Reinard Grindel (CDU) fordert „Fracking“-Gesetz

Vor fast dreieinhalb Jahren erreichten Deutschland spektakuläre Bilder des Filmes „Gasland“ und schreckten Teile der Bevölkerung auf. Aber auch zahlreiche Medien bedienten sich der dramatischen Bilder, wie z.B. der entzündbaren Wasserhähne, die mit dem „Fracking“, dass als Ursache dargestellt wurde, nicht zu tun hatten, wie der „Gasland“-Autor Josh Fox längst eingestanden hat.
1. Vorbemerkungen
Da auch in Deutschland seit Jahrzehnten Erdgas, vor allem in Niedersachsen, gefördert wird, fühlte sich der NDR, der seit einigen Jahren den Eindruck hinterlässt, Sprachrohr von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen zu sein, auf den Plan gerufen. Schließlich wurde damals (Ende 2010) in Niedersachsen bereits seit zwei Jahren nach neuen Erdgaslagerstätten in zuvor nicht genutzten Formationen (Tonschiefer mit hohem Anteil an organischer Substanz, allgemein als Schiefergaslagerstätten bekannt) und Kohleflözgaslagerstätten gesucht.
Also sprach man im Rahmen einer vom NDR produzierten und in der ARD ausgestrahlten Sendung des Formates „Panorama“ das Unternehmen ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG) auf die „Gasland“-Bilder an. Darauf entgegnete der damalige Unternehmenssprecher Norbert Stahlhut, dass sein Unternehmen bzw. dessen Vorgängergesellschaften seit 50 Jahren „sicher und störungsfrei“ Erdgas in Deutschland fördere.
Auf diesen Bericht hin meldete sich ein Bewohner aus dem Bereich der Erdgaslagerstätte „Söhlingen“ und berichtete von Erdarbeiten an einer Leitung. Daraufhin machte sich ein Team des NDR auf den Weg in die Region, um einen Beitrag für die „Verbraucherschutzsendung“ „Markt“ (der Bezeichnung „Wirtschaftsmagazin“ wird diese Sendung schon lange nicht mehr gerecht) zu erstellen. Wurde etwa ein Vorfall vermutet, den man medial zum „Skandal“ aufbauschen konnte, zumal auch noch ein multinational tätiger „US-Konzern“ der mutmaßliche Verursacher war? Tatsächlich war dem so: Schließlich wurde ein etwa 250 m langer und wenige Meter breiter Streifen Boden bis in ca. 2 Meter Tiefe saniert. Insgesamt soll es sich um 2.500 m³ (zur Verdeutlichung folgende Bemaßung als Bsp.: 250 m x 5 m x 2 m) Volumen gehandelt haben. Nicht wirklich viel, aber für den NDR genug von einem „Umweltskandal“ zu sprechen.
Doch was war geschehen? Bei Ertüchtigungsarbeiten an einer Leitung zum Transport von Lagerstättenwasser (LaWa) traten Quecksilber und Benzol aus. Dieser Schaden war seit 2007 bekannt und wurde dann 2010 umfangreich saniert, so wie es gang und gäbe sein sollte, wenn Schadstoffe in Boden und Grundwasser ausgetreten sind. Diskutieren ließe sich maximal über den Zeitraum zwischen Feststellung des Schadens und dem Beginn der Sanierung.
Doch wie bereits angedeutet, bauschte der NDR das zu einem „Skandal“ auf. Der EMPG-Sprecher wurde in Bezug auf seine Antwort auf die Gasland-Bilder, die ja auf das Hydraulic „Fracking“ Fracturing zurückgeführt wurden, der „dreisten Lüge vor der Kamera“ bezichtigt. Nur steht der Transport von LaWa in keinem Zusammenhang mit dem „Fracking“ und auch nur indirekt mit dem Prozess der Erdgasförderung. Vielmehr handelt es sich um einen nachgelagerten Prozess. Darüber hinaus wurde vom NDR behauptet, der Vorfall wäre vertuscht worden. Stattdessen befand sich das Sanierungsfeld unmittelbar an einer Straße und wurde durch ein im NDR-Bericht (bewusst?) unscharf aufgenommenes Baustellenschild gekennzeichnet. Aber laut NDR sollen die dort ausgewiesenen Mobilfunknummern nicht korrekt gewesen sein, was ein dargestellter Anruf (ohne den Angerufenen zu hören oder gar zu verstehen!) beweisen sollte.
