Öllagerstätte Kietz – Neptune Energy kündigt neue Bohrung an

Im äußersten Osten Brandenburgs befindet sich eine Landschaft, die an den Landstrich in Niedersachsen erinnert, in dem man angeblich freitags schon sehen kann, wer einen am Sonntag besuchen kommt. Der Landstrich ist als Ostfriesland bekannt, die Landschaft als Oderbruch. Beide haben gemeinsam, dass die heimische Erdöl- und Erdgasindustrie dort aktiv ist. Während in Ostfriesland heute nur noch Erdgas gefördert wird, steht im Oderbruch nur die Öllagerstätte Kietz in Förderung. Neben Erdöl werden dort nicht unbedeutende Mengen Erdölbegleitgas mitgefördert und verwertet. Für das laufende Jahr 2020 hat der Betreiber Neptune Energy in Kietz eine neue Bohrung angekündigt.

Geschichte der Öllagerstätte Kietz

Förder- und Aufbereitungsstation der Öllagerstätte Kietz

Förder- und Aufbereitungsstation der Öllagerstätte Kietz. Foto: S. Arndt, 25.02.2018

Seit den frühen 1960er Jahren sind Erdöllagerstätten in Brandenburg bekannt Diese befinden sich fast ausschließlich in der Niederlausitz und sind ausnahmslos an das Stassfurtkarbonat des zweiten Zechstein-Zyklus (Ca II) gebunden. Selbst für deutsche Verhältnisse sind die Lagerstätten als sehr klein und wirtschaftlich unbedeutend zu bezeichnen. Dass sie dennoch in Förderung genommen wurden, liegt einerseits daran, dass sie zur Eigenversorgung der DDR beitrugen, die an Versorgungsengpässen litt und andererseits das Öl eine vergleichsweise gute Qualität hat.

1986 kamen die Schatzsucher (die nachfolgenden Ausführungen basieren im Wesentlichen auf dem gleichnamigen Buch) des VEB Erdöl-Erdgas Grimmen nach Kietz, dem letzten Ort vor der polnischen Grenze. Sie errichteten ihre Bohranlage nördlich des Örtchens Neu Manschnow. Im März 1986 begannen die Bohrarbeiten und dauerten bis August des selben Jahres an. Die Bohrung erreichte eine Endteufe von 3.207 m und wurde im Rotliegenden eingestellt. Aus dem Zielhorizont im Zechstein floss nur salziges Formationswasser mit einem Schwefelwasserstoffanteil von 3 % zu.

Eine Fündigkeit konnte dann mit der unmittelbar anschließenden Bohrung E Kietz 2/86 etwas weiter östlich in Sichtweite des Oderdeiches erzielt werden. Diese Bohrung erreichte ihre Endteufe bereits bei 2.850 m und wurde im Zechstein eingestellt. Sie stieß im Ca II auf Erdöl sowie Erdölbegleitgas mit einem Methangehalt von 65 Vol. % sowie Schwefelwasserstoff von etwas unter 3 Vol. %. Über den Rest werden keine Angaben gemacht, es dürfte sich jedoch im Wesentlichen um höhere Kohlenwasserstoffe sowie Stickstoff handeln. Ebenfalls fündig wurde die erst nachwendezeitlich 1991/1992 abgeteufte Bohrung E Kietz 5/91 in unmittelbarer Nachbarschaft. Die wenige 100 m nordwestlich gelegene Bohrung E Kietz 3/89 war hingegen nicht fündig und wird zur Versenkung anfallenden Lagerstättenwassers in den tieferen Untergrund genutzt. Der Versenkhorizont befindet sich im Mittleren Buntsandstein bei Teufe 1.828-1.886 m. Über eine vierte Bohrung konnte der Verfasser keine Angaben/Daten recherchieren. Sie stünde, so überhaupt durchgeführt, auch nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der hier vorgestellten Öllagerstätte Kietz.

Keine Produktionsaufnahme zu DDR-Zeiten

Aufgrund des stark korrosiven und toxischen Schwefelwasserstoffes konnte zu DDR-Zeiten die Förderung aus der Öllagerstätte Kietz nicht aufgenommen werden. Dazu wäre die Errichtung einer aus korrosionsfestem Edelstahl bestehenden Entschwefelungsanlage erforderlich gewesen. Entsprechende Materialien wären auf dem Weltmarkt zwar zu erwerben gewesen, jedoch bewegte sich die DDR Ende der 1980er Jahre auf den Staatsbankrott zu und es standen keine finanziellen Mittel für ein solches Vorhaben zur Verfügung. Ein identisches Schicksal teilte ein Erdgasförderprojekt auf der Ostseeinsel Usedom.

Erst nach der Wende errichtete die Erdöl-Erdgas Gommern GmbH als Nachfolgeunternehmen der Erdöl-Erdgasbetriebe der DDR unmittelbar neben den Fundbohrungen Kietz 2 und 5 eine Aufbereitungsanlage inklusive Entschwefelung. Diese wurde 1999 fertiggestellt und die Förderung konnte aus den zwei bestehenden Produktionsbohrungen aufgenommen werden. Sie wurde zügig auf ein Maximum von ca. 20.000 Tonnen Erdöl pro Jahr gefahren und konnte für mehrere Jahre bis 2006 auf diesem Niveau gehalten werden. Anschließend erfolgte ein kontinuierlicher Rückgang.

Einem Online-Beitrag des Energate Messengers aus dem Jahr 2002 ist zu entnehmen, dass der damalige Betreiber, die Erdgas Erdöl GmbH ( Nachfolger der Erdöl-Erdgas Gommern GmbH), die Produktion aus der Öllagerstätte Kietz noch bis 2012 aufrecht erhalten wolle. Nun befinden wir uns bereits im Jahr 2020 und es wird in Kietz immernoch Erdöl gefördert. Laut Jahresbericht Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2018 waren es 2018 noch knapp 5.500 Tonnen aus nur noch einer Bohrung sowie 1,9 Millionen Kubikmeter Erdölbegleitgas. Insgesamt konnten bis Ende 2018 ca. 306.000 Tonnen Erdöl sowie 97,9 Mio. m³ Erdölbegleitgas gewonnen werden.

Neue Bohrung soll Produktion aus Öllagerstätte Kietz sichern

Förder- und Aufbereitungsstation der Öllagerstätte Kietz. Foto: S. Arndt, August 2019

Am 28.02.2020 gab Neptune Energy, heutiger Betreiber der Lagerstätte, eine Pressemitteilung heraus, in der eine neue Bohrung dort angekündigt wird. In der Einleitung hat sich allerdings ein Fehler eingeschlichen. Dort heißt es, es wird die 6. Bohrung im Feld sein. Zwar wird die neue Bohrung mit „Kietz 6“ benannt, jedoch ist es erst die fünfte im Umfeld der Lagerstätte und strenggenommen sogar erst die vierte zur Erschließung. Schließlich war die „Kietz 1“ nicht fündig. Die „Kietz 3“ zwar auch nicht, sie erfolgte jedoch nach dem Fund durch die „Kietz 2“ und sollte der Erschließung der Lagerstätte dienen. Doch wir wollen nicht päpstlicher als der Pontifex selbst sein.

Aus der Pressemitteilung ist zu entnehmen, dass im vergangenen Jahr nur noch knapp 4.000 Tonnen Erdöl gewonnen werden konnten. Über die angefallene Menge Erdölbegleitgas werden keine Angaben gemacht. Die neue Bohrung soll bis in eine vertikale Tiefe von 2.700 Metern erreichen und zur Stabilisierung der Förderung aus der Lagerstätte beitragen.

In den nächsten Monaten wird unmittelbar neben dem bestehenden Betriebsplatz eine versiegelte Fläche errichtet, um eine Beeinträchtigung des darunter befindlichen Bodens auszuschließen. Im Anschluss dieser vorbereiteten Arbeiten wird die Bohranlage für einen Zeitraum von ca. drei Monaten errichtet.

Nach Abschluss der Bohrarbeiten wird die Bohrung in die bestehende Infrastruktur integriert und einem Fördertest unterzogen. Vom Ergebnis dieses Tests wird abhängen, ob eine dauerhafte Förderung aus der zur Zeit einzigen aktiven und bislang größten Erdöllagerstätte Brandenburgs möglich sein wird.

Artikelfoto: Förder- und Aufbereitungsstation der Öllagerstätte Kietz. Foto: S. Arndt, 25.02.2018