Neue Bohrvorhaben in Niedersachsen

Obwohl seit inzwischen 8 Jahren teilweise erfolgreich politisch versucht wird, die Erdöl- und insbesondere die Erdgasgewinnung aus heimischen Lagerstätten zu erschweren und auf gewisse Lagerstättentypen bezogen sogar zu verunmöglichen, setzen die Erdöl- und Erdgasproduzenten ihre Bohrtätigkeit fort. Allerdings erfolgen die Aktivitäten auf einem erheblich geringeren Niveau als geologisch wie technisch möglich. Dennoch haben einige angekündigte wie bereits in Vollzug befindliche Projekte in Niedersachsen, dem Erdöl-Erdgasbundesland Nr. 1 zukunftsweisenden Charakter bzw. hohes technisches Niveau.

Wiedererschließung der Erdöllagerstätte Emlichheim-Süd

MBWS-Bohranlage T-48 beim Abteufen einer neuen Bohrung im Ölfeld Emlichheim. Fot: Steven Arndt, Januar 2017

Aktuell bereitet das Unternehmen Wintershall östlich der Ortschaft Emlichheim eine abgelenkte Bohrung aus einer ehemaligen Erdgasförderbohrung vor. Diese Bohrung soll zum Ziel haben, die Wiedererschließungsmöglichkeit der zwischen 1959 und 1968 produzierenden kleinen Öllagerstätte „Emlichheim-Süd“ zu überprüfen. Seinerzeit ist die vergleichsweise geringe Menge von 11.020 Tonnen gefördert worden.

Dem Projektnamen „Emlichheim Z5 a,b“ nach zu urteilen, wird es auf zwei Ablenkungen aus dem bestehenden Bohrloch „Emlichheim Z5“ hinauslaufen. Denn die nachgestellten kleinen Buchstaben bezeichnen jeweils eine einzelne geologische Ablenkung. Das Erdöl unterscheidet sich sehr wahrscheinlich in seinen Eigenschaften gegenüber dem ca. 3 Kilometer nördlich gelegenen Erdölfeld Emlichheim, der gegenwärtig hinsichtlich der Produktion zweitstärksten Öllagerstätte in Niedersachsen, recht deutlich.

Aufgrund der erheblich größeren Teufe von ca. 1.440 m gegenüber nur 700 m bis 900 m ist davon auszugehen, dass mehr Erdölbegleitgas in der Lagerstätte vorhanden ist. Das verringert die Zähflüssigkeit des Öls, was wiederum dessen Förderung erleichtert. Aufwändige Maßnahmen zur Produktionsermöglichung wie im Feld „Emlichheim“ sind daher nicht zu erwarten, sofern dem Vorhaben Erfolg beschieden ist.

Die Bohrung(en) werden von einem bestehenden jedoch für das Vorhaben neu hergerichteten Platz aus erfolgen. Dieser ist bereits im September 2018 hergestellt worden. Die bestehende Bohrung wird in die Lagerstätte im Bentheimer Sandstein horizontal abgelenkt werden. Nach Informationen der Wintershall haben die Bohrarbeiten dieser Tage begonnen und werden voraussichtlich vier Wochen in Anspruch nehmen.

Neue Bohrung in förderstärkster Gaslagerstätte in Niedersachsen

DEA-Bohranlage T-160 im Mai 2013. Foto: Steven Arndt

Die Erdgaslagerstätte „Völkersen/Völkersen-Nord“ im Landkreis Verden ist die gegenwärtig förderstärkste in Niedersachsen und somit auch in ganz Deutschland. Im Jahr 2017 sind dort aus 16 aktiven Fördersonden insgesamt ca. 919 Mio. m³ Erdgas gewonnen worden. Die Gesamtproduktion belief sich bis dahin auf fast 23 Mrd. m³. Im nördlichen, deutlich geringer produktiven Lagerstättenteil soll nun aus der bestehenden Bohrung „Völkersen-Nord Z4“ heraus die nunmehr dritte geologische Ablenkung erfolgen. Entsprechend erhält das Projekt die Bezeichnung „Völkersen-Nord Z4c“.

Die Stammbohrung ist bereits jahresübergreifend 1998/1999 niedergebracht und anschließend als „gasfündig“ bewertet worden. Nachdem das Gaspotenzial aus Sandsteinen des „Rotliegend“ erschöpft war, ist in 2013/2014 die erste geologische Ablenkung „Völkersen-Nord Z4a“ gebohrt worden. Dieser Bohrung war leider kein Erfolg beschieden. Es sind lediglich Anzeichen von Kohlenwasserstoffen festgestellt worden.

Daraufhin entschloss sich der Betreiber der Lagerstätte, die Deutsche Erdöl AG (DEA), die Bohrung erneut zur „Völkersen-Nord Z4b“ abzulenken. Diese Arbeiten erfolgten von Ende November 2017 bis zum Juni 2018. Ein im August 2018 durchgeführter Fördertest erbrachte jedoch nicht die erwünschten Ergebnisse, so dass keine Produktionsaufnahme erfolgte, sondern stattdessen entschieden wurde, die Bohrung erneut in einen anderen Lagerstättenbereich abzulenken.

