Über eine Umfrage zu Fracking der Uni Leipzig
von Markus Stahmann und Steven Arndt
Am 5. März 2018 erhielten wir auf der mit diesem Blog assoziierten Facebook-Seite einen Eintrag einer (mutmaßlichen) Dozentin, Bereich Kommunikationswissenschaft, der Universität Leipzig. Da sie vorgab, sich explizit für unsere Meinung und unseren Kenntnisstand zu interessieren, schauten wir uns die Umfrage zu Fracking einmal genauer an. Im Ergebnis mussten wir feststellen, und das ist nicht übertrieben, dass die Ersteller der Umfrage über einen erschreckend geringen Kenntnisstand zum gewählten Thema verfügen. An ausgewählten Fragen und den dazugehörenden Antworten wollen wir das konkreter darstellen und kritisch Stellung zur Umfrage nehmen.
Ersteller der Umfrage zu Fracking offenbaren geringen Kenntnisstand
Wie bereits einleitend angemerkt, zeigt sich spätestens ab der zweiten Frage, dass der Personenkreis, welcher die Umfrage zu Fracking erstellt hat, sich nicht mit dem Kernthema dieser tiefergehend auseinandergesetzt hat. Mag man über die erste Frage, was die Abkürzung „Fracking“ bedeute, noch als Umgangssprache hinwegsehen, da es wissenschaftlich den Begriff so nicht gibt und er sich nicht von Hydraulic Fracturing, der korrekten Antwort, ableiten lässt. In der Fachliteratur wird man am ehesten von Frac Jobs, Fracturing oder Fracs lesen. Bei der zweiten Frage ist es dann aber schon mit dem Auge zudrücken vorbei.
Gefragt wird, welche Technik beim „Fracking“ angewendet wird. Die einzig korrekte Antwort, sofern „Fracking“ für Hydraulic Fracturing steht, wäre: „Hydraulic Fracturing“. Stattdessen werden als Antworten „Vertikales Bohren“, „Horizontales Bohren“, „Vertikales und Horizontales Bohren“ oder „Weiß nicht“ angeboten. An dieser Stelle sei angemerkt, dass es sich beim Fracen um eine Technik handelt, welche nach Abschluss der Bohrung durchgeführt wird. Welche Bohrtechnik, oder besser, welchen Pfad die zuvor abgeteufte Bohrung eingenommen hat, ist für die Anwendung der Fractechnik irrelevant. Somit träfe es die letzte Antwortmöglichkeit „weiß nicht“ noch am ehesten.
In der dritten Frage wollen die Ersteller der Umfrage zu Fracking wissen, welcher Rohstoff durch das Fracverfahren gewonnen werden soll. Antwortmöglichkeiten: „Gas“, „Braunkohle“, „Wasser“ und „weiß nicht“. Der fachlich einigermaßen Bedarfte dürfte hier wiederum am ehesten „weiß nicht“ wählen. Denn schließlich dient eine Fracstimulation nicht unmittelbar der Rohstoffgewinnung, sondern der Erzeugung künstlicher Fließwege mittels Rissbildung. Bei Erfolg dieser Maßnahme könnten dann aus wenig bis überhaupt nicht permeablen Gesteinen Erdgas, Erdöl, Trinkwasser, oder Thermalwasser gewonnen werden. Ferner müssen zur Energiegewinnung aus „Hot Dry Rocks“ (HDR), also trockenen Gesteinen mittels Hydraulic Fracturing Rissysteme geschaffen werden, um Wasser als Wärme- und somit Energieträger in das HDR-System einleiten und nach Aufheizung wieder fördern zu können.
Weitere fachliche Unzulänglichkeiten und Klischees
Nach diesen schon als „unwissend“ zu bezeichnenden Fragen wird auf dem bescheidenen Niveau fortgefahren. Es wird gefragt, mit welchem Stoff „die Energieressource“ gewonnen werden kann. Antwortmöglichkeiten: „Wasser, Sand und Chemikalien“, „Sauerstoff und Sand“, „Wasser und Sand“ oder eben das obligatorische „weiß nicht“.