Der Skandal war geboren und die einheimische Erdgasförderung in ein schlechtes Licht gerückt. Erschwerend kamen weitere Schadensfälle an für den Transport von LaWa sowie Erdölbegleitgas mit höheren Benzolkonzentrationen ungeeigneten PE 80 bzw. PE 100-Rohren hinzu. Das flächenmäßig größte Vorkommnis wurde am LaWa-Leitungssystem im Bereich der Lagerstätte „Völkersen“, betrieben von der RWE-Dea, festgestellt. Festgestellt wurde aber auch, dass all diese Vorkommnisse keine negativen Auswirkungen auf Menschen, Tiere, Pflanzen hatten. Diese Feststellungen wurden der breiten Öffentlichkeit im Gegensatz zu den Vorkommnissen verschwiegen. Stattdessen wurde jeder noch so kleine Zwischenfall, der sich im wesentlichen auf Betriebsplätze beschränkte, thematisiert oder, salopp, ausgedrückt an die große Glocke gehängt, während Entwarnungen völlig ignoriert wurden.
Diese Unverhältnismäßigkeit in der Berichterstattung, eventuell ein Ergebnis einer engen Zusammenarbeit und tlw. auch Verpflechtung von Bürgerinitiativen (BI) und lokalen sowie regionalen Medien (es kommen erstaunlicherweise immer die selben ca. fünf Personen zu Wort), hatte natürlich auch ihre Wirkung auf die Politik. Nicht umsonst werden Presse sowie Funk und Fernsehen als 4. Macht im Staat bezeichnet.
Letzten Endes führte die von BI mit Hilfe verschiedener Medien geschürte Angstdebatte dazu, dass nicht nur Hydraulic Fracturing als bewährte Stimulationsmaßnahme, bis heute sachlich unbegründet, in Verruf geriet, sondern auch der Umgang und hierbei vor allem die nachweislich unfallfreie Versenkung von LaWa. Vorfälle beim Transport des LaWa hat es gegeben, die aber folgenlos für Umwelt und Mensch geblieben sind. Umso mehr sind die Reaktionen von lokalen Politikern zu hinterfragen.
Dirk Weißenborn tat dieses vor wenigen Wochen in Bezug auf das Bundestagsmitglied Herrn Andreas Mattfeldt (CDU). Ich befasse mich hier mit jüngsten Äußerungen des Bundestagsmitglieds Reiner Grindel aus dem benachbarten Landkreis Rotenburg/Wümme.
2. Grindel spricht sich für umfassendes Gesetz zum „Fracking“ aus
Das ist in einem Artikel der Rotenburger Rundschau (RR) zu lesen. Nur stellt sich die Frage, warum für ein Verfahren, dass sich seit 1947 weltweit millionenfach bewährt hat, ein eigenes Gesetz geschaffen werden soll. Leider ist ein entsprechender Beitrag („Hydraulic Fracturing – History of an enduring Technology“, Dezember 2010), nicht mehr frei abrufbar, der die regelmäßige Anwendung bestätigt. Aber immerhin haben über 400 Fracjobs allein in Deutschland bewiesen, dass das Verfahren regelmäßig sicher durchgeführt wurde. Das kann zumindest anhand von Aussagen des Berufsverbandes Deutscher Geowissenschaftler belegt werden:
Die Hauptargumente der Fracking-Kritiker, die Verunreinigung des Trinkwassers und die Auffassung, Fracking könne Erdbeben auslösen, haben nach Auffassung des BDG wenig Bestand: Seit diese Technik in Deutschland eingesetzt wird, ist kein einziger Fall einer Grundwasserverunreinigung durch Fracking aufgetreten und die Auswirkungen des Frackings können zwar seismisch gemessen werden, sind aber in der Regel weit unter der Spürbarkeitsgrenze. In Deutschland ist es bei keiner der bisher durchgeführten Frackingmaßnahmen zu einem spürbaren Beben gekommen.
