Über die nicht nachvollziehbare Angst vor Fracking in Schleswig-Holstein
Schleswig-Holstein ist historisch gesehen eines der bedeutendsten und aktuell die bedeutendste Erdölförderregion Deutschlands. Mit Ausnahme des größten deutschen Erdölfeldes „Mittelplate“ vor der Westküste sind mittlerweile sämtliche Erdölfelder wegen Erschöpfung oder aus Rentabilitätsgründen stillgelegt. Doch angesichts hoher Ölpreise gibt es seit einigen Jahren Bestrebungen, neue Lagerstätten zu erkunden sowie zu prüfen, ob sich Wiedererschließungen aufgelassener Felder lohnen.
Zunächst liefen die Erkundungen, mit denen RWE-Dea im Jahr 2007 begann (150 Jahre Ölförderung in Schleswig-Holstein), weitestgehend unbehelligt von der Öffentlichkeit ab. Das änderte sich jedoch schlagartig mit dem Aufkeimen der Diskussion um die zuvor jahrzehntelang in Deutschland ohne Umweltbeeinträchtigungen durchgeführte Standardtechnologie des Hydraulic „Fracking“ Fracturing.
Neue Erteilungen von Aufsuchungserlaubnissen für Kohlenwasserstoffe wurden in den Medien mit „Fracking“ im Zusammenhang mit Schiefergaslagerstätten in Verbindung gebracht. Ganz vorne mit dabei war damals der NDR, der seinerzeit einen nicht mehr abrufbaren Filmbeitrag mit dem Titel „Kreise wehren sich gegen Fracking“ (siehe “Fracking” in Dithmarschen?-Ein Paradebeispiel für die Desinformation des NDR! (Und der Bürgerinitiativen)“) ausstrahlte.
Dabei können weder im Antrag noch mit der Erteilung der Erlaubnisse keine konkreten Aussagen hinsichtlich späterer Gewinnungsmethoden gemacht werden. Das ist logischerweise auch nicht möglich, da im Vorfeld von Aufsuchungsaktivitäten nicht bekannt ist, ob a) der gesuchte Rohstoff überhaupt angetroffen wird und b) ob die Lagerstättenparameter insbesondere hinsichtlich der Permeabilität Fracmaßnahmen erforderlich machen. Außerdem war bereits schon damals klar, dass in Schleswig-Holstein kein Schiefergaspotenzial vorhanden ist. Nur wenn über Jahre hinweg das Fachwissen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) ignoriert wird und man stattdessen die Ängste der Bürger bedienen möchte, dann wird eben an der Realität vorbei spekuliert.
Wer über die erdölgeologischen Verhältnisse in Schleswig-Holstein (SH) über ein Mindestmaß an Kenntnissen verfügt, hätte sofort erkannt, dass die in Dithmarschen sowie später in anderen Teilen von SH erteilten Aufsuchungserlaubnisse Strukturen überdecken, die als erdölhöffig gelten bzw. sich in unmittelbarer Nachbarschaft dieser Strukturen befinden. Das Unternehmen PRD Energy, dass u.a. die Aufsuchungserlaubnis „Ostrohe“ in Schleswig-Holstein erteilt bekommen hat, stellt auf seiner Website klar, worum es geht.
Dennoch ließen sich sowohl einige Mitbürger sowie die Landespolitik von Berichten und Artikeln dieser Art getreu dem Motto „Was im Fernsehen gezeigt wird, muss stimmen“ beeindrucken. Um weitere Verunsicherung in der Bevölkerung zu verbreiten bedurfte es zum Teil nicht einmal mehr der Neugründung von Bürgerinitiativen (BI). Denn mit der „BI Kein CO2 Endlager“ existierte bereits eine gut organisierte BI an der Westküste Schleswig-Holsteins (SH). Zum Selbstverständnis der Reginalgruppen (RG) dem LINK folgen. Exmplarisch hier nur ein Auszug der Vorstellung der RG „Frackingfreier Kreis Plön“ (Hervorhebung vom Verfasser):
Die Regionalgruppe „Frackingfreier Kreis Plön“ wurde im Juli 2013 aus der Mitte von Bürgern gegründet, kurz nachdem offenkundig wurde, dass verschiedene Firmen alte Claims zur Gewinnung von Erdöl und oder Erdgas reaktivieren. Bis heute schließen die Firmen einen Einsatz der wenig erforschten Methodik des „Frackings“ nicht rechtsverbindlich aus.
Nun, die angeblich wenig erforschte Methode (nicht „Methodik“) kam bislang weltweit über 2 Millionen Mal zur Anwendung. Auch im Kreis Plön. Liebe BI, ihr kommt fast 60 Jahre zu spät! Dazu später mehr.
