Ehemalige Förderbohrung Siedenburg Z11 wird keine Versenkbohrung
Bei der Erdgasförderung fällt zwangsläufig aus der Lagerstätte mitgefördertes Wasser an, weshalb es als Lagerstättenwasser (im Englischen produced water) bezeichnet wird. Dieses Wasser ist regelmäßig stark salzhaltig und allein schon deshalb nicht nutzbar. Hinzu kommen weitere, teils umweltgefährdende oder gar giftige Substanzen in sehr geringer Konzentration. Deshalb muss Lagerstättenwasser (LaWa) entsorgt werden. Häufig geschieht das, indem das Wasser in bereits salzwasserführende geologische Formationen versenkt wird. Doch diese Verfahrensweise geriet in die Kritik. Künftig soll LaWa deshalb nur noch in Formationen versenkt werden dürfen, wo es von Natur aus bereits vorkommt. Dafür bieten sich ehemalige Erdgasförderbohrungen wie die Siedenburg Z11 an.
Siedenburg Z11: Lagerstättenwasser dorthin wo es natürlich vorkommt
Im Zusammenhang mit der „Fracking“-Debatte vor einigen Jahren sind einige Gesetzesänderungen erfolgt, welche den Umweltschutz bezüglich der Erdöl- und Erdgasproduktion in Deutschland weiter optimieren sollen. Eine neue Vorschrift legt fest, dass zukünftig mitgefördertes LaWa ausschließlich nur noch in Formationen eingebracht werden darf, die bereits Lagerstättenwasser führen, also aufgegebene Lagerstätten bzw. die Peripherie noch produktiver Vorkommen.
Damit hat die Politik dem Druck von Bürgerinitiativen (BI) und Umweltverbänden sowie der regelmäßig desinformativen und angstschürenden Berichterstattung in verschiedenen Medien, insbesondere dem Norddeutschen Rundfunk (NDR) nachgegeben.
Dabei bestand de facto keinerlei Anlass, die bisherige Verfahrensweise zu ändern. Denn keine der Befürchtungen der Kritiker ist bislang trotz jahrzehntelanger Versenkpraxis eingetreten. Die Hauptbefürchtung war und ist, dass das in bereits salzwasserführende versenkte LaWa im Untergrund herumwabert, den Versenkhorizont verlässt und nach oben in süßwasserführende Grundwasserleiter aufsteigt.
Doch das ist aus verschiedenen Gründen nicht möglich. Zunächst sind die Formationen durch wasserdichte Schichten abgedeckt. Schließlich hat das bereits vorhandene Salzwasser die Formationen über etliche Millionen Jahre nicht verlassen. Diese Formationen sind vom Wasserkreislauf entkoppelt. Zweitens fehlt eine Antriebskraft, um sowohl das Formationswasser als auch das versenkte LaWa zu mobilisieren und zum Aufstiegt zu bewegen. Der dritte Grund ist, dass sowohl Formationswasser als auch LaWa stark salzhaltig sind und somit ein höheres spezifisches Gewicht aufweisen als Süßwasser. Für den quasi ausgeschlossenen Fall, dass doch salzhaltiges Wasser aufsteigt, würde dieses das Süßwasser unterlagern. Solche Schichtung ist in der Natur zu beobachten. Man spricht von haliner Schichtung.
Dennoch spricht nichts dagegen, ehemalige Erdgasförderbohrungen wie die „Siedenburg Z11“ zu Versenkbohrungen umzurüsten und das LaWa dorthin zu verbringen, wo es bereits von Natur aus vorkommt.
Betreiber der Siedenburg Z11 kündigte Versenkprojekt im November 2017 an
Betreiber der einstigen Erdgasproduktionsbohrung ist die ExxonMobil Production Deutschland GmbH, kurz EMPG. Diese gab bereits am 23. Oktober 2017 bekannt, dass die damals noch in Förderung stehende Bohrung zu einer Versenkbohrung umgerüstet werden soll. Die Bevölkerung in der Nachbarschaft der Bohrung sollte im Rahmen einer Informationsveranstaltung über das Projekt umfassend in Kenntnis gesetzt werden. Laut EMPG sollte die „Siedenburg Z11“ „spätestens ab 2021“, also diesem Jahr, als Versenkbohrung dienen.
