Erdgasregion Rotenburg: Keine Schadstoffauffälligkeiten in Pilzen

Seit Jahren wird die inländische Erdgasindustrie von Bürgerinitiativen bezichtigt, die Umwelt systematisch zu verschmutzen und die Gesundheit der Bürger zu gefährden. Unterstützung finden die Initiativen dabei oftmals in den Redaktionsstuben der lokalen Presse bis hin zu öffentlich-rechtlichen Sendern. Im besonderen Fokus steht hierbei die Erdgasregion Rotenburg, da dort in der Samtgemeinde Bothel sowie untergeordnet in der Stadt Rotenburg überdurchschnittlich viele Männer am Non-Hodgkin-Lymphom sowie am Multiplen Myelom erkrankt sind. Für die Bürgerinitiativen und mit ihnen verbändelte Politiker der Grünen steht trotz nicht vorhandener Grundlage die Erdgasförderung als Verursacher fest, während viele Medien zumindest einen Zusammenhang suggerieren. In der Folge sah sich die Politik veranlasst, diverse Untersuchungen zur Umweltbelastung sowie zur Gesundheitsgefährdung zu beauftragen. Nun liegt das Ergebnis einer Untersuchung von Wildpilzen auf Schadstoffbelastung vor. Erneut mit entlastendem Ergebnis.

Hintergrund der Schadstoffuntersuchungen in der Erdgasregion Rotenburg

Erdgasbohrung Söhlingen-Ost Z3. Foto: Steven Arndt, März 2012

Für die großangelegten Schadstoffuntersuchungen an Förderplätzen bzw. Förderfeldern mit speziellem Fokus gibt es zwei Hintergründe oder Auslöser. Der erste sind vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) vorgenommene Untersuchungen im Mai 2014. Diese ergaben eine Konzentration von 4,2 und 6,7 Milligramm Quecksilber je Kilogramm Bodentrockenmasse. Schnell machte die vom NABU selbst gelieferte Schlagzeile von „40 bis 70-fach erhöhten“ Quecksilberbefunden die Runde. Tatsächlich diente als Basis geringste Schwellenwert der Bundesbodenschutzverordnung für Quecksilber, nämlich der Vorsorgewert für Sandböden. Dieser liegt bei 0,1 mg/kg Trockensubstanz Boden, hat jedoch keine Aussagekraft darüber, ob eine Bodenschädigung oder gar eine Gesundheitsgefährdung vorliegt. Darüber treffen Maßnahme- sowie Prüfwerte Aussagen. Der geringste Prüfwert für den Kontaminationspfad beträgt 10 mg/kg und gilt für Kinderspielplätze. Aber mit der Schlagzeile „Quecksilberfunde liegen deutlich unter erlaubtem Wert für Kinderspielplätze“ lässt sich keine dramatisierende Schlagzeile generieren.

Über die dramatisierende bis inhaltlich unvollständige Berichterstattung der lokalen Medien sowie des NDR berichteten wir seinerzeit umfassend u.a. hier: Grenzwertüberschreitende Quecksilberbelastungen angeblich vom LBEG verschwiegen.

Der zweite Auslöser waren die Mutmaßungen, dass die überdurchschnittlich hohen Raten an den einleitend genannten zwei Erkrankungsformen des Blutbildes durch die Erdgasförderung hervorgerufen sein könnten. Dabei waren und sind nur Männer betroffen, während es bei Frauen sowie allen anderen Krebsarten keine statistischen Auffälligkeiten gab.

Schadstoffmessungen der Luft im Gasfeld Söhlingen unauffällig

Erdgasbohrung Söhlingen Z14. Foto: Steven Arndt, März 2012.

