Erdgasförderung in Deutschland deutlich rückläufig

Um das Jahr 2000 erreichte die Erdgasförderung in Deutschland mit jährlich über 20 Milliarden Kubikmetern (Mrd. m³) ihren Höhepunkt in der Nachwendezeit. Der Verbrauch schwankte zu der Zeit um 90 Mrd. m³. Deutschland konnte sich demnach zu über 20 % selbst mit Erdgas versorgen. Doch ab 2004 stellte sich ein zunächst langsamer, ab 2007 dann ein beschleunigter Rückgang der heimischen Produktion ein. Vorhaben der erdgasfördernden Unternehmen, dem Rückgang durch die Erkundung und Erschließung neuer sowie bekannter Potenziale entgegenzuwirken, wurden zunehmend politisch torpediert, so dass sich der rapide Förderabfall fortsetzte.

Nur noch 5,1 Mrd. Kubikmeter inländische Erdgasförderung

Erdgasförderung

Erdgasfördersonde Päpsen Z2 kurz nach Inproduktionsnahme. Eine der bislang letzten erfolgreichen Erdgasbohrungen in Deutschland. Foto: S. Arndt, April 2018

Am 25. März 2021 gab der Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie e.V. (BVEG) bekannt, dass im Jahr 2020 nur noch 5,1 Mrd. m³ Erdgas in Deutschland gewonnen werden konnten. Im Vorjahr waren es hingegen noch ca. 6,1 Mrd. m³. Bei diesen Zahlen ist zu beachten, dass die Volumenangaben des BVEG sich auf einen normierten Brennwert von 9,7692 kWh/m³ beziehen. Es wird dabei von Reingas gesprochen. Aufgrund von Gehalten nicht brennbarer Gase fällt hingegen das Volumen an Rohgas, also Erdgas in Feldesqualität, höher aus. Dieses betrug 2019 ca. 6,6 Mrd. m³ (Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2019 ).

Laut BVEG  ist der im Vergleich zu Vorjahren überproportional starke Produktionsrückgang auf den planmäßigen zweimonatigen Stillstand einer großen Erdgasaufbereitungsanlage (Anm. des Verfassers: Es handelt sich hierbei um die Aufbereitungsanlage Großenkneten bei Oldenburg) aufgrund einer großen TÜV-Inspektion zurückzuführen. Der Stillstand hatte erheblichen Einfluss auf die Fördermenge. Ca. 97 % der Erdgasförderung stammten aus Niedersachsen. Die Inlandsförderung konnte somit nur noch zu ca. 5 % zur Versorgung Deutschlands beitragen. Denn im Gegensatz zur Förderung ist der Erdgasverbrauch in Deutschland, von einem kleinen Tief 2014 und 2015 abgesehen, in den letzten 25 Jahren stabil geblieben (Statistisches Jahrbuch zur globalen Energie 2020).

Das ist insofern interessant, als das die Politik das Ausbremsen der Erkundung neuer Lagerstättenpotenziale sowie die Erschließung bekannter Ressourcen auch damit begründet hat, dass im Zeitalter der „erneuerbaren Energien“ fossile Energieträger nicht mehr zeitgemäß wären. Doch ist offensichtlich, zumindest in Bezug auf Erdgas, das Gegenteil der Fall.

Erdölförderung mit 1,9 Mio. Tonnen nahezu konstant

Tiefpumpenantrieb zur Erdölförderung im Feld Rühlermoor im Emsland in Aktion. Foto: S. Arndt, März 2019

Der Höhepunkt der deutschen Erdölförderung liegt schon mehr als 50 Jahre zurück. Er datiert in das Jahr 1968. Die damals produzierte Menge betrug ca. 8 Mio. Tonnen. Seitdem ging die Förderung quasi kontinuierlich zurück. Lediglich ab dem Jahr 2000 konnte sie sich für wenige Jahre erholen und überstieg nochmals die Marke von 3 Mio. Tonnen. Bis 2019 sank die Eigenförderung auf 1,92 Mio. Tonnen (Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2019).

Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland ca. 1,9 Mio. Tonnen Erdöl gewonnen. Damit blieb die Fördermenge im Vergleich zum Vorjahr nahezu konstant. Hauptanteil an der heimischen Produktion hat hierbei Schleswig-Holstein. Die einzige aktive Lagerstätte des nördlichsten Bundeslandes, das Offshore-Feld „Mittelplate“, konnte 1,09 Mio. Tonnen oder ca. 57 % zur inländischen Erdölproduktion beitragen. Auf Platz zwei folgt Niedersachsen mit ca. 595.000 Tonnen, während Rheinland-Pfalz mit 165.500 Tonnen den dritten Platz einnimmt. In Schleswig-Holstein sowie in Rheinland-Pfalz konnte die Produktion gegenüber dem Vorjahr gesteigert werden, während sie in Niedersachsen recht deutlich abnahm ( Statistischer Monatsbericht Dezember 2020).

Während die Produktion in Mecklenburg-Vorpommern mit knapp 9.000 Tonnen nahezu verdoppelt wurde, ging sie in Bayern um ca. 3.000 Tonnen auf ca. 38.400 Tonnen zurück. Überraschenderweise wurde die Förderung aus Brandenburgs einziger Lagerstätte „Kietz“ nahe der Grenze zu Polen vollständig eingestellt ( Statistischer Monatsbericht Dezember 2020). Das ist insofern überraschend, als das der Betreiber, Neptune Energy, noch im Februar 2020 eine neue Bohrung ankündigte und bis Oktober 2020 den Bohrplatz dafür fertigstellen ließ.

In Bezug auf den Erdölverbrauch Deutschlands, der seit 2007 nahezu konstant bei 95 Mio. Tonnen liegt, ist die Eigenförderung unbedeutend (Statistisches Jahrbuch zur globalen Energie 2020). Sie trägt nur zu ca. 2 % zur Bedarfsabdeckung bei.

Dramatischer Rückgang der Bohrmeterleistung

ITAG-Rig 27 beim Abteufen der Erdgasbohrung Päpsen Z2. Foto: S. Arndt, Februar 2016Im Jahr 2019 konnte die Bohrmeterleistung zur Erkundung und Erschließung von Erdöl- und Erdgaslagerstätten deutlich gegenüber dem Vorjahr gesteigert werden. Nachdem 2018 mit ca. 26.000 Bohrmetern ein historischer Tiefstwert erreicht wurde, konnte im Folgejahr die Leistung um 67 % auf 43.416 m gesteigert werden. Interessanterweise trugen Explorationsbohrungen mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil dazu bei ((Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2019).

Doch 2020 folgte prompt die Ernüchterung. Sicherlich insbesondere durch die nach wie vor aktuellen coronabedingten Beschränkungen brach die Gesamtbohrmeterleistung dramatisch ein. Aber auch die gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen sowie die globale wirtschaftliche Situation dürften einen entscheidenden Beitrag zum Rückgang beigetragen haben.

Mit nur noch 6.219 Metern wurde der bisherige Tiefpunkt nur 2 Jahre zuvor erheblich unterschritten (Statistischer Monatsbericht Dezember 2020). Für 2020 anberaumte Vorhaben wurden in die Zukunft verschoben oder sogar ganz aufgegeben. Zum Jahresende 2020 befand sich keine einzige Erdöl- oder Erdgasbohrung in Abteufung. Nach Kenntnisstand des Verfassers hat sich daran im ersten Quartal 2021 nichts geändert.

Vor einigen Jahren, auf dem Höhepunkt der „Fracking“-Debatte, fragte der Verfasser  „Qua vadis, inländische Erdöl- und Erdgasförderung?“ Inzwischen dürfte die Antwort klar sein. Trotz weiterhin auf unabsehbare Zeit vorhandenen hohen Bedarfs an Erdöl und Erdgas und trotz interessanter Potenziale insbesondere bei Letzterem lautet sie: In die ewigen Jagdgründe!

 

Artikelfoto: Tiefbohranlage T-160 bei ihrem wohl letzten Einsatz auf der Bohrung „Völkersen-Nord Z4c“. Foto: S.Arndt, März 2019