Falschdarstellungen von Erdöl-Erdgasgewinnungsgegnern. Unwissen oder gezielte Desinformation?

Reststoffbehandlung in place

Befasst man sich mit Artikeln, Zitaten oder sonstigen Darstellungen der Gegner (inländischer) fossiler Kohlenwasserstoffgewinnung, fällt einem auf, dass Begriffe ins Unkenntliche verdreht werden, falsche Begrifflichkeiten verwendet werden oder im Extremfall Behauptungen ins Spiel gebracht werden, die jeglicher Grundlage entbehren. Es ist dabei nicht eindeutig feststellbar, ob die Falschdarstellungen ursächlich eine Folge des Miss-/Nichtverstehens einzelner Begriffe oder aber komplexerer Vorgänge sind oder ob gezielt Desinformation gestreut werden soll.

Vibroseismische Untersuchungen (Beispielbild)

Vibroseismische Untersuchungen (Beispielbild) ©chef79

Ein Beispiel eines bis zur Unkenntlichkeit verdrehten Begriffes ist das Wort „Fracking“. Hierbei handelt es sich bereits um eine Verstümmelung der fachlich korrekten Bezeichnung „Hydraulic Fracturing“ der abkürzungsfreudigen US-Amerikaner. Hydraulic Fracturing ist dabei selbstdefinierend. Mit Hilfe einer Flüssigkeit wird Druck übertragen (Hydraulik), um in Festgestein Risse (engl. fractures) zu erzeugen. „Fracking“-Gegner wollen jedoch unter dem Begriff den Gesamtprozess der Erdöl-und Erdgasgewinnung von der Vorerkundung über die Bohrung, den eigentlichen kurzzeitigen Fracprozess sowie die Förderung der Kohlenwasserstoffe verstehen, sofern Hydraulic Fracturing zum Einsatz kommt.

Wenig zur Aufklärung/Erklärung, was tatsächlich unter der Standardmethode „Hydraulic Fracturing“zu verstehen ist, tragen bedeutende Medien bei. Exemplarisch soll dazu ein Beitrag von Focus-Online dienen. Dieser ist mit „Kurz erklärt – Was ist Fracking? überschrieben. Leider wird das Verfahren nur unzureichend dargestellt und teilweise strotzt der Artikel vor gravierenden Fehlern. So ist z.B. statt „Hydraulic Fracturing“ „Hydraulic Fractioning“ zu lesen.

Ist dieser Fehler nicht schon peinlich genug, wird durch die Bildunterschrift „Eine Ölförderanlage, die nach dem Prinzip des Fracking arbeitet, in Pennsylvania/USA“ dieser Fauxpas sogar noch übertroffen. Auf dem Foto zum Artikel ist jedoch keine Ölförderanlage abgebildet, sondern eine Bohranlage. Mit einer Bohranlage werden, wie die Bezeichnung schon vermuten lässt, Bohrungen niedergebracht. Nach dem „Prinzip des Fracking“ arbeitet eine Bohranlage nicht, da der Fracprozess erst nach Abschluss der Bohrarbeiten und vor Aufnahme der Förderung durchgeführt wird. In manchen Fällen wird eine Fracmaßnahme in einem bestehenden Bohrloch nach mehreren Jahren wiederholt, um die Förderrate zu restaurieren.

Gravierender als die Falschdarstellung des Hydraulic Fracturings sowohl durch opponierende Bürgerinitiativen als auch durch (teilweise sekundierende) Medien ist die grundsätzliche Behauptung, dass durch Bohr- und Förderaktivitäten sowie die Versenkung von mitgefördertem Lagerstättenwasser das Grund- oder sogar Trinkwasser (gerne fälschlicherweise gleichgesetzt) verschmutzt, oder, in BI- und Mediensprech, verseucht (klingt dramatischer) werden könnte.