Wie die DEA am 10.01.2019 bekannt gab, wird die zerlegte unternehmenseigene Bohranlage „T-160“ von ihrem letzten Standort, der Ablenkbohrung „Völkersen-Nord Z7a“ zum Platz der „Völkersen-Nord Z4“ für die erneute Ablenkung transportiert. DEA plant, die Stammbohrung in einer Tiefe von knapp 3.300 Meter aus dem bestehenden Bohrloch heraus um rund 1.000 Meter in Richtung Südosten abzulenken. Die zu bohrende Strecke beträgt rund 2.000 Meter. Der Betriebsplatz der Bohrung befindet sich auf dem Gebiet des Flecken Langwedel östlich der Kreisstraße K 9 im freien Gelände – etwa auf dem halben Weg zwischen Grasdorf und der Autobahn A27.

Inwiefern die „Völkersen Nord Z7a“ erfolgreich, also wirtschaftlich gasfündig ist, ist derzeit offenbar noch nicht klar. Die Stammbohrung, welche erst 2015 abgeteuft wurde, erbrachte jedenfalls nicht den erhofften Erfolg.

Neue Bohrung in einer der größten Erdgaslagerstätten von Niedersachsen

Coiled-Tubing-Anlage der Firma Schlumberger beim Bohren der Multilateralbohrung Goldenstedt Z12aM1 im Gasfeld Goldenstedt-Visbek. Foto: Steven Arndt, April 2018.

Bereits im abgelaufenen Jahr 2018 ist aus der bestehenden Bohrung „Visbek Z16a“ eine weitere Ablenkung vorgenommen worden. Diese hat bereits Anfang Dezember 2018 ihre Zielteufe erreicht, wie das verantwortliche Unternehmen, die ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG) am 03.12.2018 meldete. Laut Kartenserver des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) ist die Bohrung zwischenzeitlich als „gasfündig“ gemeldet worden. Dami steht das vorhaben jedoch noch nicht vor seinem Abschluss.

Denn bis Ende des Jahres sind zunächst die letzten Abschnitte des Bohrlochs als Präventionsmaßnahme gegen Einsturz sowie Zutritt von unerwünschten Flüssigkeiten und Gasen verrohrt sowie der Förderstrang eingebaut. Gegenwärtig, also im Januar 2019, wird im Lagerstättenbereich weitergebohrt, um das angetroffene Gaspotenzial optimal abfördern zu können.

Dazu wird anders als bei der Ablenkung keine klassische Bohranlage eingesetzt, sondern eine Coiled Tubing-Unit. Dabei handelt es sich um eine Anlage mit einem aufgewickelten Stahlrohr (englisch coiled tubing), die mit einem Bohrmeißel ausgestattet ist. Dieser hat in etwa nur die Größe von einem Tennisball, so die EMPG. Mit diesem steuerbaren Meißel soll noch weitere 60 m in das Speichergestein, dem sogenannten Staßfurtkarbonat des zweiten Zechsteinzyklus, gebohrt werden. Die vorangegangene „Hauptablenkung“ erfolgte aus 2.800 m Teufe in östliche Richtung über 500 m bis in die in 3.800 m Teufe befindliche Lagerstätte.

Weitere Bohrvorhaben stehen in Niedersachsen an

MND-Bohranlage beim Abteufen der Bohrung „Burgmoor Z3a“. Foto: Markus Stahmann, März 2015

Für das Jahr 2019 sind weitere Bohrvorhaben in Niedersachsen zur Erkundung neuer bzw. Erschließung bekannter Erdgasressourcen geplant. So soll unter Regie von Vermilion Energy die Teilfeldsuchbohrung „Burgmoor Z5“ abgeteuft werden. Diese hat zum Ziel zu prüfen, ob sich die an das Staßfurtkarbonat geknüpfte Lagerstätte „Burgmoor/Uchte“ weiter nördlich als bislang bekannt fortsetzt.

In Ostfriesland plant die EMPG, die Teilfeldsuchbohrung „Greetsiel-Süd Z1“ abzuteufen. Diese soll feststellen, ob sich die mit den Bohrungen „Greetsiel Z1“ aus dem Jahr 1972 sowie der Teilfeldsuchbohrung „Greetsiel-West Z1“ aus dem Jahr 2010 erschlossene Erdgaslagerstätte in südliche Richtung fortsetzt.

Offizielle Angaben zum Beginn der Bohrarbeiten der beiden Projekte liegen uns gegenwärtig noch nicht vor. Wir werden aber, sofern uns genauere Informationen vorliegen, darüber berichten.

 

Artikelfoto: MND-Bohranlage beim Abteufen der Bohrung „Burgmoor Z3a“. Foto: Markus Stahmann