Schwierige ökonomische, politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen: PRD Energy zieht sich aus Deutschland zurück
Am 28. Juli 2015 gab das kanadischstämmige Unternehmen PRD Energy (PRD) bekannt, dass es seine Aktivitäten in Deutschland einstellen werde. In einer mehrseitigen Erklärung wurde die Entscheidung mit mehreren Faktoren begründet. Bei den Bürgerinitiativen, die in Regionen, in denen PRD aktiv war, gegen die Vorhaben von Anbeginn opponieren, herrscht riesige Freude aufgrund der Entscheidung. Dabei stand das Engagement von PRD von Anbeginn unter keinem guten Stern.
Denn die Entscheidung von PRD in Deutschland aktiv zu werden, traf das Unternehmen zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Im Jahr 2012 war die Debatte um Hydraulic Fracturing, umgagngssprachlich als „Fracking“ bekannt, bereits in vollem Gange. Auslöser war der Film „Gasland“, der trotz bereits damals bekannter Falschbehauptungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Zusätzlich wurden Szenen des Films in diversen Sendungen gezeigt, ohne die Plausibilität der dort getroffenen Behauptungen zu prüfen. Dazu später mehr.
Als PRD Ende 2012 erste Aufsuchungserlaubnisse für Kohlenwasserstoffe zugesprochen bekam, u.a. in Dithmarschen, begannen wilde Spekulationen darüber, dass das Unternehmen „Fracking“ in großem Stil zur Gewinnung von Schiefergas betreiben wolle. An vorderster Front war der NDR mit von der Spekulationspartie, wie wir in einem frühen Beitrag („Fracking“ in Dithmarschen?-Ein Paradebeispiel für die Desinformation des NDR! (Und der Bürgerinitiativen)) darlegten. Wer sich ein wenig mit der Kohlenwasserstoffgeologie Deutschlands auskennt hatte jedoch sofort erkannt, dass PRD auf Erdölsuche war, denn die erteilte Aufsuchungserlaubnis „Ostrohe“ grenzte unmittelbar an die historische Förderregion „Heide“.
Also was plante PRD entgegen der medialen Spekulation tatsächlich in Nordwestdeutschland?
Neben der Aufsuchungserlaubnis „Ostrohe“ waren alle weiteren an PRD vergebenen Aufsuchungserlaubnisse dadurch gekennzeichnet, dass sie Gebiete mit bekannten Kohlenwasserstoffvorkommen überdeckten bzw. an solche Gebiete grenzten. Sofern ein gewisses Verständnis von Kohlenwasserstoffexploration vorhanden ist, war bereits in diesem frühen Stadium zu vermuten, dass PRD eine Explorationsphilosophie verfolgt, die sich entweder auf die sogenannte „near field“-Exploration, also auf die Erkundung neuer Vorkommen in der Nähe bekannter Lagerstätten konzentriert oder auf die Wiedererschließung aufgelassener Felder.
Tatsächlich traf laut frühen Bekanntmachungen von PRD beides zu, wobei der Schwerpunkt anscheinend auf der Wiedererschließung aus wirtschaftlichen Gründen aufgegebener Erdölfelder lag. PRD strebte dazu Partnerschaften mit den großen Gesellschaften GDF-Suez E&P Deutschland GmbH (GDF-Suez) sowie ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG) an. Durch diese Partnerschaften erhielt PRD vorhanden Daten, verpflichtete sich im Gegenzug bei erfolgreicher Wiedererschließung dazu, den Partner finanziell am Erlös zu beteiligen. Mehr zu den Partnerschaften kann auf der noch existenten Seite www.prdenergy.de nachgelesen werden.
