Zu den Erdbeben bei Verden am 20.11.2019

Gasförderung Ursach für Beben bei Verden

Am frühen sowie nochmals am späten Abend des 20.11.2019 hat es zwei spürbare Erdbeben bei Verden nahe Bremen gegeben. Seismische Ereignisse dieser Art sind in der Region nicht ungewöhnlich, wenngleich sie für unmittelbar Betroffene unangenehm sind. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn wie in der Vergangenheit geschehen, leichte Schäden an Gebäuden dadurch verursacht werden. Da die Beben im Bereich der Erdgaslagerstätte Völkersen/Völkersen-Nord auftreten, besteht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Zusammenhang zwischen der Gasförderung und den seismischen Aktivitäten. Es folgt eine Übersicht zum bisherigen Kenntnisstand sowie Kritik an der politischen Ausschlachtung des Vorfalls.

Ungewöhnlich: Zwei spürbare Beben in kurzer Abfolge

Das erste der beiden gestrigen spürbaren Erdbeben bei Verden ereignete sich nach diversen Zeugenaussagen bei erdbebennews.de gegen 18:30 Uhr. Nach Angaben auf der Seite hatte es eine (vorläufige) Magnitude (Richter) von 3,2 , eine Herdtiefe von 5 Kilometern sowie eine geschätzte Intensität von III-IV. Der Schütterradius wird auf 10 km geschätzt. Aufgrund der Intensität sind Schäden unwahrscheinlich.

Diese Angaben decken sich im Wesentlichen mit zahlreichen Zeugenaussagen, die Intensitäten von II-V angeben. Etwas aus der Reihe tanzt eine Meldung aus dem Ort Schülingen, in der Intensität VI angegeben wird. Zudem ist die Rede von Schäden: Am 20.11.2019 um 18:28 erschütterte uns (Schülingen) ein starkes Erdbeben. Es war sehr stark zu spüren und auch zu hören. Ein lauter Knall war laut zu hören. Bisher können die Schäden noch nicht ermittelt werden. (Intensität VI) Quelle: erdbebennews.de

Ziemlich exakt vier Stunden später ereignete sich ein zweites, mit einer Magnitude von 3,1, ähnlich starkes Beben. Das ist insofern ungewöhnlich, als das bisherigen seismischen Ereignissen in der Region kein weiteres, spürbares Nachbeben folgte. Laut Auswertungen, nachzulesen auf der Facebookseite von Erdbebennews, durch stellenweise deutlich höhere Schwinggeschwindigkeiten war es stärker zu verspüren als das erste, das nun mit einer Magnitude von 3,0 angegeben wird. Zwischen den beiden spürbaren gab es noch ein weiteres Beben mit einer Magnitude von 1,5.

Während bei Erbebennews zum ersten Beben zwei Schadensmeldungen eingingen, waren es beim zweiten fünf. Gemeldet wurden teils große Risse in Putz, Fliesen und Türrahmen sowie oberflächliche Schäden an Dächern. Strukturelle Schäden sind nicht bekannt.

Wintershall Dea als Betreiber des Gasfelds Völkersen nimmt Stellung

Wie einleitend erwähnt, sind die aktuellen sowie auch vorangegangenen Erdbeben bei Verden auf die regionale Erdgasgewinnung aus der Lagerstätte Völkersen/Völkersen-Nord zurückzuführen. Daher wendet sich auch der Betreiber der Lagerstätte, die Wintershall Dea GmbH (Wintershall Dea), in einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit.

Sie bedauert zunächst die Unannehmlichkeiten, die der betroffenen Bevölkerung durch die seismischen Ereignisse entstanden sind. Weiterhin wird auf erste Auswertungsergebnisse bezüglich der vornehmlich in öffentlichen Gebäuden der Region bereits seit Jahren installierten und von einem unabhängigen Dienstleister betriebenen speziellen Messgeräte verwiesen. Diese Geräte ermittelten Schwinggeschwindigkeiten zwischen 1,9 (erstes Beben) und 5,1 Millimeter je Sekunde (zweites Beben).

