Nach DEA will auch ExxonMobil Lagerstättenwasserversenkung in Kalkarenit aufgeben
Konventionelle Erdgaslagerstätten werden im Regelfall von freiem Wasser, dem sogenannten Lagerstättenwasser (LaWa) unterlagert. Mit fortschreitender Förderung wird immer mehr von diesem Wasser mitgefördert bis die Bohrung vollkommen verwässert ist und aufgegeben werden muss.
In Abhängigkeit der jeweiligen Lagerstätte unterscheidet sich die Zusammensetzung des LaWa zum Teil erheblich. Selbst zwischen Bohrungen, die innerhalb der selben Lagerstätte abgeteuft worden sind, kann es zu deutlichen Differenzen hinsichtlich der chemischen Beschaffenheit kommen. Im Regelfall ist das LaWa aus den Lagerstätten des „Rotliegenden“, die Gegenstand dieses Artikels sind, durch hohe Salzgehalte charakterisiert, wodurch das Wasser ungenießbar ist.
In den Lagerstätten des „Rotliegenden“ tritt regelmäßig das als sehr giftig (T+) eingestufte Quecksilber (Hg) auf und somit auch im LaWa. Sofern das Erdgas höhere Kohlenwasserstoffe enthält, treten auch zyklische Aromate und hierbei speziell das als giftig (T) eingestufte sowie als krebserregend geltende Benzol auf. Die Konzentrationen dieser Stoffe sind so gering, dass das LaWa nach Chemikalienrecht nicht als giftig eingestuft wird, auch wenn das Gegenteil durch Bürgerinitiativen, Umweltverbände und zahlreiche Medien gebetsmühlenartig wiederholt wird.
Bislang wird in der Region das LaWa nach Schwerkraft-Abtrennung von flüssigen Kohlenwasserstoffen, zu denen auch das Benzol gehört, und Feststoffen im tieferen Untergrund versenkt. Durch die Abtrennung wird der geringe Gehalt an Hg und Benzol weiter reduziert, ein hier nicht quantifizierter Abteil bleibt im Wasser enthalten. Die Versenkung findet im in der Kreidezeit gebildeten Kalkarenit statt. Dabei handelt es sich um ein poröses, von Natur aus salzwasserführendes Gestein.
Der Versenkhorizont befindet sich im Raum Soltau-Rotenburg in ca. einem Kilometer Tiefe und ist gegenüber dem süßen Grundwassser in Oberflächennähe durch mehrere hundert Meter mächtige wasserundurchlässige Tone und Tongesteine isoliert. Dennoch befürchten gegen die Erdgasförderung opponierende Bürgerinitiativen in den Landkreisen Rotenburg/Wümme, Heidekreis und Verden eine Verseuchung des Grundwassers durch die Versenkaktivitäten. Eine plausible Erklärung für Ihre Ängste ist von den Protestlern leider nicht zu erfahren. Dennoch gehen die Unternehmen auf die Sorgen ein und handeln.
So gab in den vergangenen Wochen und Monaten ExxonMobil immer wieder Pressemitteilungen heraus, die bekannt gaben, dass lange bestehende, aber zur Erdgasgewinnung genutzte Bohrungen verfüllt werden. Dazu zählten in den Landkreisen Rotenburg/Wümme und Heidekreis die Bohrungen „Stapel Z1“, „Grauen Z2“ sowie zuletzt die über mehrere Jahr als LaWa-Versenkbohrung genutzte „Soltau Z6“. Die entsprechenden Pressemitteilungen können unter „Presseinformationen“ auf der Seite „Erdgassuche in Deutschland“ nachgelesen werden.
Es kam die Vermutung auf, dass als zur LaWa-Versenkung vorgesehene Bohrungen deshalb aufgegeben würden, weil ExxonMobil den Wünschen der Protestler entgegenkommen wolle und die in den Kalkarenit mittelfristig aufgeben werde, obwohl die Versenkung ohne umweltrelevante Probleme erfolgte. Diese Vermutung wurde durch die Pressemitteilung „ExxonMobil startet Ausstieg aus dem Kalkarenit“ bestätigt.