Neben der Ablehnung der Versenkung von Kohlendioxid aus Kohlekraftwerken (CarbonCapture&Sequestation) hat die „fossilfeindliche“ BI mit der Ablehnung von „Fracking“ ein neues Betätigungsfeld gefunden. Auf diesem Feld war die BI offensichtlich sehr engagiert. Obwohl die intensive Anwendung des Hydraulic Fracturings im Zusammenhang mit der Erschließung von Schiefergaslagerstätten aufgrund der geologischen Voraussetzungen in SH auszuschließen ist, konnten dort im Rahmen der „Korbacher Resolution“ bezogen auf die Bundesländer die meisten der 64.392 im Inland zusammengetragenen Stimmen (immerhin 13.881) zusammengetragen werden. SH nahm damit den 1. Platz ein. Niedersachsen, wo am ehesten mit Fracmaßnahmen zu rechnen ist, ob nun in konventionellen oder unkonventionellen Lagerstätten, folgte dagegen erst weit abgeschlagen (5.173 Stimmen) auf Platz 4.
Die Saat der Angst vor „Fracking“ war also gesät, keimte auf und erreichte die Landespolitik. Bei der dort 2012 an die Macht gekommenen rot-grünen Landesregierung mit blauem SSW-Anhängsel fiel die Saat ebenfalls auf fruchtbaren Nährboden. Schließlich hat das Amt des Umweltministers ein Politiker von Bündnis 90/Die Grünen (B’90/Grüne) inne. Und diese Partei hat sich auf die Fahnen geschrieben, kompromisslos die Energiewende durchzusetzen. Nicht umsonst trägt das Ministerium den sperrigen Namen Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (MELUR).
Deshalb kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass versucht wird, jegliche vermeintliche Konkurrenz zu den „Erneuerbaren Energien“ in Miskredit zu bringen. Dafür erfand der Umweltminister von SH, der Schriftsteller Dr. Robert Habeck, sogar den Begriff des „umweltoxischen Fracking“. Übersetzt bedeutet das nichts weiter, als das es sich beim Hydraulic Fracturing um eine zwangsläufig umweltvergiftende Verfahrensweise handelt.
Diese Ansicht ist schlichtweg unhaltbar, da zwar in der Vergangenheit tatsächlich umweltgefährdende und teilweise auch giftige (toxische) Substanzen für die Rezepturen der Fracfluide verwendet wurden. Jedoch war die Konzentration so gering, dass das Fracfluid selbst weder als giftig, noch als umweltgefährdend noch als gesundheitsgefährdend eingestuft ist. Dass Hydraulic Fracturing alles andere als „umweltvergiftend“ ist, muss sogar kurioserweise das MELUR eingestehen. Denn diese Technologie, die unter anderem dazu dient, die Zuflussbedingungen in gering durchlässigen Erdöllagerstätten durch das Schaffen künstlicher Fließwege zu optimieren, wurde nach Auskunft des MELUR auch in Schleswig-Holstein mehrfach ohne Umweltschaden angewendet:
4. Gab es in der Vergangenheit Fracking-Maßnahmen in Schleswig-Holstein ?
Ja, es gab mehrere Bohrungen mit dem Einsatz der Fracking-Methode. Diese Bohrungen fanden zwischen 1955 und 1994 überwiegend im Kreis Plön statt. Es gibt keine Hinweise, dass die Maßnahmen in dem betroffenen Gebiet zu schädlichen Umweltauswirkungen geführt haben.
Umso weniger nachvollziehbar ist das Bestreben von Herrn Dr. Habeck, Hydraulic Fracturing sogar deutschlandweit zu unterbinden, also zu verbieten. Das muss man sich einmal vergegenwärtigen: Ein Ministerium stellt fest, dass „Fracking“ im eigenen Bundesland zu keinen Umweltbeeinträchtigungen geführt hat. Dennoch möchte der Minister das Verfahren bundesweit verbieten (Habeck will Fracking-Verbot über das Bergrecht). Da fehlen einem die Worte!
Die Worte fehlen einem aber auch nach wie vor bei der Agitation und Propaganda der Bürgerinitiativen. Sobald irgendwo eine Aufsuchungserlaubnis erteilt wird, fühlen sich von „Gasland“ und Medienberichten beeindruckte Mitbürger dazu berufen, eine BI zu gründen und mit ihrem aus Presse, Funk, Fernsehen und Internet zusammengetragenen „Informationen“ andere unbedarfte Mitbürger auf ihre Seite zu ziehen.
Regelmäßig werden dabei sämtliche Klischees, die in den letzten vier Jahren in der Folge von „Gasland“ über das „Fracking“ verbreitet worden sind, nachgebetet. Dazu zählen vor allem die angebliche unvermeidbare Grundwassergefährdung durch Chemikalien im Fracfluid, wobei intensive Recherchen ergeben, dass es infolge der über 2 Millionen Fracjobs nachweislich nur in einem Fall dazu gekommen ist und in einem weiteren, nicht verifizierten Fall eine den deutschen Standards nicht entsprechende Bohrlochausgestaltung ohne vollständige Verrohrung (siehe BGR Kapitel 5 „Umweltauswirkungen“) die wahrscheinliche Ursache ist.
Schenkt man Zeitungsberichten Glauben, dann schaukeln sich Emotionen soweit hoch, dass sogar Bürgermeister sich zu unhaltbaren Äußerungen hinreißen lassen („Wir wollen die hier nicht“):
Vor den etwa 80 Besuchern des Info-Abends über Fracking im „Heeder Damm“ hatte der Heeder Bürgermeister das Wort ergriffen, um vor den Gefahren der umstrittenen Gas- und Ölfördertechnik zu warnen. In den USA seien durch Fracking viele Gegenden unbewohnbar, sagte Offermann.