Bereits 2012 gab es um die in der Erdgasregion gelegene Sammel- und Aufbereitungsstation „Söhlingen“ eine vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie Niedersachsens (LBEG) veranlasste halbjährige Untersuchung der Umgebungsluft auf Schadstoffe, die mit der Erdgasförderung in Zusammenhang stehen könnten. Konzentriert wurde sich dabei auf Quecksilber sowie Aromaten der BTEX-Gruppe. Ergebnis: „Die Immissionen von BTEX und Quecksilber im Bereich um die Station Söhlingen der ExxonMobil Production Deutschland GmbH zeigen keine Auffälligkeiten, sie liegen im Bereich der Hintergrundwerte und damit deutlich unterhalb der immissionsschutzrechtlichen Beurteilungswerte.“ (LINK). In den Medien fand dieses für den Betreiber der Anlage entlastendes und für Umwelt und Mensch erfreuliches Ergebnis seinerzeit keinen Niederschlag, während im Gegenzug jede noch so kleine Unregelmäßigkeit mit einer Meldung bedacht wurde.

Vier Jahre später gab es eine weitere Messkampagne zur Untersuchung der Umgebungsluft. Im Fokus standen erneut Quecksilber sowie Stoffe der BTEX-Gruppe. Dieses Mal wurde eine Messstation im Zentrum des in der Erdgasregion Rotenburg gelegenen Förderfeldes „Söhlingen“ für ein Dreivierteljahr eingerichtet. Zudem sind drei Intensivmesskampagnen im direkten Umfeld von Fackeltätigkeiten durchgeführt worden. Ergebnis kurz zusammengefasst: Sowohl der Grenzwert für Benzol als auch der Beurteilungswert für Quecksilber sind erheblich unterschritten worden. Bei Benzol wurden Werte städtischer Verdichtungsräume wie dem Ruhrgebiet bei Weitem nicht erreicht (LINK). Diese ebenfalls entlastenden Ergebnisse fanden dann im Gegensatz zur Kampagne 2012 Niederschlag in den Medien. Seitens der Vertreter der Anti-Gasförderungs-Bürgerinitiativen und mit ihnen verbändelter Vereine wie dem GENUK e.V. sind die Ergebnisse erwartungsgemäß nicht akzeptiert worden.

Bodenuntersuchungen fast ausschließlich unauffällig

Bohranlage ITAG-Rig 30 auf Söhlingen Z9a. Foto: Steven Arndt, Mai 2013.

Wie in allen anderen niedersächsischen Erdgasförderregionen auch sind in der Erdgasregion Rotenburg rund um die „dienstältesten“ Förderplätze intensive Bodenuntersuchungen unternommen worden. Neben den BTEX-Stoffen und Quecksilber ist auch auf polyzyklische Kohlenwasserstoffe sowie auf andere Schwermetalle hin untersucht worden, obwohl diese keine typischen Begleiter von Erdgas sind.

Mit Ausnahme von zwei Plätzen gab es keinen einzigen Fall, bei dem die für eine Umwelt- bzw. Gesundheitsgefährdung maßgeblichen Maßnahme- bzw. Prüfwerte erreicht, geschweige denn überschritten worden sind. In einigen Fällen sind lediglich Vorsorgewerte überschritten worden, die jedoch keine Aussagekraft hinsichtlich der Gefährdung für Mensch und Umwelt haben. Dennoch wurden diese vereinzelten „Auffälligkeiten“ genüsslich von den, hier insbesondere lokalen Medien, ausgeschlachtet.

Teils erhebliche Überschreitungen selbst des höchstschwelligen Prüfwertes für Gewerbe- und Industrieflächen gab es an zwei Betriebsplätzen, auf denen quasi unter freiem Himmel ausgemusterte Anlagenteile gelagert und gereinigt worden sind. Dort ist in einigen Proben der Quecksilberprüfwert für Gewerbe- und Industrieflächen gemäß Bundesbodenschutzverordnung, der bei 100 mg/kg Trockenmasse Boden liegt, überschritten worden. Inzwischen sind die betroffenen Bereiche saniert. Der Verfasser meint sich zu erinnern, dass der Betreiber der Anlagen selbstkritisch von Schlamperei gesprochen hat. Im Zusammenhang mit den hier tatsächlichen Verschmutzungen und deren Ursache ergibt sich die Frage, warum sich die lokalen Anti-Gasförderungsaktivisten massiv gegen eine gegenüber der Umwelt abgeschlossene Anlage wehren.