Wiedererschließungsbohrung Börger 7a der Edöllagerstätte Börger/Werlte ©chef79

Wiedererschließungsbohrung Börger 7a der Edöllagerstätte Börger/Werlte ©chef79

Fakt ist, dass gegenwärtig ca. 1.500 Erdöl- und Erdgasbohrungen in Deutschland betrieben werden. Im Jahr 1992 waren es sogar noch knapp 2.800 (Quelle: Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 1992, Niedersächsisches Landesamt für Bodenforschung). Nirgendwo ist es im Umfeld dieser Bohrungen zu einer Kontaminierung von Grundwasser durch den Bohr- und Förderbetrieb sowie durch eventuelle Fracarbeiten gekommen. Dieses Faktum wird von den BI in Abrede gestellt, die damit argumentieren, dass es keine entsprechenden Messungen gab. Dabei vergessen die Protagonisten, dass sie in der Nachweispflicht für ihre nicht belastbaren Anschuldigungen stehen.

Im Zusammenhang mit der angeblichen Gefahr der Grundwasserkontaminierung durch Erdöl- und Edgasbohrungen wird gerne das vermeintliche Argument angeführt, dass Tiefbohrungen nach wenigen Jahren in erheblichem Umfang ihre Integrität, also ihre Undurchlässigkeit verlören. Zuletzt behauptete das im „Weser-Kurier“ der in der Völkerser BI „No Fracking“ engagierte Ingenieur Carsten Hauschild:

„In diesem Gebiet zu bohren, ist wie russisches Roulette“, sagt Hauschild. Gestänge, das mit der Bohrung in den Boden gebracht werde, sei Studien zufolge zu 50 Prozent undicht, es bestehe das Risiko, den Boden unter anderem auch dadurch zu verunreinigen.

Wenn angeblich bis zun 50 Prozent aller Tiefbohrungen eine mangelhafte Dichtigkeit aufwiesen, dann müssten aufgund der vorgenannten Zahlen großflächige Gebiete Niedersachsens Grundwasserkontaminationen durch Erdöl und/oder Erdgas sowie Begleitstoffe aufweisen. Dem ist mitnichten so! Und es gibt auch keine Studien, aus denen hervorgeht, dass bis zu 50 Prozent der Tiefbohrungen undicht seien.

Fracarbeiten Bildquelle CEP

Fracarbeiten
Bildquelle CEP

Vielmehr verhält es sich so, dass laut einer Studie des Ölfeld-Serviceunternehmens Schlumberger eben dieser Prozentsatz an Bohrungen einen sogenannten „Sustained Casing Pressure“ (SCP) aufweist, also einen Druckanstieg innerhalb der Verrohrung (Casing) von Tiefbohrungen. Das ist aus einem Diagramm und dessen Erläuterung, das u.a. vom „Fracking“-Gegner Jürgen Stemke (Piratenpartei) verwendet wird (LINK), zu erschließen. Stemke wurde übrigens von einem Mitleser des Blogs (mit ausgewiesener Expertise) schon vor Monaten auf seine Fehlinterpretation hingewiesen. Die DEA reagierte entsprechend auf die hanebüchenen, da unlogischen Behauptungen Hauschilds (Meldung 04.08.2015):

Die Aussage, dass Bohrungen zu einem großen Teil undicht sind, entspricht nicht der Wahrheit. Die so genannte Bohrlochintegrität ist durch mehrere ineinander zementierte Stahlrohre sichergestellt. Durch DEA-Bohrungen ist es noch nie zu negativen Einflüssen auf Süßwasser führende Schichten gekommen.

Doch nicht nur bezüglich des Bohr- und Förderbetriebes werden von Seiten der Erdöl- und Erdgasgewinnungsgegner abenteuerliche Behauptungen mit Hilfe von Umweltschutzgruppierungen sowie mit Unterstützung unbedarfter lokaler bis überregionaler Medienanstalten unters Volk gebracht. Bereits technische Vorerkundungen, wie z.B. seismische Untersuchungen, die ein Abbild geologischer Strukturen generieren, werden mit abstrusen Behauptungen diskreditiert.