Fragt man hingegen jedoch, welche Gegenden das denn konkret sein sollen, wird es keine Antwort geben. Denn die angeblich unbewohnbare Kleinstadt Dimock, bekannt aus „Gasland“, kann es nicht sein. Das wurde im Dokumentarfilm „Fracknation“, produziert vom investigativen Journalisten Phelim Mc Aleer, klargestellt. Abgesehen von einigen Einwohnern, die möglicherweise die gasfördernden Unternehmen „abzocken“ wollten, fühlt sich die Mehrheit in dem Städtchen wohl.
Für die Aufschaukelungen sind andererseits wiederum die Medien verantwortlich, wie diverse Artikel der „Barmstedter Zeitung“, einer Lokalausgabe der SHZ, belegen. Teilweise wird mit Artikeln wie „Bürgerinitiative gegen Fracking“ regelrecht Werbung für die Angstschürerei durch die lokalen BI gemacht. Ganz aktuell bewirbt ein weiterer Artikel „Verstärkte Offensive gegen Fracking“ einen Kinoabend der BI, bei dem „Gasland“ gezeigt wird und rezensiert diesen längst als unwahr entlarvten Film, wobei der Eindruck entsteht, dass der dort gezeigte Unfug (die angeblich durch „Fracking“ entflammbaren Wasserhähne sind nur ein besonders perfides Beispiel) für bare Münze genommen wird.
Den Boden des Fasses schlägt allerdings ein Artikel vom 19.06.2014 mit der bezeichnenden Überschrift „Die Zeitbombe tickt“ aus. Doch diesen umfassend zu kommentieren würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen und bietet genügend Stoff für einen eigenen.
Der „Barmstedter Zeitung“ muss man fairerweise zu Gute halten, dass mit dem Artikel „Kein Fracking in der Region : Erlaubnisfelder in Elmshorn und Barmstedt im Visier“ immerhin auch der Inhaber der Aufsuchungserlaubnis „Barmstedt“, PRD Energy, zu Wort kommen darf und einige Dinge klarstellt:
Kernpunkt: Innerhalb der Felder Bramstedt – in dessen Bereich auch Barmstedt und Teile des nördlichen Kreisgebiets liegen – und Elmshorn ist kein Fracking geplant. „Wenn wir letztendlich bohren sollten, dann mittels Horizontalbohrtechnik“, sagte Freund. „Wir wollen uns erstmal auf die ehemaligen Erdölfelder, die vorhanden sind, konzentrieren.“ Derzeit befinde man sich aber noch am Beginn der Aufsuchungsphase. „Ob wir irgendwann die Förderung aufnehmen, steht derzeit noch in den Sternen“, so Freund weiter.
Umso weniger nachvollziehbar ist dem Hintergrund das verantwortungslose Schüren von Ängsten der BI, die dieses Verhalten gerne als „Information“ bezeichnen.
Insgesamt lässt sich also feststellen, dass es keine nachvollziehbare Begründung für Ablehnung des Hydraulic Fracturings gibt. Jahrzehntelang wurde und wird in Schleswig-Holstein Erdöl gefördert. In einigen Feldern, insbesondere in Ostholstein, wurden bereits in den 1950er Jahren Fracjobs durchgeführt, um die Zuflussraten des Erdöls aus der Lagerstätte zu den Bohrungen zu optimieren. Zu Umweltproblemen ist es im Rahmen dieser Arbeiten nach Auskunft des MELUR nicht gekommen. Dennoch bezeichnet das MELUR entgegen den Erfahrungen und somit wider besseren Wissens das Verfahren als „umwelttoxisch“ und lehnt dieses ab.
Außerdem ist in SH mit Schiefergasvorkommen, zu deren Erschließung Fracmaßnahmen unabdingbar sind, nicht zu rechnen. Somit sind Mutmaßungen, dass innerhalb der erteilten Aufsuchungserlaubnisse nach Erdgaslagerstätten in Tonschiefern, die über hohe Gehalte an organischer Substanz verfügen, exploriert werden soll, nicht haltbar. Und zum Abschluss:
Sehr geehrte Gegnerschaft: Wenn ihr keine Erdgas- oder Erdölgewinnung bei euch wollt, dann verzichtet doch bitte konsequenterweise komplett auf diese Rohstoffe. Dann wäret ihr glaubwürdig! Aber ich wette, das wollt ihr auch wieder nicht, da diese Rohstoffe das Leben doch einfach zu angenehm machen.
Einen lesenswerten Artikel (ebenfalls „Barmstedter Zeitung“) über Anfänge der Erdölförderung aus der Lagerstätte „Barmstedt“ gibt es hier: „Als das Öl noch aus der Erde sprudelte“
Ein ausführlicher Beitrag zu den Wiedererschließungsplänen der RWE-Dea gibt es hier: „RWE-Dea plant Wiedererschließung von Altfeldern in Schleswig-Holstein“