Letztendlich bleibt zu konstatieren, dass entgegen der Behauptung lokaler Aktivisten eine systematische Verschmutzung der Umwelt sowie eine Gesundheitsgefährdung der (tatsächlichen) Anwohner nicht nachgewiesen ist und bislang trotz durch die Allgemeinheit finanzierter aufwändiger Untersuchungen nicht festgestellt werden konnte. Im Gegenteil!

Untersuchungen von Pilzen ergeben keine Auffälligkeiten

Eruptionskreuz Erdgasbohrung Preyersmühle-Süd Z1. Foto: Steven Arndt, April 2017.

Neben den beschriebenen Schadstoffuntersuchungen im Auftrag bzw. unter Veranlassung des LBEG als zuständiger Aufsichtsbehörde erfolgte eine weitere. Diese ist durch die „Arbeitsgruppe Erdgas- und Erdölförderung im Landkreis Rotenburg“ (Erdölförderung findet dort seit über einem Vierteljahrhundert dort nicht mehr statt) auf Vorschlag von Ulrich Thiart (Bündnis90/Die Grünen) veranlasst worden. Thiart regte an, Wildpilze auf Schadstoffe, speziell Quecksilber zu untersuchen. Ein nicht näher benannter Bekannter. Der Bekannte hatte in der Nähe der zentralen Sammel- und Aufbereitungsstation „Söhlingen“ bei Bellen selbst Proben genommen und „erhöhte“ Werte festgestellt.

Auf welcher Grundlage die „Erhöhung“ beruht geht ebensowenig aus dem Artikel der Rotenburger Rundschau vom 26.03.2019 hervor wie um wen es sich bei dem Probenehmer handelt. Zu vermuten ist Parteigenosse und Umweltaktivist Bernd Ebeling aus dem Landkreis Uelzen, der im Heidekreis an der Förderbohrung „Munster-Nord Z1“ sowie in der Altmark an der dortigen Zentralstation „Steinitz“ Pilze gesammelt und beproben lassen hat.

Doch die Pilzproben, die im Auftrag des Landkreises Rotenburg/Wümme genommen worden sind, zeigen keinerlei Auffälligkeiten. Insgesamt erfolgten 14 Probenahmen, davon 12 im Abstand von 50 bis 365 Metern im Bereich von Förderplätzen sowie 2 Blindproben jenseits etwaiger Betriebsplätze. Alle Proben lägen unter den laut EU-Verordnung festgelegten Höchstgehaltwerten an Schadstoffen.

Das wollen Initiator und Grünen-Politiker Ulrich Thiart sowie der überall präsente Groß Meckelser Aktivist Andreas Rathjens, der fernab jeglicher Erdgas- und Erdölförderung lebt, auch wenn er in Medienbeiträgen gern das Gegenteil behaupten darf, nicht wahrhaben. Sie sehen das Ergebnis skeptisch, da 2018 extrem trocken und somit kein gutes Pilzjahr war. Doch dabei verhält es sich so, dass in Trockenjahren die wenigen Pilze langsamer gedeihen und somit mehr Schadstoffe aufnehmen können.

Diese notorische Skepsis ließ laut Artikel dem Ersten Kreisrat Thorsten Lühring offenbar den Kragen platzen. Er wird mit folgenden Worten in der Rotenburger Rundschau zitiert: „Wir haben hier ein ziemlich eindeutiges Ergebnis, irgendwann muss man den Deckel auch mal zu machen.“

Dem kann von Seiten des Verfassers nur zugestimmt werden. Denn es ist, wie in diesem Beitrag dargelegt, nicht das erste entlastende Ergebnis hinsichtlich der Umweltbelastung sowie Gesundheitsgefährdung der wirklichen Anwohner der Erdgasregion Rotenburg.

 

Artikelfoto: Erdgasförderbohrung Preyersmühle-Süd Z1 in der Erdgasregion Rotenburg, Foto: Steven Arndt, April 2017