Da bei solchen Schwinggeschwindigkeiten können Schäden an Gebäuden, wie z.B. Putzrisse, auftreten. Deshalb sollen sich Anwohner, die entsprechende Schäden an ihren Gebäuden feststellen, sich an die Wintershall Dea / Förderbetrieb Gas Nord in Langwedel wenden.

Politischer Furor nach Erdbeben bei Verden

Wie kaum anders zu erwarten, versuchen gewisse politische Akteure Kapital aus den erneuten Erdbeben bei Verden zu schlagen. Allen voran das Mitglied des Bundestages (MdB) Andreas Mattfeldt (CDU): Dieser bezeichnet die Bitte um Entschuldigung der Wintershall Dea als „blanken Hohn“, so die Verdener Kreiszeitung. Angeblich kämpfe er seit 14 Jahren für einen Stopp der Erdgasförderung in verdichteten Siedlungsräumen, heißt es weiter. Ist dem wirklich so?

Denn tatsächlich gibt es Protest gegen die einheimische Erdgasförderung erst mit Aufkommen der „Fracking“-Debatte ab 2011, was auch in Langwedel-Völkersen der Fall war. Und Gemeinden mit Bevölkerungsdichten von 130 bis 190 Einwohnern je Quadratkilometer inklusive der dichter besiedelten Hauptorte Ottersberg und Langwedel als „verdichtet“ zu bezeichnen, zeugt nicht gerade von fundierten demographischen Kenntnissen. Zur Einordnung: Deutschland hat eine Bevölkerungsdichte von 232 Einwohnern je Quadratkilometern, Ballungsgebiete (verdichtete Siedlungsräume) wie das Rhein-Main-Gebiet oder das Ruhrgebiet weisen Bevölkerungsdichten von 388 EW/km² bzw. 1.150 EW/km² auf. Bei den Mattfeldt’schen „verdichteten Siedlungsgebieten“ handelt es sich tatsächlich um unterdurchschnittlich dicht besiedelte.

Weiterhin zitiert Mattfeldt den niedersächsischen Wirtschaftsminister und Parteifreund dahingehend, dass ein Förderstopp aus den großen Erdgasvorkommen bei Verden aus wirtschaftlichen Verpflichtungen nicht möglich wäre. Daraus schließt Mattfeldt, dass die Landesregierung „einzig und allein hinter der Industrie und nicht hinter den Menschen“ stehe.  Eine solche faktenfreiePhrase hätte man eher von den Grünen oder der Linken erwartet.

Und ist das nicht schon peinlich genug, scheint Mattfeldt nicht zu wissen, dass Erdgaslagerstätten dem Staat gehören. Dieser überlässt privatwirtschaftlichen Unternehmen die risikoreiche Aufsuchung und Erschließung von Lagerstätten, profitiert im Erfolgsfall risikolos von der Förderabgabe. Diese betrug für Erdgas in Niedersachsen über 160 Mio. € in 2018. Da Völkersen ca. 1/6 zur Fördermenge beitrug, schöpfte Niedersachsen knapp 27 Mio. € von dort ab. Mit diesem Geld ließe sich so einiges für DIE Menschen stemmen, wenn man es denn vernünftig verwendet.

Ferner verweist Mattfeldt auf den Stopp der Erdgasförderung aus der Lagerstätte Groningen in den Niederlanden aufgrund von Schadensbeben (im Gegensatz zur Region Verden gab es dort zahlreiche strukturelle Gebäudeschäden). Dieser wurde vor einigen Monaten von 2030 auf Mitte 2022 vorgezogen. In zweieinhalb Jahren ist dort also Schluss. Das bedeutet, dass ab dem Zeitpunkt ca. 10 Millionen Menschen sowie Gewerbe und Industrie in Nordwestdeutschland nicht mehr mit niederländischem Erdgas versorgt werden können. Und dann soll auch noch die bereits stark rückläufige Förderung in Deutschland eingestellt werden? Man fragt sich, ob manche Politiker nur von 12 bis Mittag denken.

