Neptune Energy weitet Förderung in Mesekenhagen und Lütow aus
Seit 1962 wird auf dem Gebiet des heutigen Mecklenburg-Vorpommern kontinuierlich Erdöl gefördert. Die Lagerstätten sind selbst für deutsche Verhältnisse klein, führen aber ein qualitativ gutes Öl. Lediglich die heute noch produktive Lagerstätte Lütow auf der Ostseeinsel Usedom hat die Millionen-Tonnen-Grenze überschritten. Die ebenfalls heute noch produzierende Lagerstätte Kirchdorf-Mesekenhagen, hier steht seit langem nur noch der Feldesteil Mesekenhagen in Förderung, folgt mit deutlichem Abstand. Sowohl in Lütow, vor allem aber in Mesekenhagen soll die Förderrate trotz jahrzehntelanger Förderung deutlich erhöht werden.
Historischer Abriss des Feldes Lütow
Die Erdöllagerstätte „Lütow“ auf der Usedomer Halbinsel Gnitz ist 1965 mit der Aufschlussbohrung „Görmitz 1“ im Staßfurtkarbonat des Zechstein entdeckt worden. Fördertests ergaben eine beachtliche Leistung von 100 Tonnen Roherdöl pro Tag. Zwischen 1965 und 1970 wurden 31 Erkundungs-und Produktionsbohrungen niedergebracht, von denen immerhin 21 fündig waren. Die Förderleistung des Feldes stieg rapide an und kumulierte bereits 1970 bei 220.000 Jahrestonnen. Durch diese Überforderung der Lagerstätte sank die Förderleistung ebenso rapide ab und erreichte 1973 nicht einmal mehr die Marke von 100.000 Jahrestonnen und fiel bis 1980 auf nur noch ca. 20.000 Jahrestonnen ab (Schatzsucher – Eine Chronik des Grimmener Erdölbetriebes).
Dennoch konnte die Produktion auch nach der Vereinigung beider deutscher Staaten 1990 bis heute fortgesetzt werden. Dabei sank die Förderleistung mehr oder weniger weiter kontinuierlich ab und auch die Anzahl der produktiven Bohrungen verringerte sich weiter. 1991 waren 11 Bohrungen produktiv, die zusammen knapp 10.000 Tonnen Erdöl produzierten. 1995 waren es nur noch aktive Bohrungen bei leicht erhöhter Förderrate gegenüber 1991 (Erdölförderung 1932-1996). Im Fünfjahrestakt zeigen sich folgende Zahlen: ca. 7.900 Tonnen, 8 aktive Bohrungen (2000), ca. 5.000 Tonnen, 6 aktive Bohrungen (2005), ca. 2.500 Tonnen, 6 aktive Bohrungen (2010), ca. 2.100 Tonnen, 3 aktive Bohrungen (2015), ca. 2.100 Tonnen, 4 aktive Bohrungen (2019), (Jahresberichte“Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland“). Bis Ende 2019 konnten aus der Lagerstätte Lütow 1.355.872 Tonnen Erdöl sowie 646.362.545 Kubikmeter Erdölbegleitgas gewonnen werden. Es ist somit das mit Abstand größte Erdölvorkommen auf dem Gebiet der einstigen DDR.
Da zu DDR-Zeiten keine Eisenbahnverbung zur Insel Usedom bestand und ein Abtransport des Erdöls über die Straße aufgrund der zweitweise recht großen Mengen nicht zu vertreten war, wurde ein kleiner Erdölhafen in der Ortschaft Netzelkow eingerichtet. Von dort wurde das Erdöl über das Achterwasser, das Stettiner Haff sowie die Oder in die Erdölraffinerie nach Schwedt transportiert. Gegenwärtig erfolgt der Transport mittels Tanklastwagen nach Schwedt.
Historischer Abriss des Feldes Kirchdorf-Mesekenhagen
Die Erdöllagerstätte Kirchdorf-Mesekenhagen einige Kilometer nördlich der Universitätsstadt Greifswald gelegen, ist erst 1988 aufgeschlossen worden. Die Produktion begann im gleichen Jahr bei ca. 5.000 Tonnen pro Jahr aus einer unbekannten Anzahl von Bohrungen (Schatzsucher – Eine Chronik des Grimmener Erdölbetriebes). Die Produktion konnte zunächst deutlich gesteigert werden, wobei verlässliche Zahlen dem Verfasser erst ab 1991 vorliegen. Insgesamt wurden 7 Bohrungen abgeteuft, von denen wenigstens 3 (Kirchdorf 1, Mesekenhagen 1 und 2) fündig waren. Während der Kirchdorf 1 nur eine geringe Förderdauer beschieden war, produzieren die Bohrungen Mesekenhagen 1 und 2 bis heute.