Es wird von Bürgerinitiativen unterstellt, dass durch die Anwendung des sogenannten Vibroseismik-Verfahrens Drainagerohre von Landwirten zerstört würden. Das lässt sich z.B. aus einem Beitrag der BI „Kein Fracking in der Heide“ erschließen:

Besonders die anwesenden Landwirte interessierten sich für Möglichkeiten, ihre Drainage-Rohre und Bewässerungssysteme vor Erschütterungsschäden zu bewahren.

seismologische-untersuchungenDabei ist Niedersachsen mit seinem erheblichen Potenzial an Erdöl- und Erdgaslagerstätten in den letzten Jahrzehnten bereits durch Vibroseismik-Fahrzeuge intensiv befahren worden. Neben diesen Gebieten wurden weitere Landstriche in verschiedenen Bundesländern vibroseismischer Untersuchungen unterzogen. Meldungen, dass es infolgedessen zu Zerstörungen von Drainagesystemen kam, sind nicht bekannt. Im Sinne der Schlagzeile unseres Artikels kann ohne Zurückhaltung von gezielter Desinformation gesprochen werden. Im Übrigen wurden seismische Erkundungen fälschlicherweise als seismologische auf selbsgenerierten Verbotsschildern bezeichnet (siehe Bild links). Was soll man bei derartiger Unwissenheit noch Worte verlieren? Es ist einfach nur peinlich!

Da aber ohne seismische Vorerkundungen kaum eine sichere Interpretation kohlenwasserstofführender Strukturen möglich ist und sich dessen die opponierenden BI bewusst sind, versuchen sie mit Pseudoargumenten, wie der angeblichen Zerstörung von Drainagesystemen, bereits Vorerkundungen zu unterbinden.

Richtig übel wird einem, wenn man sich die Agitation schleswig-holsteinischer BI näher betrachtet. Protagonist der Propaganda in diesem traditionellen Erdölförderland ist Dr. Reinhard Knof, ein promovierter Chemiker. Wortgewaltig phanstasiert dieser Herr, der im Nebenfach einst auch Geologie gehört haben will, von geowissenschaftlichen Unmöglichkeiten wie dem Durchbruch salinaren Tiefenwassers durch gas-und fluidundurchlässige Gesteinsschichten.

 Doch das ist noch harmlos gegenüber dem, was Knof dem „Flensburger Tageblatt“ erzählt hat. der Artikel mit der Überschrift „Gefahr für das Grundwasser“ ist bei „Stopp Fracking“ zu lesen. Demnach behauptete Knof, dass es beim „Fracking“ um den Einsatz hochgiftiger Chemikalien ginge.

Erdölförderung

Erdölförderung ©chef79

Sicherlich werden im Fracfluid auch Chemikalien verwendet. daran ist nichts verwerflich, denn schließlich stecken in jedem Waschmittel Chemikalien drin. Strenggenommen ist selbst Wasser eine Chemikalie. Als „hochgiftig“ eingestufte Chemikalien finden im Fracfluid jedoh keine Anwendung. Diese seit  nunmehr fast fünf Jahren wiederholte Falschbehauptung nähert sich durch Wiederkäuen nicht der Realität.

Ferner behauptet Knof, dass durch „Fracking“ das Krebsrisiko steige. Es ist für einen der Logik verpflichteten naturwissenschaftlich ausgebildeten Menschen wie dem Verfasser unbegreiflich, wie ein kilometertief unter der Erde stattfindender Prozess das Krebsrisiko erhöhen soll. Selbst wenn Knof unter „Fracking“ den Gesamtprozess der Erdgasgewinnung verstehen will (s.o.), ist seine Behauptung nicht haltbar. Beweise für seine steile These gibt es nicht und Knof führt „sicherheitshalber“ auch keine an.

