensivem Widerstand bedacht. Dieser BI ist nach Aufgabe des Vorhabens, in Braunkohlekraftwerken des schwedischen Unternehmens Vattenfall abgeschiedenes Kohlendioxid in die Erdgaslagerstätte „Altmark“ zu injizieren das Betätigungsfeld abhanden gekommen. Nun macht sie unter Führung des dem Akzent nach zu urteilen nicht in der Altmark geborenen Christfried Lenz Stimmung gegen die seit 46 Jahren stattfindende Erdgasgewinnung im Nordwesten von Sachsen-Anhalt.
Dabei bedient die BI, wie auch von anderen solcher Gruppierungen bekannt, Instrumente, die dazu dienen, vermeintliche Risiken in verantwortungsloser Art und Weise zu überzeichnen und Falschbehauptungen zu verbreiten, um damit unbedarfte Mitbürger auf ihre Seite zu ziehen. Mit Unterstützung lokaler und regionaler Medien, die unkritisch die Behauptungen der BI wiedergeben, gelingt den Aktivisten das erschreckend gut.
Zu den Falschbehauptungen zählt z.B., dass die an GDF-Suez vergebene 328 km² große Aufsuchungserlaubnis „Kunrau“, die das existierende Bergwerksfeld „Wenze“ umschließt, mit einer nicht nachgewisenen Erdgaslagerstätte gleichgesetzt wird. Diese Interpretation ist auch einem Artikel des Lokalteils der „Volksstimme“ zu entnehmen. Dieser Sachverhalt wurde im vergangenen Jahr im Blog-Beitrag „GDF-Suez erhält Aufsuchungserlaubnis in der südwestlichen Altmark“ ausführlich diskutiert.
Als dann auf der seit 1971 (!) existierenden Erdgasförderbohrung „Wenze 1“ zum Ende des Jahres 2014 eine Workoveranlage installiert wurde, um den alten Förderstrang der Bohrung auszutauschen, wurde seitens der BI umgehend spekuliert, dass diese Routinearbeiten, die in der Altmark auf den über 300 niedergebrachten Produktionsbohrungen schätzungsweise mindestens 1.000 Mal durchgeführt worden sind, im Zusammenhang mit der Vergabe der Aufsuchungserlaubnis stünden. Nur beinhaltet die Aufsuchungserlaubnis nicht das Bergwerkfeld „Wenze“.
Zu den Spekulationen zählte auch, dass die Bohrung einer Fracbehandlung unterzogen werden könnte. Dabei ist das allgemein als „Fracking“ bekannte Verfahren seit dem alles andere als wahrheitsgetreuen Filmes „Gasland“ seit 2010/2011 ein absolut verpöntes Verfahren, obwohl es trotz hunderter Anwendungen in Deutschland zu keinem einzigen Umweltschaden gekommen ist. Die Debatte um die routinemäßigen Arbeiten wurde in einer kleinen Serie hier auf dem Blog thematisiert („Wartungsarbeiten auf altmärkischer Erdgasbohrung führen zu Fracking-Spekulation durch Bürgerinitiative„). Auf die von der BI gestreuten Spekulationen sprang, vermutlich auch durch entsprechende Presseartikel, ein Teil der Bevölkerung an. Dabei hat sie die Existenz der Förderbohrung über 43 Jahre (!) hinweg nicht interessiert. Wie aus dem Foto zu erschließen ist, ist das wenig erstaunlich. Die Bohrung fällt in der Landschaft kaum auf.
Inzwischen ist der Widerstand gegen die Aufsuchung von Erdgas in einer traditionellen Förderregion, in der mit Unterbrechungen seit nunmehr 44 Jahren Erdgas gewonnen wird so weit gediegen, dass gegen die Aufsuchung in Form einer „Karawane zog zu Fuß, zu Pferde und mit dem Rad “ (az-online.de) demonstriert wurde. Organisator der Demonstration, an der etwa 200 Mitbürger teilnahmen (inkl. unmündiger Kinder), war die genannte BI um Christfried Lenz.