Im ersten Nachwendejahr 1991 konnten aus der Lagerstätte knapp 9.600 Tonnen aus zwei Bohrungen gewonnen werden. Nur zwei Jahr später wurde die höchste Förderleistung aus der Lagerstätte mit ca. 12.900 Tonnen aus drei Bohrungen erzielt (Erdölförderung 1932-1996). Danach nahm die Produktion ab und ereichte 1995 nur noch 8.500 Tonnen aus drei Bohrungen. Im Fünfjahrestakt zeigen sich ab dann folgende Zahlen: ca. 3.600 Tonnen, 2 aktive Bohrungen (2000), ca. 2.350 Tonnen, 2 aktive Bohrungen (2005), ca. 1.450 Tonnen, 2 aktive Bohrungen (2010), ca. 2.630 Tonnen, 2 aktive Bohrungen (2019) (Jahresberichte „Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland“).
Insgesamt sind bis Ende 2019 ca. 122.550 Tonnen Erdöl aus der Lagerstätte Kirchdorf-Mesekenhagen gewonnen worden (Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2019).
Fördererhöhung insbesondere in Mesekenhagen vorgesehen
Am 17. November 2020 gab Neptune Energy, Betreiberin der beiden noch aktiven Lagerstätten in Vorpommern, bekannt, insbesondere die Förderung aus den Bohrungen in Mesekenhagen deutlich auszubauen. Bis Ende 2019 produzierten die beiden noch aktiven Bohrungen nicht kontinuierlich.
So konnte die Bohrung Mesekenhagen 2 in der Vergangenheit lediglich an vier Tagen für 16 Stunden genutzt werden. Ein Fördertest fiel vielversprechend aus und nach einigen Anpassungen produziert diese Bohrung seit Mitte Juni 2020 nun ununterbrochen Öl. Die Produktionsrate stieg von etwa 40 Tonnen Erdöl pro Woche in mehreren Schritten auf die dreieinhalbfache Menge von durchschnittlich knapp 140 Tonnen. Bis Mitte November 2020 konnten dadurch in diesem Jahr bereits 4.900 Tonnen in Mesekenhagen gewonnen werden, während es im Vorjahr nur ca. 2.630 Tonnen waren. Damit sieht Neptune Energy das Potenzial der Lagerstätte noch nicht ausgeschöpft.
Fachleute des Unternehmens arbeiten an der Modernisierung der Prozessanlagen.Dazu zählen ein Austausch von Behältern sowie die Teilautomatisierung und Erweiterung der Messtechnik.
Auch für die Bohrung Mesekenhagen 1 sehen die Experten noch Verbesserungsmöglichkeiten. Derzeit fördert die Bohrung nur weige Stunden pro Woche. Anpassungen an der Produktionsanlage sowie ein Fördertest an dieser Bohrung könnten noch Ende des Jahres durchgeführt werden, so Neptune Energy. Bis Ende 2019 sind aus der Lagerstätte Kirchdorf-Mesekenhagen 122.552 Tonnen Öl gewonnen worden.
Zudem hat Neptune Energy Wartungsarbeiten an der Bohrung Lütow 20 auf Usedom durchgeführt, die zuletzt nur wenige Tage im Monat förderte. Durch die Arbeiten soll eine kontinuierlichere Produktion erreicht werden. Dazu wurden Arbeiten an der untertägigen Förderausrüstung durchgeführt. Ob die Arbeiten zum gewünschten Erfolg führen, wird beobachtet. Aus dem Feld Lütow konnten im Jahr 2019 rund 2.540 Tonnen Erdöl gefördert werden, in diesem Jahr sind es bislang 2.880 Tonnen.
Förderende in Lütow ursprünglich bereits für 2005 vorgesehen
Zum Abschluss des Artikels noch eine persönliche Anmerkung des Verfassers: Während meines Studiums der Geowissenschaftenin Greifswald zwischen 1999 und 2005 stöberte ich im Statistischen Jahrbuch von Mecklenburg-Vorpommern zum Thema „Bergbau“ und dabei speziell zu Erdöl und Erdgas herum. In diesem Jahrbuch, es muss entweder das von 2000 oder 2001 gewesen sein, hieß es, dass die Erdölförderung in Lütow (und auch die in Mesekenhagen) voraussichtlich im Jahr 2005 eingestellt wird. Nunmehr 15 Jahre später sind beide Lagerstätten noch produktiv und die Förderung soll sogar noch erweitert werden. Damit war vor 20 Jahren nicht zu rechnen…
Artikelfoto: Erdölförderbohrung im Feld Lütow. Foto: S. Arndt, März 2018