Leider werden solche, durch jahrelange Praxiserfahrung gewonnenen Erkenntnisse ignoriert, da sich auf im Regelfall mit dürftigen Quellen untermauerte Äußerungen von Bürgerinitiativlern verlassen wird. Offenbar wird den BI abgenommen, das lässt auch aus diversen Zitaten von Politikern schließen, dass diese sich mit dem Thema intensiv und umfassend auseinandergesetzt haben. Im Regelfall ist stattdessen das Gegenteil der Fall.
Doch nun zu den Forderungen Grindels selbst, die er in einem Treffen mit Bundeswirtschaftsminister Siegmar Gabriel (SPD) geäußert haben soll. So schreibt die RR:
Der Bundestagsabgeordnete Reinhard Grindel (CDU) hat sich bei einem Treffen mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) dafür ausgesprochen, zügig ein umfassendes Gesetz zum Thema Fracking zu erarbeiten.
Für die Durchführung von Fracmaßnahmen gibt es bereits ein umfassendes Gesetz. Dieses nennt sich Bundesberggesetz (BBergG). Dieses regelt in Verbindung bzw. unter Berücksichtigung anderer Gesetze und Verordnungen die Durchführung von Bergbauvorhaben. Exemplarisch genannt seien hierfür das Bundesnaturschutzgesetz (BNatG) als Rahmengesetz sowie die entsprechenden Landesgesetze als Ausfüllung des Rahmens oder vergleichbar das Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Im Gegensatz zu den Behauptungen der BI bricht das BBergG keine anderen Vorschriften. Schließlich brechen weder das BNatG oder das WHG als gleichwertige Rechtsgebiete das BBergG.
Gemäß Grindels Forderung müsste für jede Art einer Stimulationsmethode zur Verbesserung oder Ermöglichung sowie Ertüchtigung der Förderung unterirdisch vorhandener Rohstoffe ein eigenes Gesetz geschaffen werden. Aus dem recht kurzen Artikel der RR geht zudem keinerlei Begründung für die Forderung Grindels hervor. Vor dem Hintergrund, dass Grindel laut eines Artikels aus dem umfangreichen Online-Archiv der RR bereits seit 2006 weiß, das in seinem Wahlbezirk Fracmaßnahmen durchgeführt, aufgrund ihres innovativen Charakters sogar ausgezeichnet wurden, erscheint die Forderung nach einem neuen Gesetz umso fragwürdiger.
Ähnlich ist auch eine weitere in der RR genannte Forderung zu sehen, die den Umgang mit dem LaWa betrifft. Grindel wird folgendermaßen zitiert:
Wir müssen erreichen, dass es zu einer Aufbereitung dieses Lagerstättenwassers kommt, die alle Gefahren für Mensch und Natur ausschließt.
Es ist nicht erschließbar, was Grindel mit dieser Forderung genau verlangt. Angenommen, er bezweckt damit die Aufbereitung des extrem salzhaltigen und Spuren von Quecksilber sowie polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe führenden Wassers auf eine Qualität, die es ermöglicht, dass Wasser ohne Bedenken in Vorfluter (Gräben, Bäche) einzuleiten, muss sich Grindel die Frage gefallen lassen, was mit dem abgeschiedenen Salz sowie den dann unverdünnt vorliegenden anderen genannten Substanzen geschehen soll.
Schließlich liegen die nach Aufbereitung abgeschiedenen Substanzen dann in Reinform vor und müssen irgendwo deponiert werden. Grindel hat das offenbar bei der Formulierung seiner Forderung nicht bedacht. Dabei sollte allgemein bekannt sein, dass Stoffe nur dann gefährlich sind, wenn sie stark konzentriert vorliegen. Dementsprechend stellen die gemäß der Forderung Grindels nach Aufbereitung abgeschiedenen Stoffe ein bedeutend höheres Gefährdungspotenzial dar als stark verdünnt im LaWa .
Die entscheidende Frage, die Grindel gestellt werden sollte, ist aber die, worin er das Problem sieht, das salzhaltige LaWa in Gesteinsformationen zu versenken, in denen bereits Salzwasser vorhanden ist. Schließlich ist aus den Versenkhorizonten seit vielen Millionen Jahren allein aufgrund physikalischer Gesetzmäßigkeiten kein Salzwasser aufgestiegen. Solequellen sind in der Region unbekannt, die für eine Kommunikation zwischen tieferen Salzwasserleitern und süßwasserführenden Grundwasserleitern sprechen würden. Bei diesem Thema schließt sich Grindel einzig und allein den wissenschaftlich nicht belastbaren Befürchtungen von BI an.
