Brandenburg kein Erdölland mehr Teil I

„Brandenburg Erdölland?“, mag sich der ein oder andere, vor allem branchenfremde Leser verwundert die Augen reiben. Aber tatsächlich, unter märkischer Heide und märkischem Sand, aber auch unter dem fruchtbaren Oderbruch lagern Vorkommen an Erdöl und Erdgas. Beide Rohstoffe wurden über fast 60 Jahre hinweg aus zahlreichen Lagerstätten gewonnen. Doch plötzlich und überraschend war es im Jahresverlauf 2020 damit vorbei.

Brandenburg Erdölland seit 1962

Erdölland Brandenburg

Erdölförder- und Aufbereitungsstation Kietz. Foto: Steven Arndt, Februar 2018.

Der Beginn der Geschichte Brandenburgs als Erdölland datiert in das Jahr 1962. Die, abgesehen von Braunkohle, an eigenen Energierohstoffen arme DDR erkundete seit den 1950er Jahren intensiv ihr Staatsgebiet auf Erdöl und Erdgas. Die Suche konzentrierte sich zunächst auf geologische Strukturen, die sich bereits vor allem in Niedersachsen und Schleswig-Holstein als erdölführend erwiesen haben. Doch erst mit der Erkundung des Zechsteins, welches im Thüringer Becken bereits in den 1930er Jahren öl- und gasführend angetroffen wurde, stellte sich der Erfolg ein.

Während in Vorpommern nahe dem kleinen Dorf Reinkenhagen bei Grimmen bereits 1961 eine Erkundungsbohrung ölfündig wurde, folgte schon 1962 ein Erdölfund nahe des Lausitzstädtchens Döbern ca. 20 km südostlich von Cottbus gelegen. In den Folgejahren kamen weitere Erdöl-, Gaskondensat-, sowie Erdgaslagerstätten hinzu, die jedoch selbst für deutsche Verhältnisse sehr klein sind. Die als erste aufgeschlossene Lagerstätte „Döbern“ war gleichzeitig mit einer Gesamtproduktion von 167.501 Tonnen Erdöl die ergiebigste in dieser Frühphase der Erdölerkundung und Erdölförderung in Brandenburg und die zweitergiebigste des Bundeslandes insgesamt. Produktiver war lediglich die Lagerstätte „Kietz“ im Oderbruch, die in einem zweiten Teil dieses Artikels gesondert behandelt wird.

Insgesamt wurden in den 1960er Jahren 12 Erdöl-, Gaskondensat- sowie Erdgaslagerstätten aufgeschlossen, die bis auf die Lagerstätte „Rüdersdorf“ bei Berlin alle an das Staßfurtkarbonat des Zechstein geknüpft sind und sich in der Lausitz befinden.

Weitere Entwicklung bis 1990

Verfüllung der Gaskondensat-Bohrung Märkisch-Buchholz 1. Foto: Steven Arndt, April 2020

Zwischen 1968 und 1977 konnten keine neuen Kohlenwasserstofflagerstätten im heutigen Brandenburg aufgeschlossen werden. Mit Mittweide-Trebatsch (1977, Erdöl), Lakoma (1978, Erdöl) sowie Schenkendöbern-Ost (Gaskondensat) gelangen lediglich 3 neue Funde, die insgesamt bis zur Einstellung der Förderung nur 18.118 t Erdöl sowie 36.561.000 m³ Erdgas/Erdölbegleitgas erbrachten.

Erfolgreicher gestalteten sich die 1980er Jahre bis einschließlich 1990. In dieser Zeit gelang der Aufschluss von 13 weiteren Vorkommen/Lagerstätten, darunter auch einige außerhalb der Lausitz. 8 dieser Lagerstätten konzentrieren sich auf die „Wellmitzer Lagune“ unterhalb der heutigen Gemeinde „Neißemündung“. Sie erbrachten zusammen immerhin 366.162 t Erdöl sowie 136.543.300 m³ Erdölbegleitgas erbrachten. Ob das Erdölbegleitgas genutzt oder lediglich abgefackelt wurde, entzieht sich der Kenntnis des Verfassers.