Demnach wolle das Unternehmen den Kreislaufgedanken noch konsequenter verfolgen und LaWa künftig nur noch in Horizonte zu verbringen, wo es ursprünglich herkam bzw. in welchen es natürlicherweise vorkommt. Deshalb wurden inzwischen die weiter oben erwähnten Bohrungen bereits im Laufe des Jahres verfüllt.
Im kommenden Jahr soll die Versenkbohrung „Gilkenheide Z1“, die auf dem Gebiet von Visselhövede liegt, verfüllt werden. ExxonMobil hat sich als Ziel gesetzt, die Versenkung von LaWa in den Kalkarenit bis 2020 komplett einzustellen. Deshalb wird bereits jetzt nach Alternativen gesucht, wie z.B. die Prüfung neuer Kapazitäten in tieferen Gesteinsformationen. Gegenstand dieser Prüfungen dürfte auch die einstige Erdgasförderbohrung „Soltau Z2“ zählen, die nach einer Ablenkung im Jahr 2010 lediglich verwässerte Bereiche des „Rotliegenden“ antraf.
Ferner sollen die noch bestehenden Bohrungen, über die LaWa in den Kalkarenit versenkt wird, besser überwacht werden. Dazu zählen die Installation einer permanenten Untertage-Drucküberwachung in der Bohrung „Sottrum Z1“ sowie die Einrichtung eines Grundwassermonitoring-Systems. Letzteres sol den Nachweis erbringen, „dass von der Versenkung keine nachteiligen Auswirkungen auf das Grundwasser ausgegangen sind und auch weiterhin nicht ausgehen.“.
Bereits seit etwas längerer Zeit plant der „Mitbewerber“ DEA, bzw. bis Anfang des Jahres RWE-DEA, das bei ihren Bohrungen in der Region anfallende LaWa zurück in die Ursprungsformation zu verbringen. Dazu soll eine einst der Erdgasförderung dienende Bohrung abgelenkt und als Versenkbohrung eingerichtet werden.
Gegen diese Vorhaben regt sich Protest, der am 9. Mai 2015 beachtliche 1.300 Menschen zu einer Protestdemonstration zusammenkommen ließ. Die seit mehreren Jahren andauernde Desinformation und das Schüren von Ängsten lokaler Bürgerinitiativen, oftmals in engem Schulterschluss mit Lokal- und Regionalmedien (ob bewusst oder unbewusst sei dahingestellt) haben ihre Wirkung hinterlassen. Es ist absolut nicht nachzuvollziehen, wie fehlgeleitet Menschen sein müssen, um dagegen zu protestieren, dass das Medium LaWa dorthin verbracht wird, wo es natürlicherweise vorkommt.
Die Gegner der Verfahrensweise wünschen sich eine Aufbereitung des LaWa möglichst bishin zur Trinkwasserqualität. Was mit den abgeschiedenen Stoffen, vor allem den jährlich anfallenden tausenden Tonnen von Salzen, geschehen soll, darüber haben sie sich offenbar keine Gedanken gemacht. Hinzu kommen dann noch die erwähnten Stoffe Hg und Benzol, die dann nicht mehr hochverdünnt vorlägen, sondern in Reinform. Für Benzol gäbe es eine Reihe von Verwendungszwecken in der Petrochemie, doch das Hg müsste wahrscheinlich aufwendig deponiert werden und zwar vermutlich in der Untertagedeponie Herfa-Neurode in einem ehemaligen Salzbergwerk in Hessen. Letzten Endes plädieren die Gegner, die sich auf den Umwelt- und Gesundheitsschutz berufen, für eine sowohl ökonomisch als auch hinsichtlich Umweltschutzbelange betreffend unsinnige Aufbereitung.
Titelfoto: Erdgasbohrung „Soltau Z2a“. Potenzielle Versenkbohrung in das „Rotliegende“? . ©chef79