Darüberhinaus ignoriert Grindel neue Konzepte der Förderunternehmen RWE-Dea sowie EMPG. Aufgrund des Drucks einiger BI, die die bisherige Versenkpraxis in Horizonte, die weniger tief lagen als die Gewinnungshorizonte, unbegründet ablehnen, hat sich RWE-Dea dazu entschlossen, das LaWa dorthin zu verbringen, wo es herkommt (Meldung vom 29.11.2013). Nämlich in ausgeförderte Bereiche von Erdgaslagerstätten. Aber auch die EMPG will neue Versenkbohrungen nur noch in kohlenwasserstofführende Horizonte niederbringen. Aus rein logischen Gesichtspunkten müsste diesen Konzepten, ein Naturprodukt wie LaWa an die Quelle seiner Herkunft bzw. in Wässer mit ähnlichen chemischen Parametern zurück- bzw. zuzuführen, zugestimmt werden.
Es wäre interessant zu wissen, ob Grindel auch für Biogasanlagen, um beim Thema Gaserzeugung/Gasgewinnung zu bleiben, einen Betrieb fordert, der alle Gefahren für Mensch und Umwelt ausschließt, sprich die gleichen Maßstäbe ansetzt. Schließlich hat eine Havarie an einer solchen Anlage vor ungefähr zwei Jahren ein massives Fischsterben in seinem Wahlkreis gefordert. Das ist im Rahmen der Förderung und Aufbereitung von Erdgas sowie dem damit verbundenen Transport und der Beseitigung von Abfallprodukten trotz alller medienwirksam teils zum Skandal aufgebauschten Vorfälle nicht ansatzweise geschehen. Im Gegenteil: Schadensfälle wurden saniert und Mensch und Natur wurden nicht in Mitleidenschaft gezogen.
3. Zusammenfassung
Nun wurde hier fast ausschließlich trotz der Überschrift „Reinard Grindel (CDU) fordert „Fracking“-Gesetz“ vom Umgang mit LaWa gesprochen. Das ist aber nicht abwegig, denn schließlich drehen sich fast alle Berichte in Lokal- und Regionalmedien um tatsächliche, längst erkannte und somit beseitigte Probleme mit dem Transport von LaWa . Oder aber es wird über das Thema der bislang seit Jahrzehnten ohne Probleme durchgeführten Versenkung von LaWa, das natürlicherweise bei der Erdgasgewinnung anfällt, diskutiert und seitens der Anti-Gasförderungs-BI anhand von nicht belastbaren Vermutungen und Behauptungen dramatisiert.
Dabei wird von Grindel, der sich genauso wie andere Politikerkollegen einzig und allein auf Informationen von BI verlässt, nicht wahrgenommen, dass sowohl die Versenkung von LaWa als auch die Anwendung des Hydraulic Fracturing seit Jahrzehnten sicher in Deutschland vollzogen wird. Dementsprechend existiert keine Basis für eine umfangreiche neue Gesetzgebung und erst recht kein Bedarf für ein eigenes „Fracking“-Gesetz.
Wichtig ist, dass nach besten Standards in Bezug auf den Umweltschutz sowie auf den Schutz der Gesundheit der Menschen Erdgas gefördert wird. Das ist in Deutschland der Fall, auch wenn das von BI ohne Beleg ihrer Anschuldigungen bestritten wird. Sicherlich sind Schadstoffe freigesetzt worden, jedoch in einem Ausmaß, durch das für Mensch und Umwelt kein dauerhaftes Gefährdungspotenzial entstanden ist. Zudem sind aufgrund der Kritik verbesserte Methoden eingeführt worden, wie z.B. das Verbrennen von Erdgas bei der Testförderung in sogenannten Enclosed Burnern oder das geplante Versenken von LaWa in die Ursprungshorizonte, obwohl die Erfahrungen gezeigt haben, dass das eigentlich nicht notwendig ist, da sich die bisherige Praxis bewährt hat.
Artikelbild: Manfred Finger