Neben der „Altmarkzeitung“ berichtet auch die „Volksstimme“ etwas detaillierter über diese Demonstration. Der Artikel ist mit „Protest gegen geplante Gasbohrungen – Bürger zeigen gemeinsam Flagge“ überschrieben. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass nirgendwo zu erschließen ist, dass Bohrungen geplant sind. Zutreffend ist lediglich, dass GDF-Suez in einem grob abgesteckten Gebiet einen beantragte Aufsuchungserlaubnis nach § 7 Bundesberggesetz erteilt worden ist. Eine solche Erteilung beinhaltet keine Genehmigung von technischen Maßnahmen wie etwa Bohrungen, auch wenn diese Tatsache regelmäßig von BI, Umweltgruppierungen etc. ignoriert wird. Eine Aufsuchungserlaubnis überdeckt auch nie in ihrem gesamten, grob abgesteckten Umfang eine Erdöl-/Erdgaslagerstätte. Das ist schlicht unmöglich, da eine solche ja erst aufgesucht und somit gefunden werden muss.
Das Erschreckende bei solchen Debatten in der gegenwärtigen Zeiot ist, dass sich die Politik nicht an Gesetzen, sondern an der Meinung der organisierten Protestler orientiert. Das ist den Zitaten im „Volksstimme“-Artikel zu entnehmen:
Klötzes Bürgermeister Matthias Mann kritisierte, dass die Behörden im Falle des Erdasfeldes agieren, ohne dass die Betroffenen vor Ort gehört oder informiert werden.
Es gibt im Bereich der Aufsuchungserlaubnis kein Erdgasfeld, zumindest ist keines bekannt. Wäre dem so, müsste ein solches nicht gesucht werden.
Hans-Jörg Krause, Landtagsabgeordneter von den Linken, stellte klar: „Wir brauchen hier keine Bohrtürme.“
Ob jemals Bohrungen stattfinden werden, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt unklar, da sich die Aufsuchung bislang auf Auswertung vorhandener Altdaten beschränkt. Anhand der Interpretationsergebnisse dieser kann entschieden werden, ob technische Maßnahmen durchgeführt werden. Es ist durchaus möglich, dass nach Auswertung die Aufsuchungserlaubnis verworfen wird. Solche Fälle hat es in der Vergangenheit mehrfach gegeben. Erdgas wird voraussichtlich noch über Jahrzehnte benötigt. Und somit ist es aus verschiedenen Gründen angebracht, es vor der Haustür zu gewinnen. Es entfallen energieintensive Transporte und etwaige Umweltbeeinträchtigungen können durch überwachung vermieden werden.
Ähnlich äußerte sich Jürgen Barth, Landtagsabgeordneter von der SPD und zugleich Vorsitzender des Zweckverbandes Drömling. Er wünschte sich, dass Fracking verboten wird, um das Grundwasser zu schützen und den Tourismus im Drömling weiter entwickeln zu können.
Durch Fracarbeiten ist in Deutschland nirgends Grundwasser verschmutzt worden. Und offenbar weiß Herr Barth nicht, dass die Wenzer Bohrungen zu DDR-Zeiten gefract worden sind, um sie in eine wirtschaftlich vertretbare produktion zu überführen. Dazu müsste er sich mit Fachleuten unterhalten und nicht mit Vertretern von BI.
Christfried Lenz von der Bi „Kein CO2-Endlager Altmark“ betonte: „Der Drömling ist unsere Heimat. Hier wollen wir bestimmen, was geschieht.“
Christfired Lenz wohnt in Apenburg. Dieser Ort befindet sich in einer Entfernung von ca. 20 Kilometern Luftlinie zum Drömling. Lenz und dessen BI ist somit von dem Vorhaben der Erdgasaufsuchung, die bislang konkret nur die Auswertung von Altdaten umfasst, überhaupt nicht betroffen.
Was an den beiden im Internet abrufbaren Artikelns zu kritisieren ist, ist, dass das an den Pranger gestellte Unternehmen (wieder einmal) keine Stellungnahme abgeben durfte. Ausgewogene, sachliche und neutrale Berichterstattung stellen wir uns anders vor!
Titelbild: Erdgasförderbohrung „Wenze 1“, April 2013 (©chef79)