Die Überschrift stellt die Frage, ob es sich bei den von den Bürgerinitiativen, die gegen die Erdöl- und Erdgasgewinnung ins Feld ziehen, gestreuten Behauptungen um Missverständnisse/Unwissenheit oder um gezielte Desinformation handelt. Betrachtet man die hier abschließend diskutierte Behauptung Knofs genauer, kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass Letzteres zutrifft. Knof behauptet nämlich, dass aufgrund des hohen Drucks, der beim Hydraulic Fracturing angewendet wird, es bereits „oftmals“ zu Durchbrüchen von Fracfluid durch Gesteinsschichten kam, in dessen Folge die Oberfläche verseucht wurde. Leider wird verschwiegen, wo es zu diesen häufigen Durchbüchen kam. Trotz intensiver Recherche konnte der Verfasser keinen Beleg für die Behauptung Knofs finden. Im Gegensatz zu anderen Beispielen, bei denen von Missverständnis oder Unwissenheit auszugehen ist, handelt es sich hierbei offenbar um eine (gezielte) Falschbehauptung.

3 Kommentare zu Falschdarstellungen von Erdöl-Erdgasgewinnungsgegnern. Unwissen oder gezielte Desinformation?

  • Dirk Weißenborn sagt:

    —„In diesem Gebiet zu bohren, ist wie russisches Roulette“, sagt Hauschild. Gestänge, das mit der Bohrung in den Boden gebracht werde, sei Studien zufolge zu 50 Prozent undicht, es bestehe das Risiko, den Boden unter anderem auch dadurch zu verunreinigen.—

    Diese beiden Sätze stellen eine besonders debile Fehlleistung sogenannter Ingenieure dar. Wer sich auf diese Weise aus dem Fenster hängt, sollte besser seinen Studienabschluss zurückgeben.

    Wieso nun ausgerechnet die Bohrungen im Gebiet von Völkersen „russisches Roulette darstellen“ wird nicht klar. Woanders nicht? Schon der Vergleich mit „russischem Roulette“ ist an Schiefe nicht mehr zu überbieten. Im Gegensatz zur Erdgasgewinnung hat das Spiel mit dem Revolver wohl nie einen fortschrittlichen, wohlstandsfördernden Sinn für die Allgemeinheit gehabt.

    Wer diese Vokabel im Zusammenhang mit den Aktivitäten der Erdgasindustrie in den Mund nimmt, spielt tatsächlich intellektuelles „russisches Roulette“ – aber mit sechs Patronen in der Trommel. Der sogenannte Ingenieur ist in intellektueller Hinsicht also schon „gestorben“.

    Die Betrachtung der Integrität des Casings wurde im Text schon vorgenommen. Allerdings sprach der „Ingenieur“ von Gestänge. Also nehmen wir ihn doch beim Wort und interpretieren seine Bemerkung im Sinne „undichten BOHRGESTÄNGES“ (DP, HWDP, DC, etc.). So, dann wären nach seiner Aussage abenteuerliche 50 Prozent aller Bohrstränge wohl undicht. Dieser „Fachmann“ erklärt jedoch nicht, wie man mit undichtem Bohrstrang überhaupt ein Loch bis zur Trägerformation in wirtschaftlicher Weise abteufen kann. In diesem Fall sollte er sich aus seiner Grundhaltung heraus eher freuen, da es unter diesen Randbedingungen kaum möglich wäre, an das Erdgas und das schreckliche Lagerstättenwasser heran zu kommen.

    Aber selbst wenn das Gestänge über sogenannte Durchspüler Bohrspülung in den Ringraum entlassen würde, wären oberhalb immer noch Casing und Zementmantel da und schützen die jeweiligen „hinter die Rohre“ gebrachten Formationen. Sogar der „Boden“ im wissenschaftlichen Sinne wird dadurch geschützt.

    Es ist allerdings zu befürchten, dass Leute des BI-Schlages den Begriff „Boden“ selbst noch für den eher festen inneren Erdkern benutzen würden.

    Der muss ja selbstverständlich auch „geschützt“ werden.