Mattfeldt spricht weiter von erheblichen Schäden und weist zudem auf negative Folgen für die heimische Getränke- und Lebensmittelindustrie hin. Konkret wurde er dabei nicht, so die Verdener Kreiszeitung. Seine Aussage über angeblich erhebliche Schäden weicht deutlich von den bisherigen Schadensmeldungen ab, die insgesamt von leichten Schäden sprechen. Und welche negativen Folgen die Beben bei Verden für die heimische Getränke- und Lebensmittelindustrie haben sollen, hätten neben der Verdener Kreiszeitung und uns sicherlich auch noch zahlreiche Mitmenschen erfahren wollen. Insgesamt wirken die Behauptungen Mattfeldts aus den Fingern gesogen und lassen das Verhalten eines bockigen Kindes erkennen, dass seinen Willen nicht bekommt und deshalb irgendwelche Märchen erfindet, um seinen Willen durchzusetzen.

Ins selbe Horn trötet die neue Vorsitzende der Fraktion „Die Linke“ im Bundestag, Amira Mohamed Ali. Die Energiekonzerne dürften keine hohen Gewinne einfahren und gleichzeitig die Gesundheit und das Eigentum der Bürger gefährden. Sie fordert ein Ende der Erdgasförderung in der Erdbebenregion sowie eine Entschädigung der Anwohner. Frau Mohamed Ali ist offensichtlich nicht bekannt, dass betroffene Anwohner bereits entschädigt werden. Und das die Erdgasgewinnung in Deutschland die Gesundheit der Bevölkerung gefährde, ist eine gern getätigte Behauptung, die jedoch trotz mehrerer Untersuchungen nicht nachgewiesen werden konnte.

 

Artikelfoto: Bohranlage T-160 auf Bohrung „Völkersen-Nord Z4c“. Foto: Steven Arndt, März 2019

2 Kommentare zu Zu den Erdbeben bei Verden am 20.11.2019

  • Eduard sagt:

    irgendwie hat SAR den Gong nicht gehört. 2019 ist das Ende für die Gasindustrie – erst der größte Unfall mit Millionen von Kubikmetern giftigem Abfall im Untergrund – über 4 Jahre !! – dann Gutachten gedopt und nur Opium fürs Volk und nun noch das bisher stärkste Beben in der Geschichte – alles allein von der Gasindustrie verursacht und nicht vom NDR.
    SAR – der Hahn ist zu und heize mit Kohle aus Senftenberg – Leider ist ja Herr Schnitzler schon verstorben – aber die Phrasen sind identisch.
    Im übrigen waren es drei Beben und nicht nur zwei – bitte zählen üben

    1. SAR sagt:

      Sie machen Ihrem Namensvorbild Karl-Eduard von Schnitzler, genannt „Sudelede“, alle Ehre hinsichtlich Falschbehauptungen.

      Beim besagten Unfall in Emlichheim sind nicht Millionen Kubikmeter Lagerstättenwasser dorthin ausgelaufen, wo es nicht hingehört, sondern bis zu 220.000 m³. Selbst der NDR, der für nicht gerade für exakte Berichterstattung bekannt ist, sptrach nicht von Millionen Kubikmetern, sondern von bis zu 220 Millionen Litern. Die Einheit ist eine andere, die Menge ist identisch. Denn 1 Kubikmeter entspricht 1.000 Litern, demnsch sind 220.000 m³ 220 Mio. l.

      Und auch wenn es immer wieder behauptet wird, ist Lagerstättenwasser nicht giftig.

      Das stärkste Erdbeben in der Geschichte? Das trifft auf die Gaslagerstätte Völkersen/Völkersen-Nord zu, jedoch nicht auf induzierte Beben durch Gasförderung in Deutschland und schon gar nicht in Bezug auf Beben in Deutschland generell. Da gab es weitaus heftigere natürliche in Deutschland.

      Ja, es waren drei Beben. Nichts anderes steht im Artikel. Zwei spürbare und dazwischen ein nicht spürbares. Vielleicht mal die Hornbrille geraderücken. Nun, mit der Wahrheit hatte es Eduard v. Schnitzler ja nicht so und ähnliches gilt für den überwiegenden Teil der Anti-Gasbohr-Aktivisten.

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