Die 1980 bzw. 1986 aufgeschlossenen Gaskondensatlagerstätten „Märkisch-Buchholz“ kamen nicht in reguläre Produktion. Ein Grund dafür dürfte der Gehalt von stark korrosivem Schwefelwasserstoff sein. Dessen Entfernung erfordert aufwendige, aus hochwertigen korrosionsbeständigen Materialien bestehende Aufbereitungsanlagen. In den 1980er Jahren ging die DDR ihrem wirtschaftlichen Ende entgegen und finanzielle Mittel waren für solche Projekte nicht verfügbar. Davon war auch die 1987 entdeckte Erdöllagerstätte „Kietz“ betroffen, dessen Erdölbegleitgas Schwefelwasserstoff enthält.

Das kurz vor dem politischen Umbruch 1989/1990 im Vorjahr aufgeschlossene Vorkommen „Pillgramm“ zwischen Fürstenwalde und Frankfurt/Oder gelegen kam in keine reguläre Produktion. Wohl im Rahmen eines Fördertests konnten dort 66 Tonnen Erdöl gewonnen werden (entspricht ca. 3 Tanklastzügen).

Die Nachwendezeit bis 1999

Testarbeiten auf erdölbohrung „Guhlen 1b“, Foto: Steven Arndt, Mai 2019.

Doch trotz der selbst für deutsche Verhältnisse dürftigen Ergebnisse wurde nach der politischen Wende die Erkundung auf Erdöl und Erdgas sowie die Produktion in Brandenburg fortgesetzt.

So gelang 1992 beispielsweise der Aufschluss des Gasvorkommens „Dornswalde“. Eine reguläre Produktion wurde jedoch nicht aufgenommen, da das Reservepotenzial zu gering war und ein hoher Anteil von Schwefelwasserstoff (ca. 6 Vol. %) zusätzlich eine wirtschaftliche Produktion verhinderte. Die Angaben entstammen der Erinnerung des Verfassers, da der Jahresbericht „Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 1992“, aus dem die Angaben hervorgehen, zurzeit nicht auffindbar ist.

Insbesondere in der heutigen Gemeinde Neißemünde mit den Ortschaften und Lagerstättennamensgebern Ratzdorf, Breslack, Steinsdorf sowie Wellmitz wurde nach der Wende die Erdölförderung fortgesetzt bzw. 1990 sogar erst aufgenommen. Andererseits wurden mit „Döbern“ (1990), „Mittweide-Trebatsch“ (1991) „Drebkau“ (1992) sowie „Tauer“ (Erdöl, 1992) und „Tauer-NE“ (Gaskondensat, 1992) mehrere Lagerstätten wegen Reservenerschöpfung und eventuell mangels Wirtschaftlichkeit aufgegeben.

Der Verfall  des Weltmarktpreises für Erdöl, der zeitweise sogar unter 10 US-Dollar je Barrel lag, führte zu Einstellung der Erdölförderung in den verbliebenen Feldern im Gebiet der Gemeinde „Neißemündung“. Das ist aus heutiger Sicht insofern erstaunlich, als dass im Vorjahr einzelne Sonden noch beeindruckende jährliche Förderraten von über 4.000 Tonnen erbrachten.

Während Wellmitz-SE und Breslack bereits 1995 aufgegeben wurden, folgten 1997 sowie 1998 „Steinsdorf N1/N2“, „Wellmitz“, „Ratzdorf“, „Steinsdorf“ sowie „Breslack-NE“. Die andernorts gelegene Lagerstätte „Fürstenwalde“ wurde nach 5-jähriger Produktionszeit und nach 28.602 Tonnen Erdöl bereits 1995 aufgegeben. Nach Luftbildaufnahmen ist der Bohrplatz noch vorhanden und mindestens eine Bohrung scheint offen zu sein.

Im Jahre 1998 wäre demnach die Geschichte des Erdöllandes Brandenburg abgeschlossen gewesen. Doch 1999 wurde die reguläre Förderung aus der Lagerstätte „Kietz“ aufgenommen. Dazu, und zur weiteren Entwicklung der Erdöl- und Erdgaserkundung sowie Förderung mehr im zweiten Teil.

 

Quellen: „Schatzsucher – Eine Chronik des Grimmener Erdölbetriebs“ und Erdölförderung 1874-2019

 

Artikelfoto: Erdölerkundungsbohrung „Guhlen 1b“, Steven Arndt, Dezember 2018.