Lithium aus Lagerstättenwässern – nun doch eine Chance? Teil 3

von Dipl.-Geologe Dirk Weißenborn, Einleitung: Dipl.-Geogr. Steven Arndt

Bereits im Oktober und November 2019 spielten wir gedanklich durch, ob im Zusammenhang mit der heimischen Erdgasgewinnung sich Möglichkeiten bieten, aus dem zwangsläufig mitgeförderten Lagerstättenwasser Lithium zu extrahieren. Die ermittelten Mengen ließen die Angelegenheit jedoch unwirtschaftlich erscheinen. Doch noch vor Weihnachten 2020 erschien in der Böhme-Zeitung ein interessanter Artikel über ein Geothermieprojekt der Stadtwerke Munster und Bispingen. Diese wollen die ehemalige Erdgasförderbohrung „Munster-Südwest Z3“ nachnutzen und aus dem Lagerstättenwasser Lithium gewinnen. Somit ergibt sich die Frage:

Bieten Erdgasbohrungen nun doch eine Chance für eine heimische Lithiumgewinnung?

Betriebsplatz mit der offenen Bohrung „Munster Südwest Z3“ sowie der bereits 1999 verfüllten „Munster-Nord Z2“. Quelle: NIBIS-Kartenserver des LBEG

Um es gleich vorweg zu nehmen: Wahrscheinlich ja! Jedoch nicht als Koppelprodukt des Erdgases, sondern der geothermischen Strom- und Wärmeerzeugung.

Geneigte Leserinnen und Leser, welche sich mit den Teilen 1 Lithium – eine Chance auch für die deutsche Erdöl- und Erdgasbranche? und  Lithium – eine Chance auch für die deutsche Erdöl- und Erdgasbranche? – Teil 2 vom Herbst 2019 inhaltlich beschäftigt haben, werden sich erinnern, dass die Hochrechnung akkumulierter Lösungsinhalte von Lagerstättenwässern aus den beiden Formationen Rotliegend und Zechstein zu dem recht enttäuschenden Ergebnis von ca. 24 Tonnen jährlicher Lithiumausbeute aus Lagerstättenwässern der deutschen Erdgasgewinnung führte. Und dies zudem auch nur unter der unrealistischen Annahme einer 100-prozentigen, verfahrenstechnischen Gewinnbarkit.

Um so erstaunlicher erschien dem Autor folgender Artikel aus der Böhme-Zeitung vom 23. Dezember 2020: [Link ….]. Nachfolgend ein Zitat aus dem Artikel:

„Geothermie: Nebenbei 500 Tonnen Lithium jährlich

Zu Beginn dieses Jahres wurde bekannt, dass das salzhaltige Grundwasser auch große Mengen des wertvollen Lithiums enthält (BZ vom 5.Februar 2020 ). Der 5000 Meter tiefe rote Sandstein unter Munster enthält zahlreiche Metalle, radioaktive Stoffe und Salze. Das dortige Grundwasser hat aus dem Gestein große Mengen Lithium gelöst. Durchschnittlich enthält jeder Liter des dortigen Lagerstättenwassers 353 Milligramm Lithium – deutlich mehr als beispielsweise ein australisches Lithiumförderprojekt im Oberrheingraben, wo man lediglich 161 Milligramm/Liter fördern möchte.“

Die Stadtwerke Munster-Bispingen verfolgen schon seit Jahren das Ziel geothermische Energie aus ihrem Erlaubnisfeld Munster Erdwärme zum Zwecke der Wärmebereitstellung und der Stromerzeugung zu nutzen. Dem oben genannten Artikel ist zu entnehmen, dass die nicht mehr in Betrieb befindliche Förderlokation Munster Südwest Z3 im Zentrum des Interesses steht. Dort soll langfristige, grundlastfähige Stromerzeugung auf Basis 147 °C heißen Wassers mit 2 bis 2,5 MW Leistung (el.) als auch Extraktion von Lithium aus eben diesem Wasser stattfinden.

Die oben genannte Munster Südwest Z3 könnte also bis zu 500 Tonnen Lithium p.a. zur Verfügung stellen. Das reicht zumindest schon einmal für die Akkus von ca. 40000 elektrisch angetriebenen Automobilen. Zehn solcher ehemaligen Förderlöcher mit ähnlichen Eigenschaften könnten Deutschland zur der Lithiumnation in Europa werden lassen.

Wir werden diese hochinteressante Entwicklung im Übergang von der Erdgasförderung zur Gewinnung von Lithium (und Wärme bzw. elektrischen Strom) auf diesem Blog weiter beobachten.