  • Dr. Reinhard Knof sagt:

    Ich bin Dr. Reinhard Knof, und da ich direkt angesprochen werden, möchte ich auch gerne auf die Vorwürfe antworten. Ich gehe davon aus, dass der Autor dieses Artikels keinen meiner Vorträge selber gehört hat und deshalb die falschen Behauptungen in seinem Artikel durch Kommunikations- und Verständnisfehler entstanden sind. Viele Fehler hätte der Autor vermeiden können, wenn er vor der Veröffentlichung dieses Artikels einmal den Kontakt zu mir gesucht hätte. Das ist bei seriösem Journalismus üblich. Insbesondere sollten Zeitungsartikel zu Vorträgen nicht allzu wörtlich genommen werden, da sich dort immer wieder falsch verstandene Formulierungen wiederfinden, was aufgrund der Komplexität des Themas leicht passieren kann.

    Beim Fracking kamen in Deutschland bisher zahlreiche toxische (ich sprach nie von hochtoxischen Stoffen) und umweltgefährdende Stoffe zum Einsatz, z.B. chloro-2-methyl-2h-isothiazol-3-one und Natriumbromat. Das sind Substanzen, die in Tierversuchen mit wenigen 100 mg/kg Körpergewicht in der Hälfte der untersuchten Tiere zum Tode geführt haben. Diese Stoffe werden transportiert, gelagert und angemischt, ehe die eigentliche Frackingflüssigkeit entsteht. Was der Autor vergessen hat zu erwähnen, ist die Giftigkeit des Lagerstättenwassers und des Flowbacks, die wesentlich giftiger sind, als die ursprüngliche Frackingflüssigkeit.

    Nachgewiesen ist inzwischen auch der Zusammenhang zwischen der Erdgasförderung mittels Fracking und einer deutlichen Zunahme an Frühgeburten, die mit dem Wohnort der werdenden Mütter in Abhängigkeit der Nähe zu Frackinggebieten steigt. Hierzu die Studie:
    Epidemiology. 2015 Sep 30. Unconventional Natural Gas Development and Birth Outcomes in Pennsylvania, USA. Casey JA1, Savitz DA, Rasmussen SG, Ogburn EL, Pollak J, Mercer DG, Schwartz BS.

    Ich habe nicht behauptet, dass durch Fracking Krebs ausgelöst wird sondern darauf hingewiesen, dass in Rothenburg und Bothel derzeit Untersuchungen laufen, weil sich im Umfeld der Erdgasförderstellen auffällig erhöhte Krebsfallzahlen gezeigt haben. In New York wurde Fracking wegen der bekannten, inzwischen in zahlreichen Studien belegten Risiken verboten. So finden sich im Grundwasser in der Nähe von Frackinggebieten erhöte Gehalte toxischer, teils krebserregender Substanzen, auch wenn Fracking als direkte Ursache bisher noch nicht zweifelsfrei bewiesen werden konnte. Wissenschaftliche Studien zu diesem Thema gibt es aber auch erst seit wenigen Jahren. http://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/acs.est.5b01526?journalCode=esthag