Doch es regte sich schnell Widerstand gegen das Vorhaben. Die jahrelange mediale Desinformation hatte ihre Spuren hinterlassen. Und das in einer Region, die bereits seit den 1950er Jahren zunächst von der Erdölförderung und ab den 1960er zusätzlich von der Erdgasförderung geprägt wurde und davon profitierte. Initiiert wurde der Protest zunächst vom Ortsverband der Partei Bündnis90/Die Grünen (Grüne). Dieser fühlte sich dazu berufen, selbst eine Informationsveranstaltung zum Projekt abzuhalten. Als Referent konnte ein bekannter durch die Lande reisender Erdgasförderungsgegner aus dem Nachbarkreis Nienburg gewonnen werden. Der Verfasser dieser Zeilen wohnte dieser Veranstaltung Ende April 2018 bei. Der Verlauf kann in den Beiträgen Viel heiße Luft um Lagerstättenwasserversenkprojekt „Siedenburg Z11“ sowie Viel heiße Luft um Lagerstättenwasser-Versenkprojekt „Siedenburg Z11“ – Teil 2 hier auf dieser Seite nachgelesen werden.
Seitdem war weder seitens der EMPG noch der lokal ins Leben gerufenen BI etwas zu diesem Vorhaben zu vernehmen. Doch das änderte sich am 25.03.2021 mit einem Artikel auf der Onlineplattform der Regionalzeitung.
ExxonMobil gibt Siedenburg Z11 vollständig auf
Hintergrund des Artikels, der die Gegner des Projekts in den Fokus rückt, ist eine Pressemitteilung der EMPG als für die Bohrung verantwortliches Unternehmen vom 22.03.2022. In der recht knapp gehaltenen Mitteilung heißt es, dass das Unternehmen seine Pläne zur Umrüstung der ehemaligen Erdgasförderbohrung Siedenburg Z11 in der Gemeinde Borstel im Landkreis Diepholz für die Versenkung von Lagerstättenwasser nicht weiter verfolge. Die Bohrung, die Ende April 2018 außer Betrieb genommen wurde, werde in den kommenden Jahren mit Spezialzement verfüllt. Der ehemalige Förderplatz, auf dem sich auch die ebenfalls stillgelegte Förderbohrung „Siedenburg Z16“ befindet, wird zurückgebaut und das Gelände rekultiviert.
Hintergrund ist, dass nach aktueller Bewertung der EMPG zu den erwarteteten Erdgasfördermengen die Umrüstung der Siedenburg Z11 zur Versenkbohrung nicht erforderlich ist. Die benötigten Kapazitäten vorhandener Versenkbohrungen, z.B. Buchhorst Z20 (Foto), im Landkreis Diepholz wären nach gegenwärtigem Stand ausreichend.
Damit ist die BI mit ihren angeblich ca. 80 Mitgliedern quasi ihrer Daseinsberechtigung beraubt. Diese sieht das anders. Nach ihrer Auffassung drücke das Erdgas weiter von unten und für den „Betonpfropf“ gäbe es keine Ewigkeitsgarantie, heißt es im Artikel der Regionalzeitung. Hier zeigt sich einmal mehr das Dilemma mit den BI: Aufgrund mangelnden Fachwissens reimen diese sich größtmöglichen Unsinn zusammen. Allein dass sie in Bezug auf die Bohrlochverfüllung von einem Betonpfopfen reden, offenbart ihre Unkenntnis. Das Verfüllschema einer Bohrung ist komplexer. Es wechseln sich Verfüllabschnitte aus Spezialzement im Bereich durchlässiger Gesteinsschichten mit Abschnitten ab, die mit Tiefbohrspülung im Bereich undurchlässiger Gesteinsschichten aufgefüllt sind. Hinzu kommen mechanische Stopfen.
Ihrer Freizeitaktivität beraubt, möchten die BI’ler gerne Menschen aus dem westlichen Sulinger Land gewinnen. Doch dies gestalte sich als schwierig, monieren sie laut Zeitungsartikel. „Vielleicht klappt das besser, wenn es weitere Störungen gibt“, hoffen sie. Auf Störungen zu hoffen, um sich in ihren Befürchtungen bestätigt zu sehen und um damit andere Menschen ins Boot zu holen, ist an Perfidität kaum zu überbieten. Doch ist dieses Verhalten wenig überraschend.