Warum sich PRD quasi ausschließlich auf traditionelle Fördergebiete beschränkte, erläuterte das Unternehmen von Anbeginn und abermals in der Begründung für den Rückzug. Aufgrund des hohen Weltmarktpreises für Erdöl erschien die Wiederentwicklung aufgelassener Erdöllagerstätten, die in Zeiten niedriger Preise abgeworfen worden waren, lukrativ. Zudem waren nach Einschätzung von PRD einige Gebiete nicht ausreichend erkundet und es bestand Potenzial, neue, wenn sehr wahrscheinlich auch kleine, Lagerstätten aufzuschließen.
Tatsächlich konnte PRD nur ein Projekt umsetzen. Zusammen mit GDF-Suez E&P Deutschland (GDF-Suez)wurde eine Bohrung im aufgegebenen Erdölfeld „Börger/Werlte“ im Emsland abgeteuft. Dazu wurde 2013 aus der bestehenden noch offenen Bohrung „Börger 7“ eine Ablenkung geteuft und der Ölträger mit einem horizontal geführten Bohrpfad aufgeschlossen. Mit Erfolg! Seit 2014 produziert die Bohrung nach über 10 Jahren Pause wieder Erdöl (Wiedererschließung Börger – Testförderung verläuft positiv). Eine Fracmaßnahme wurde im Zuge der Wiedererschließung nicht durchgeführt. Dem Projekt schlug kaum Gegenwind ins Gesicht. Die Anwohner konnten sich wahrscheinlich noch gut daran erinnern, dass Erdöl vor ihrer Haustür ohne bedeutende Beeinträchtigung von Umwelt und Menschen gewonnen wurde.
In Schleswig-Holstein, bekam PRD jedoch von Anbeginn Gegenwind zu spüren. Denn die zuvor genannten medialen Spekulationen fielen in Dithmarschen, wo PRD seine erste Aufsuchungserlaubnis zugesprochen bekam, auf fruchtbaren Boden. Die dortige Bürgerinitiative (BI) „Kein CO2-Endlager“ wurde mit der Aufgabe der unterirdischen Sequestierung von Kohlendioxid kurz zuvor ihres Betätigungsfeldes beraubt, hatte nun aber plötzlich ein neues gefunden. Auf diesem agierte sie umtriebig und wie gewohnt mit den für „Dagegen-BI“ typischen Überzeichnungen vermeintlicher Risiken sowie Falschbehauptungen. Zusätzlich gründeten sich dort, wo PRD aktiv werden wollte, neue Bürgerinitiativen.
Eine erste technische Maßnahme bei der Erkundung von Kohlenwasserstofflagerstätten sind seismische Untersuchungen des Untergrundes, um potenzielle erdölspeichernde Strukturen zu identifizieren. Zur Durchführung dieser Arbeiten ist das Betreten von öffentlichen und privaten Grundstücken unumgänglich. Als diese Maßnahmen anberaumt wurden, wurden die BI aktiv und versuchten in sogenannten „Informationsveranstaltungen“ Mitbürger auf ihre Seite zu ziehen. Ziel war es, dass möglichst viele Grundstücke nicht betreten werden dürfen. Dazu kreierte die BI „Frackingfreies Auenland“ das nebenstehende Verbotsschild. Mit „seismologischen“ Untersuchungen sind sicherlich seismische gemeint, die gleichzeitig eine geophysikalische Methode darstellen. Fachwissen? Fehlanzeige!
Auch im nördlichen Niedersachsen, wo die kleine Erdöllagerstätte „Volkensen“ wiedererschlossen werden sollte, wurde in einem Bündnis verschiedener sogenannter Umweltschutzgruppen und BI mit offenbar gutem Draht zur Lokalpresse diese Methodik ebenfalls angewendet, um seismische Untersuchungen zu verhindern.