Aufgrund dessen, dass in Zeitungsartikeln immer wieder zu lesen ist, dass „Fracking“ eine Methode sei, um mit einem Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien Erdgas zu gewinnen, wäre Antwort 1 wohl zutreffend. Nur lässt sich mit diesem Stoff, oder besser Stoffgemisch und noch exakter Fracfluid keine Energieressource gewinnen. Die Verpressung eines solchen Fluides dient lediglich dazu, Risse zu erzeugen, so dass überhaupt erst etwas zur Bohrung fließen kann. Ob der Rohstoff dann schließlich nach oben kommt, ist abhängig davon, ober er a) in ausreichender Menge vorhanden ist, b) von alleine hochkommt oder c) abgepumpt werden muss. Beim Fracen in HDR-Bohrungen wird übrigens nur Wasser zu Fracen eingestzt. Selbiges trifft auf Trinkwasserbrunnen zu. Sowohl Frage als auch Antwortmöglichkeiten bis auf „weiß nicht“ sind fachlich gesehen unhaltbar.
Im weiteren Verlauf der Umfrage werden dann weitere Fragen gestellt, die gemäß der Antwortmöglichkeiten ziemlich offensichtlich auf das „Wissen“ zur Thematik aus Artikeln und Beiträgen der Massenmedien abzielen. Gefragt wird danach, wieviele Chemikalien zum Fracen geeignet seien (Frage müsste lauten, wieviele bislang verwendet wurden, geeigenet sind wahrscheinlich mehr), welche Gefahren für die Umwelt vom Verfahren ausgingen oder welche Vorteile es hätte.
Äußerst bedenklich ist es zu bewerten, wenn in der Umfrage zu Fracking Aussagen als faktisch zutreffend präsentiert werden, der Beantworter jedoch nur die Möglichkeit hat, subjektiv zu bewerten, ob diese Aussage zutrifft. Exemplarisch sei hier die Aussage „Ich finde es bedenklich, dass Fracking-Firmen die Zusammensetzung der Chemikalien (sollte wohl Fracfluide heißen) nicht veröffentlichen“. Es gibt diverse leicht recherchierbare Quellen, die belegen, dass Rezepturen von Fracfluiden offengelegt werden.
Ersteller der Umfrage zu Fracking räumen oberflächliche Befassung mit Thema ein
Nachdem wir auf unserer Facebook-Präsenz ausführlich Kritik an der Umfrage geübt haben, was inhaltlich im Wesentlichen mit den oben angeführten Aussagen übereinstimmt, gab es prompt eine Reaktion seitens der Dame, die an uns herangetreten ist. Diese Reaktion erscheint uns fast als Rechtfertigung für die oberflächliche Herangehensweise an das Thema.
Dass sich die Befragung nicht ausschließlich an fachlich versierte Personen richtet, sondern vorrangig an die Allgemeinbevölkerung, war und ist uns selbstverständlich klar. Dennoch muss man von Vertretern einer Universität erwarten, dass sie sich insbesondere bei einem öffentlich so kontrovers diskutierten Thema möglichst intensiv fachlich damit auseinandersetzen. Doch das ist offensichtlich nicht erfolgt, wie die Dame, die uns kontaktierte, nach unserer Kritik einräumte. Man hätte die Fragen von Informationen aus führenden Tages- und Wochenzeitungen abgeleitet. Und das ist das Kardinalproblem an der Umfrage zum Fracking: Seit der Ende 2010/Anfang 2011 aufkeimenden Debatte bezüglich des „Fracking“ glänzte kaum ein führendes Massenmedium damit, sich unvoreingenommen und einigermaßen fachlich versiert mit der Thematik zu befassen.
Die Erwiderung auf unsere Kritik mit der Begründung, dass uns „in diesem Fall Hintergrund und forschungsleitende Frage der Studie nicht bekannt sind“ ist zwar zutreffend, klingt aber wie eine Rechtfertigung für die geringe fachliche Tiefe der Umfrage. Dass es sich „bei der Befragung um keine Wissensabfrage zum Thema, sondern um eine Untersuchung des Rezeptionsprozesses des Videos, das ebenfalls im weiteren Verlauf noch erscheint“ handele, setzt dem Ganzen noch die Krone auf.
Es ergibt sich daraus die Frage, warum eine Umfrage zu Fracking verbreitet wird, wenn es letztlich doch gar nicht so sehr darum ginge, sondern um das Rezeptionsvermögen der Teilnehmer im Hinblick auf ein Video zum zur Thematik.
Wir schließen diesen Beitrag deshalb mit folgenden Worten ab: Wenn wenigstens untersucht worden wäre, wie beispielsweise solche massenmedialen Beiträge wirken, hätten wir die Umfrage noch nachvollziehen können, aber so ist das einfach nichts.
Link zur Studie im beigefügten Bild. Wir hoffen, dass er erkennbar ist. Direkter Link ist leider nicht möglich.
Artikelfoto: Fracarbeiten auf der Erdöl-Bohrung „Barth 11“ in Vorpommern 2014. Bildquelle: CEP