    In Norwegen gab es bereits zahlreiche Leckagen von in rund 1000 Metern Tiefe verpresstem Prozesswasser, z.B. 2007 in Visund (Fa. Statoil) und 2008 in Tordis (Fa. Statoil). http://www.npd.no/en/Publications/Norwegian-Continental-Shelf/No2-20091/Faulty-geology-halts-project/
    Eines der weltweit führenden Unternehmen für Bohrungen – Schlumberger Limited – stellte nach dem Blowout der Elgin-Plattform in der Nordsee 2012 fest, dass 43 Prozent seiner 6692 Offshore Bohrungen im Golf von Mexiko undicht sind. Nach 15 Jahren besteht bereits eine 50-prozentige Chance, dass es zu größeren Lecks kommt, die Grundwasser oder die Umgebung kontaminieren können.
    In Norwegen sind es immer noch 13 bis 19 Prozent der Bohrungen, die undicht sind. Diese Zahlen wurden jetzt bei einer Konferenz zur Sicherheit der Schiefergasförderung genannt. Geochemikerin Karlis Muehlenbach von der Universität Alberta warnte davor, dass mit zunehmendem Ausbau der Schiefergasindustrie und Hydraulic “Fracking” Fracturing, Kontaminierungen von Grund- und Trinkwasser zunehmen werden.
    Im ehemaligen Feld „Plön-Ost“ in Schleswig-Holstein, in dem mehrfach gefrackt wurde, können wir anhand von Versicherungsunterlagen drei Ölaustritte nachweisen. Das steht im Widerspruch zu der von Wirtschaft und BGR vorgetragenen Behauptung, bei über 300 Fracks in Deutschland sei es nie zu Schäden gekommen. Den Nachweis, dass die dokumentierten Schäden nicht durch das vorausgegangene Fracking verursacht worden sind, sind Industrie und Bundesbergamt bisher schuldig geblieben.

    Im übrigen habe ich im Zusammenhang mit den Leckagen nie von „Verseuchung“ gesprochen, sondern von Verunreinigung oder Verschmutzung.

    Ich hoffe mit dieser Richtigstellung dem Autoren, der trotz intensiver Suche keinen Hinweis auf Leckagen durch die Öl- und Gasförderung gefunden haben will, weiter geholfen zu haben.

    Für weitere Fragen stehe ich natürlich gerne zur Verfügung.

    1. SAR sagt:

      Hallo Herr Dr. Knof,

      es ist richtig, dass der Autor keinen Ihrer Vorträge selbst gehört hat. Dazu ist die Entfernung Süd-Sachsen-Anhalt – Schleswig-Holstein doch ein wenig zu groß.

      Ob tatsächlich zwischen dem Inhalt Ihrer Vorträge und dem in der Presse wiedergegebenen Aussagen ein gravierender Unterschied bestanden hätte, wage ich aus gutem Grund zu bezweifeln. Denn die von uns ob nun in diesem Artikel oder anderen kritisierten Falschbehauptungen sind von eingefleischten „Fracking“-Gegnern wiederholt zu vernehmen gewesen.

      Es ist richtig, dass in der Vergangenheit als toxisch eingestufte Substanzen dem Fracfluid beigemengt wurden. Doch wo ist das Problem? Tagtäglich werden giftige Substanzen in großem Stil produziert, transportiert, gelagert. Aber wenn toxische Stoffe hochverdünnt in unbelebte Gesteinsschichten eingebracht werden, soll das plötzlich gefährlich sein?

      Vergessen wurde Lagerstättenwasser (LaWa) nicht. Es wurde einfach nicht thematisiert. Im übrigen liegen mir keine Angaben vor, dass LaWa als toxisch eingestuft ist. Es kann auch nicht „giftiger“ sein als Fracfluid selbst, da, um den Komparativ benutzen zu können, Fracfluide als giftig eingestuft sein müssten. Und das sind sie nicht. Weder in der Vergangenheit und schon gar nicht in der Gegenwart.

      Auf die von Ihnen angeführten Studien aus Übersee kann und will ich nicht weiter eingehen. Nur soviel: Es ist anhand zahlreicher Fotos nachzuvollziehen, dass die technischen Standards in den USA häufig erheblich niedriger sind als bei uns. Das beginnt mit der Gestaltung der Bohrplätze, reicht weiter über das Bohrlochdesign (zahlreiche Bohrungen in den USA waren bis in die jüngere Vergangenheit in ihren untersten Bereichen nicht verrohrt, in Deutschland undenkbar!) und endet bei Aufbereitungsanlagen, die historisch anmuten. Dass es aufgrund dessen zu massiven Schadstoffausstößen kommen kann, ist nicht nur naheliegend, sondern meines Wissens in manchen Gebieten auch nachgewiesen. Aber das hat mit dem Fracprozess an sich herzlich wenig zu tun.