In Schleswig-Holstein erhöhte die rot-grüne die Förderabgabe auf Erdöl auf den gesetzlich maximal zusätzlichen Wert von 40 Prozent. Ziel dieser vom grünen „Superminister“ (Energie, Landwirtschaft, Umwelt) Habeck zu verantwortenden Entscheidung war die Verhinderung der onshore-Erdölförderung. Dabei ist die Förderabgabe ein Instrument, den Staat als Eigentümer der Rohstoffe am Erlös der Gewinnung zu beteiligen und kein Instrument, um Rohstoffgewinnung zu verhindern. Die für Schleswig-Holstein lukrative offshore-Gewinnung aus Deutschlands bedeutendster Erdöllagerstätte vor Dithmarschens Küste blieb von diesem politischen Willkürakt weitestgehend verschont (Landesregierung von Schleswig-Holstein verdoppelt Förderabgabe auf Erdöl aus ideologischen Gründen).
Schließlich kam noch der gegenwärtig niedrige Erdölpreis hinzu, der die Projekte von PRD unwirtschaftlich erscheinen ließ. Die beschriebene Vielzahl von Gründen wie der Bürgeropposition, politischer Widerstand, niedrige Weltmarktpreise für Erdöl sowie eine sehr wahrscheinlich langwierige und kostspielige zukünftige Genehmigungspraxis führten dazu, dass sich das kleine Unternehmen PRD aus Deutschland zurückziehen wird.
Bei denjenigen, die den Vorhaben von PRD ablehnend gegenüberstanden, sorgte die Nachricht für große Freude. Das geht aus verschiedenen online verfügbaren Presseartikeln hervor. Diese verdeutlichen allerdings wieder einmal, dass es den Ablehnenden und auch den Redakteuren an elementaren Kenntnissen mangelt. Das lässt sich zum Teil schon aus den Schlagzeilen herauslesen.
So titelt die „Bergedorfer Zeitung“: „Fracking – PRD Energy zieht sich aus Deutschland zurück“. Warum Hydraulic Fracturing als eine von vielen Stimulationsmethoden ins Feld geführt wird, bevor überhaupt nur eine einzige technische Maßnahme, insbesondere keine Bohrung durchgeführt wurde, bleibt das Geheimnis des Redakteurs. Wahrscheinlich musste irgendwie das Reizwort Fracking untergebracht werden.
Aber auch die zu Wort kommenden Politiker reden viel von „Fracking“ und darüber, wie diese jahrzehntealte „etablierte Standardtechnologie“ (Prof. Dr. Amro, TU Bergakademie Freiberg) unterbunden werden könnte. Bei Sätzen wie „Klar ist, dass Fracking keine Brücke zum Zeitalter der Erneuerbaren Energien darstellt“ von der SPD-Bundestagsabgeordnete Nina Scheer wird deutlich, dass Politiker, die solche Aussagen treffen, nicht im geringsten wissen, wovon sie überhaupt reden.
Selbstverständlich kann ein technischer Prozess keine Brücke zu irgendeiner anderen Energiegewinnungsform sein. Aber vermutlich versteht Frau Scheer unter „Fracking“ den Gesamtprozess der Schiefergasgewinnung und nicht den technischen Prozess Hydraulic Fracturing, von dem „Fracking“ abgeleitet ist. Doch um Schiefergasförderung ging es PRD überhaupt nicht zumal in Schleswig-Holstein dafür kein Potenzial vorhanden ist. Und was immer wieder vergessen wird: Erdöl und Erdgas sind mehr als reine Energieträger. Zudem findet die „Energiewende“ nahezu vollständig auf dem Stromsektor statt, wo Erdgas und insbesondere Erdöl kaum eine Rolle spielen. Vergessen wird zudem, dass trotz aller Anstrengungen Wind und Sonne nur zu etwas mehr als 3 % zur Energieversorgung Deutschlands beitragen. Ungefähr genausoviel wie in Inland gefördertes Erdgas und Erdöl.
Die „Barmstedter Zeitung“ titelt: „Teilerfolg für die Bürgerinitiative : Fracking-Firma zieht sich aus dem Kreis Pinneberg zurück“.
Was ist eine „Fracking-Firma“? Bei PRD handelt es sich um ein Explorations- und Produktionsunternehmen für Kohlenwasserstoffe, wie es später dann korrekt im Artikel steht. In diesem Artikel wird die Freude über PRD’s Entscheidung der örtlichen BI zitiert:
Eine unserer Strategien ist die Vergrämung der Firmen. Das haben wir und andere Bürgerinitiativen geschafft“, sagte Dirk Albrecht, Sprecher der BI.
Die Agitation der BI, „die sich seit etwa einem Jahr für ein Gesamtverbot von Öl- und Gasförderung im Bereich der Erlaubnisfelder Bramstedt und Elmshorn“ einsetzt, dürfte sicherlich mit zur Entscheidung von PRD beigetragen haben. Letzten Endes ist es aber die Summe der erläuterten Gründe.
An dieser Stelle soll mit aller Deutlichkeit gesagt werden, dass diejenigen, die Erdöl- und Erdgasförderer in ihrem Umfeld vergrämen wollen und die Kohlenwasserstoffgewinnung vor ihrer Haustür verboten sehen wollen, auf sämtliche Produkte, an deren Herstellung Erdöl und Erdgas beteiligt waren, konsequent verzichten sollten. Doch so ein entbehrungsreiches Leben wollen sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht führen.
Vibroseismik-Fahrzeug von Geofisyka Torun bei einer Vorführung der Wintershall in Barnstorf ©chef79Im nördlichen Landkreis Rotenburg/Wümme (LK ROW) herrscht eitel Sonnenschein bei Politikern, BI und Umweltverbänden ob der Entscheidung von PRD, wie die „Kreiszeitung“ berichtet („Erdölfirma zieht sich zurück“). Hier wurde eine ähnliche Strategie vollzogen wie im Raum Bramstedt/Elmshorn. Eine geplante Seismikkampagne sollte mit Betretungsverboten unterbunden werden. Um die Grundeigentümer ins Boot zu holen bemühten das Bündnis der Gegner teils abenteurliche Argumente. So wurde z.B. behauptet, dass durch die Vibrationen der Vibroseismikfahrzeuge (siehe nebenstehendes Beispielbild) angeblich Drainagen zerstört würden. Wenn dem so wäre, gäbe es auf großen Flächen Niedersachsens keine funktionierenden Drainagesysteme mehr.
Im Artikel wird PRD zutreffend folgendermaßen zitiert:
Wir als PRD Energy bedauern, dass die lokalen Zeitungen von Bündnis90/Die Grünen und den Naturschutzverbänden im Landkreis Rotenburg als Instrument genutzt werden, um sich gegen unser Vorhaben zu stellen.
Da ist leider etwas Wahres dran. Leider vergessen Redakteure und Journalisten allzuoft, dass gute Journalisten sich nie mit einer Sache, auch wenn es eine (vermeintlich) gute ist, nie gemein machen sollen. Dieser Anspruch wird leider zu oft vergessen.
Letzten Endes verhält es sich so, dass fossile Kohlenwasserstoffe noch für Jahrzehnte als Grundstoffe und Energierohstoffe benötigt werden. Aus Sicht global betrachteten Umweltschutzes ist es die bessere Wahl, diese vor der eigenen Haustür zu gewinnen. Es entfallen lange energieintensive Transportwege und zudem gelten strenge Umweltschutzauflagen, die es in der Form in zahlreichen unserer Lieferländer nicht gibt. Das sollten sich die sogenannten Umweltschützer in den BI und den entsprechenden Verbänden vergegenwärtigen. Zudem tragen auch kleine Mengen zur Förderabgabe bei und sind somit von übergeordnetem Nutzen, auch wenn der NABU-Vorsitzende des LK ROW das in Abrede stellt.
Artikelfoto: Erdölförderbohrung „Börger 7a“ im August 2014. ©chef79