      Im Übrigen hat eine Langzeitluftanalyse im Erdgasfeld Söhlingen keine gesundheitsgefährdenden Lufverschmutzungen infolge der Erdgasförderung nachweisen können. Die Ergebnisse der Langzeitstudie wurden übrigens medial komplett ignoriert. Hier der Link zur Zusammenfassung: http://www.lbeg.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=35163&article_id=116244&_psmand=4

      Wieviele Durchbrüche von versenkten Prozessabwässern gab es in norwegischen Schelfgebieten konkret? Sie schreiben von zahlreichen, können aber lediglich zwei benennen. In Deutschland, wo die Versenkung seit Jahrzehnten in verschiedenen geologischen Formationen gang und gäbe ist, ist kein einziger Durchbruch bekannt. Das ist sicherlich durch die intensive geologische Vorerkundung zu begründen.

      Entgegen Ihrer Behauptung (und eben auch der von Herrn Hauschild, auf die sich im Artikel bezogen wird), hat das Unternehmen Schlumberger nicht festgestellt, dass im Golf von Mexiko 43 Prozent der Bohrungen undicht wären. Ich weiß auch gar nicht, wie Sie und Ihre Mitstreiter auf Schlumberger kommen, da die von Ihnen genannten Zahlen vom United States Minerals Management Service (MMS) stammen:
      „United States Minerals Management Service (MMS) data show that 6692 of these wells, or 43%, have reported SCP on at least one
      casing annulus.“
      SCP steht dabei für „Sustained Casing Pressure“, was NICHT mit „Undichtigkeit“ oder „Leckage“ zu übersetzen ist. Vielleicht sollten „Fracking“-Gegner es sich abgewöhnen, voneinander abzuschreiben sondern stattdessen Primärquellen konsultieren. Für diesen konkreten Fall hier der Link: https://www.slb.com/~/media/Files/resources/oilfield_review/ors03/aut03/p62_76.ashx

      Inwiefern stehen die drei Ölleckagen im Feld Plön-Ost im Widerspruch zu der Aussage der BGR und der Wirtschaft, dass die über 300 Fracmaßnahmen in Deutschland sicher durchgeführt worden sind?

      Sie schreiben ja selbst, dass Sie keine Belege dafür haben, dass ein Zusammenhang zwischen den Fracarbeiten und den Austritten besteht. Ölaustritte gab es in der Frühphase der Erschließung von Erdölfeldern auch im Bereich anderer Lagerstätten, in denen keine Fracarbeiten durchgeführt worden sind.

      Ich hoffe mit dieser Richtigstellung dem Autoren, der trotz intensiver Suche keinen Hinweis auf Leckagen durch die Öl- und Gasförderung gefunden haben will, weiter geholfen zu haben.

      Ich habe an keiner Stelle behauptet, dass es nie zu Leckagen infolge von Erdöl- und Erdgasgewinnung kam. Meine Aussage war, dass ich trotz intensiver Recherche keine Nachweise gefunden habe, “ dass es „oftmals“ zu Durchbrüchen von Fracfluid durch Gesteinsschichten kam, in dessen Folge die Oberfläche verseucht wurde“, wie Sie es laut „Flensburger Tageblatt“ behauptet haben sollen.

      Im Übrigen: Den Link zur Liste mit den „alltaglichen“ Unfällen der Gas- und Ölindustrie wird hier wegen teilweiser Irreführung nicht veröffentlicht. Kleiner Tipp: Nicht wahrnehmbare Erdbeben, frei erfundene Havarien wie der angebliche „Säureregen“ von Söhlingen oder die Genehmigung zur Installation eines seismischen Überwachungsnetzes können wohl nicht als Störfälle/Unfälle bezeichnet werden, tauchen neben Unfällen, die mit der Erdöl- und Erdgasförderung in keinerlei Zusammenhang stehen, seltsamerweise dennoch in der Liste auf.

  • Jetzt einen Kommentar verfassen!

    *Ihre E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht.